Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Bei Stornierung des Fluges durch den Fluggast, muss die Fluggesellschaft den vollen Flugpreis erstatten, das zumindest dann, wenn die Tickets anderweitig verkauft werden konnten oder die Fluggesellschaft ihre Bemühungen dahingehend nicht ausreichend nachweisen kann. So hat auch das LG Frankfurt am Main im Urteil 2-24 S 152/13
vom 06.06.2014 entschieden.
Unerheblich ist auch, was die Fluggesellschaften innerhalb ihrer AGBs vereinbart haben, da der pauschale Ausschluss von Flugpreiserstattungen unzulässig ist, so das Amtsgericht Rüsselsheim im Urteil 3 C 119/12
.
Opodo selbst ist, wie sich bereits aus den AGBs ergibt, lediglich Vermittlerin zwischen dem Fluggast und der Fluggesellschaft. Der Vertrag kommt also direkt zwischen den letzten beiden zustande.
Das ist die Rechtslage nach deutschem Recht.
Neben der Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die durchaus auch über ausländisches Recht entscheiden können, stellt sich nun aber die Frage, ob in Ihrem Fall überhaupt deutsches Recht anwendbar ist. Das richtet sich nach der Rom-I-Verordnung, die wiederum ein abgestuftes System enthält.
Zunächst regelt Art. 3 der Verordnung, dass die Parteien eine Rechtswahl treffen können. Ist das der Fall, müsste der Beförderungsvertrag hierzu Erklärungen enthalten. Wurde keine Rechtswahl getroffen, bestimmt sich die Entscheidung, welches Recht anwendbar ist, nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung. Demnach kann das Recht des Staates anwendbar sein, in dem die zu befördernde Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das wäre dann Deutschland. Das soll aber nur dann gelten, wenn sich in diesem Land auch der Abgangs- oder der Bestimmungsort (Erfüllungsort) befindet. Beide Orte (Brüssel und Kigali) befinden sich aber nicht in Deutschland, so dass diese Ausnahme nicht angewandt werden kann. Art. 5 Abs. 2 der Verordnung bestimmt dann weiterhin, dass in diesem Fall das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem der Beförderer seinen Sitz hat. Die Turkish Airlines haben ihren Sitz in Istanbul, so dass türkisches Recht anzuwenden ist. Inwieweit die türkische Rechtsprechung einen Anspruch bejaht, kann ich leider nicht sagen. Dies müsste bei einem türkischen Kollegen erfragt werden.
Neben der Frage, welches Recht Anwendung findet, muss noch entschieden werden, vor welchem Gericht in welchem Staat Sie klagen können. Im oben zitierten Urteil hat das LG Frankfurt am Main im Urteil explizit zur Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit Stellung genommen. Denn die verklagte Fluggesellschaft hatte ihren Sitz in Italien und forderte den italienischen Rechtsstand. Das LG Frankfurt am Main sah die Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit in dem Umstand, dass der Flug von Deutschland starten sollte. Werden Dienstleistungen in einem anderen Land, also grenzüberschreitend erbracht, kann auch in dem Land geklagt werden, wo die Dienstleistung erbracht wird, dem so genannten Erfüllungsort.
Der Erfüllungsort ist bei einer Flugreise sowohl der Abflug-, also auch der Ankunftsort. Beide Orte liegen aber nicht in Deutschland, sondern in Belgien und in Ruanda. Daneben kann die Fluggesellschaft noch am Ort ihres Sitzes verklagt werden, also in der Türkei.
Im Ergebnis bleibt also festzuhalten, dass Sie Ihren Anspruch nach türkischem Recht in Belgien, Ruanda oder in der Türkei einklagen müssen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
A. Krüger-Fehlau
Rechtsanwältin
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