Sehr geehrte Ratssuchende,
gerne beantworte ich Ihre Frage aufgrund Ihrer Sachverhaltsschilderung wie folgt:
Da Sie die Ferienwohnung direkt beim Vermieter gebucht haben, liegt eine Gastaufnahme zwischen dem Gastwirt und Ihnen vor. Vertragliche Rechtsgrundlage dieses Verhältnisses ist ein Beherbergungsvertrag (so BGH NJW 2000, 1629), welcher nicht ausdrücklich im BGB geregelt ist. Neben der reinen Zimmervermietung können grundsätzlich auch weitere Nebenleistungen der Bewirtung, Zimmerreinigung und Aufbewahrung des Gepäcks Bestandteil des Vertrages werden, wobei aufgrund des überwiegenden Anteils der Zimmervermietung vorrangig die Vorschriften nach dem Mietrecht (§§ 535 ff. BGB
) anzuwenden sind (Führich, Basiswissen Reiserecht Rn 305).
Da das Mietrecht und damit auch der Beherbergungsvertrag kein gesetzliches Rücktrittsrecht kennt, ist eine einseitige Stornierung bzw. Nichtbenutzung durch den Gast gesetzlich nicht zulässig (Führich, Basiswissen Reiserecht Rn 313). Dies bedeutet, dass der Gast grundsätzlich nach § 537 Abs. 1 S. 1 BGB
den vereinbarten Preis zu zahlen hat, wenn er aus Gründen seines persönlichen Risikobereichs verhindert ist (Führich, Handbuch Reiserecht Rn 1252; BGH NJW-RR 1991, 267
). Auf ein Verschulden an der Verhinderung des Gastes kommt es insoweit gerade nicht an.
Der Gastwirt muss sich jedoch nach § 537 Abs. 1 S. 2 BGB
den Wert seiner ersparten Aufwendungen - wozu beispielsweise verminderte Betriebskosten zählen - oder eine anderweitige Vermietung anrechnen lassen. Gewohnheitsrechtlich haben sich insoweit bei kurzfristiger Stornierung handelsübliche Pauschalsätze herausgebildet, die sich regelmäßig nach der Art der Leistung richten (vgl. auch OLG Düsseldorf, NJW-RR 1991, 1143
).
Die ersparten Aufwendungen betragen bei einer reinen Übernachtung 10 %, bei einer Übernachtung mit Frühstück 20 %, bei einer Übernachtung mit Halbpension 30 % und bei einer Übernachtung mit Vollpension 40 % (Führich, Handbuch Reiserecht Rn 1252 m. w. N.).
Daher wären die oben genannten Pauschalen grundsätzlich von dem vereinbarten Preis für das Ferienhaus in Abzug zu bringen, so dass der Vermieter zwischen 60 % bis 90 % des ursprünglichen Preises von Ihnen verlangen könnte. Die in Ansatz gebrachte Stornopauschale von 15 % erscheint daher grundsätzlich als angemessen.
Grundsätzlich können Stornopauschalen auch in AGB festgelegt werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Gast als Verbraucher nach §§ 305 Abs. 2
, 310 Abs.1 BGB
auf die Geltung der AGB im Rahmen des Vertragsschlusses hingewiesen und ihm die Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme gegeben werden. Zudem muss der Gast sich mit der Einbeziehung der AGB einverstanden erklären (Führich, Basiswissen Reiserecht Rn 308). Dies bedeutet, dass die AGB wirksam in den Beherbergungsvertrag hätten einbezogen werden müssen, was ich aufgrund der Sachverhaltsschilderung leider nicht abschließend beurteilen kann.
Stornoklausel in AGB sind überdies nach § 309 Nr. 5b BGB
insgesamt auch dann unwirksam, wenn dem Gast kein Nachweis gestattet wird, dass ein Schaden überhaupt oder ein wesentlich geringerer Schaden entstanden sei (Führich, Handbuch Reiserecht Rn 1252). Mangels entsprechender Kenntnis der Vertragsunterlagen kann auch dies an dieser Stelle leider nicht abschließend beurteilt werden.
Soweit Sie letztlich darauf hinweisen, dass der Vermieter telefonisch nicht erreichbar war, dürfte dieser Einwand wohl letztlich nicht durchgreifen. Es können keine Stornopauschalen verlangt werden, wenn die Gründe für die Nichtbenutzung der Unterkunft im Risikobereich des Gastwirtes oder in objektiven Umständen liegen, wozu beispielsweise Naturkatastrophen, behördliche Straßensperren oder Epidemien zählen (Führich, Handbuch Reiserecht Rn 1253; BGH NJW-RR 1991, 267
).
Ihre Besorgnis, der Vermieter sei nicht seriös, da Sie diesen telefonisch nicht erreichen konnten, dürfte jedoch letztlich nicht zu dessen Risikobereich zu zählen sein. Insoweit könnte man Ihnen wohl durchaus entgegenhalten, dass Sie den Vermieter auch per eMail hätten kontaktieren können.
Nach allem dürften Sie leider verpflichtet sein, die entstandenen Stornokosten zu zahlen, wobei die Höhe nach der geltenden Rechtsprechung vertretbar ist; vielmehr hätte der Vermieter wohl grundsätzlich höhere Stornokosten verlangen können, so dass ich Ihnen empfehlen würde, diese zu begleichen.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick verschafft zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Neubauer
Rechtsanwalt
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