Sehr geehrter Fragesteller/in,
vorweg möchte ich Sie darauf hinweisen, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzten kann, sondern ausschließlich den Zweck hat, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres Rechtsproblems auf Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen von einem Rechtsanwalt zu erhalten.
Nun zu Ihren Fragen, welche ich unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworte:
Zu 1)
Das Sportstudio ist grundsätzlich nicht berechtigt, ein solches ärztliches Gutachten einzufordern. Sollte es jedoch zu einem Gerichtsprozess infolge eines eventuellen Widerspruchs Ihrerseits kommen, kann es erforderlich sein, solch ein ärztliches Gutachten vorzulegen. So kann es durchaus sein, dass das Gericht ein entsprechendes Gutachtern für erforderlich hält und ansonsten der Klage stattgeben wird.
Zu 2)
Das Mahnverfahren beginnt nach § 690 ZPO
mit einem entsprechenden Antrag des Gläubigers, der vom Gericht formell nicht inhaltlich geprüft wird und zum Erlass eines Mahnbescheides (§ 692 ZPO
) führt (Wedel JurBüro 1994, 325).
Die Erteilung des Mahnbescheides ist somit zulässig.
Zu 3)
Es bleibt dem Gläubiger vorbehalten, einen weiteren Mahnbescheid für den übrigen Zeitraum zu beantragen. Sie sollten daher davon ausgehen, dass diesbezüglich ein weiterer Mahnbescheid beantragt werden wird.
Zu 4)
Sie haben grundsätzlich einen Anspruch darauf, das Guthaben erstattet zu bekommen. Ein Zurückbehaltungsrecht kann jedoch im Hinblick auf Ihre Hauptschulden bestehen. Insoweit wird der Gläubiger mit diesen Beträgen aufrechnen. Das bedeutet, dass er diesbezüglich ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen wird.
Ich rate Ihnen jedoch unabhängig davon, zunächst das Guthaben zurück zu fordern.
Zu 5)
Diesbezüglich haben Sie nur die Möglichkeit, die entsprechende AGB Klausel Ihres Vertrages auf die Wirksamkeit überprüfen zu lassen. Insoweit könnte diese meiner Ansicht nach unwirksam sein.
Einen nachträglichen Schadensersatz zu fordern, ist hier dann möglich, wenn Ihnen tatsächlich ein Schaden entstanden ist. Diesen Schaden müssten Sie vor Gericht beweisen können. Eine solche Beweisführung dürfte jedoch kaum möglich sein.
Zu 6)
Hier ist entscheidend, was in dem Vertrag vereinbart worden ist. Diesbezüglich gilt der Grundsatz der Dispositionsfreiheit. Das bedeutet, sollten Sie hier vereinbart haben, dass die Nutzung an einen Fitnessvertrag gekoppelt wird, ist dies zunächst als wirksam anzusehen. Diesbezüglich müsste jedoch im Einzelnen der Vertrag gesichtet werden. Eventuell könnte hier eine so genannte „unzulässige Knebelung“ vorliegen.
Zu 7)
Grundsätzlich darf das Studio auf das entsprechende Eigentumsrecht verzichten. Trotzdem ist es verpflichtet, Ihnen das entsprechende Pfandgeld auszuzahlen.
Zu 8)
Die Erfolgsaussichten beurteile ich vorliegend als gering. So treffen die genannten Urteile des Rechtsanwaltes zu. Danach ist allein entscheidend, ob ein wichtiger Grund vorliegt. Unter welchen Voraussetzungen ein solcher wichtiger Grund vorliegt, ist in dem Gesetz nicht genannt. Insoweit ist allein die dazu erlassene Rechtsprechung ein Anhaltspunkt. Nach dieser Rechtsprechung kommt dem ärztlichen Gutachten die wesentliche Bedeutung zu. Aus dem Gutachten muss sich ergeben, dass es Ihnen nicht nur vorübergehend unmöglich bzw. unzumutbar ist, die entsprechenden vertraglich vereinbarten Leistungen in Anspruch zu nehmen. Zumindest darf die Dauer der Erkrankung nicht abschätzbar sein. Aus Ihrem beigelegten Attest ergibt sich, dass aus orthopädischer Sicht von der Teilnahme am Fitness-Sport nur „bis auf weiteres dringend abgeraten wird.“
Auch im Hinblick auf die Nebenforderungen beurteile ich die Erfolgsaussichten als gering. Diesbezüglich müssen Sie jedoch in Verzug gesetzt worden sein.
Befindet sich der Schuldner wirksam in Verzug, kann der Gläubiger gemäß § 280 Absatz 1 und Absatz 2
i.V.m. § 286 BGB
den Ersatz des so genannten Verzögerungsschaden verlangen.
Grundsätzlich befindet sich der Schuldner erst in Verzug, wenn ihm gemahnt worden ist.
Nach § 286 Abs.2 BGB
bedarf es der Mahnung jedoch nicht, wenn
1. für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2. der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3. der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4. aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
Insoweit gilt es zu prüfen, ob einer dieser Voraussetzungen vorliegt. Da aufgrund Ihres Vertrages wohl ein Zahlungstermin vereinbart worden ist, befanden Sie sich nach § 286 Absatz 1 Nr. 1 BGB
in Verzug.
Zu 9)
Dies hängt davon ab, was in Ihren Verträgen diesbezüglich vereinbart worden ist. Sie sollten sich zunächst an Ihre alte Rechtsschutzversicherung wenden, da Sie dieser ohnehin vermutlich schon gekündigt haben. Insoweit würde ich versuchen, die neue Rechtsschutzversicherung noch nicht in Anspruch zu nehmen. Eventuell können in den entsprechenden Vertragsvereinbarungen mit der alten Rechtsschutzversicherung Klauseln enthalten sein, wonach ihr Fall noch unter dieser Versicherung zu subsumieren ist.
Zu 10)
Ich würde Ihnen raten, die Forderungen zu begleichen, da aus meiner Sicht die Erfolgsaussichten sehr gering sind. Trotzdem lässt sich eine Restchance nicht ausschließen.
Sollten Sie es in Erwägung ziehen gegen den Mahnbescheid vorzugehen, müssen Sie innerhalb von zwei Wochen ab Zugang des Mahnbescheides Widerspruch bei dem zuständigen Amtsgericht einlegen.
Es tut mir leid, dass ich Ihnen diesbezüglich nichts anderes mitteilen kann, aber dies ist eine ehrliche Beuteilung Ihres Falles. Ich hoffe, dass ich Ihnen trotzdem weiter geholfen habe und stehe Ihnen gerne im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion, zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
André Neumann
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Dipl. jur. Neumann,
ich bedanke mich höflichst für die schnelle, umfangreiche und ehrliche Beantwortung meines Falles. Sie haben mir in dieser Hinsicht sehr geholfen.
Trotzdem ergeben sich anlehnend an Ihrer Antwort folgende Fragen:
1. Ist es sinnvoll, einen erneuten Mahnbescheid vorweg zu greifen und ihm damit vor Zustellung entgegen zu treten, wenn ich die Beiträge beider Verträge (für den Zeitraum 01.09.08 – 31.10.08) unverzüglich überweise?
2. Sollte ich die Restbeiträge überwiesen haben und mir wird ein erneuter Mahnbescheid zugestellt, ist gegen diesen ein Widerspruch sinnvoll?
3. Wie soll ich mich verhalten, wenn mir trotz Begleichung der Forderungen in oben beschriebener Weise (Frage 1) das Guthaben für Getränke und den Kursen nicht ausgezahlt und die Rücknahme des sog. Transponder-Chip verweigert wird. (Das Guthabenprinzip für Getränke des Studios funktioniert so: Man zahlt z.B. 50,00 € und hat dann ein Guthaben von 62,50 €)
Für die bereits entstandenen Bemühungen und die Beantwortung der Nachfragen herzlichsten Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte(r) Fragesteller/in,
gerne beantworte ich Ihnen die Nachfragen wie folgt:
zu 1)
Diesbezüglich stimme ich Ihrem Vorschlag bzw. Ihrer Idee zu. Es ist durchaus sinnvoll, die säumigen Beträge zuvor zu entrichten. Darüber sollte der Vertragspartner umgehend informiert werden. Insoweit würden sich die Gerichts- und Mahnkosten vermeiden lassen.
Zu 2)
Sollten Sie die Restbeträge vor der Beantragung eines Mahnbescheides überwiesen haben, halte ich die Einlegung des Widerspruchs für sinnvoll. Auch aus diesem Grund sollten Sie Ihren Vertragspartner über die beabsichtigte Zahlung rechtzeitig informieren. Ferner empfehle ich Ihnen dies so zu gestalten, dass Sie dies auch notfalls vor Gericht beweisen können.
Zu 3)
Insoweit sollte ein Einschreiben per Rückschein zur Post gebracht werden. Darin sollte eine konkrete Frist gesetzt werden. Ferner haben Sie sodann die Möglichkeit, bezüglich des Guthabens, ein Mahnverfahren anzustreben. Ob sie einen Anspruch auf 50 Euro oder 62, 50 Euro haben, kann nur mit Hilfe des Vertrages festgestellt werden.
Bezüglich der Rücknahme des Transponder-Chips wird dies im Wege des Mahnverfahrens jedoch nicht möglich sein.
Bitte beachten Sie noch folgendes: Etwas anderes kann sich diesbezüglich aus Ihrem Vertrag ergeben. Insoweit gilt es diesen, daraufhin zu untersuchen. Häufig besteht diesbezüglich erst dann ein Recht auf Guthabenrückerstattung und Rückgabe des Chips, wenn der Vertrag insgesamt erloschen bzw. beendet worden ist.
Mein Vorschlag an Sie: Versuchen Sie eine Einigkeit dahingehend zu erzielen, dass das Guthaben mit der Hauptforderung entsprechend verrechnet wird.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt André Neumann