Hallo,
ich bin russischer Staatsangehöriger und vor 25 Jahren im Alter von 5 Jahren nach Deutschland gekommen.
Ich habe einen deutschen Hauptschulabschluss in Berlin gemacht, meine Muttersprache ist Deutsch. Seitdem ich 16 Jahre alt bin arbeite ich und habe noch nie Sozialleistungen bezogen.
Seit Januar 2024 beziehe ich Arbeitslosengeld 1 und absolviere seit Februar 2024 eine von der Agentur für Arbeit geförderte Umschulung zum Fachinformatiker für Systemintegration IHK, welche ich im Januar 2026 abschließen werde.
Am 03.07.25 hatte ich einen Beratungstermin bei der Zuwanderungsbehörde des Kreises Ostholstein in Eutin, Schleswig-Holstein. Die Sachbearbeiterin dort teilte mir mit, dass mein ALG1-Bezug zu einer Ablehnung meines Einbürgerungsantrags führen wird. Sie sagte mir, dass ich mich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis und außerhalb der Probezeit befinden muss, um eingebürgert zu werden und sie den Antrag "definitv und sofort" ablehnen wird, solange ich ALG1 beziehe.
Ausserdem teilte sie mir mit, dass ich trotz des deutschen Schulabschlusses einen Einbürgerungstest ablegen muss.
Laut diversen Websites ist ein ALG1-Bezug kein Ablehnungsgrund und bei einem deutschen Schulabschluss entfällt der Einbürgerungstest.
Liegt die Sachbearbeiterin falsch? Und wenn ja, wie sollte ich nun vorgehen? Sollte ich eine schriftliche Beschwerde einlegen bevor ich den Antrag stelle oder sollte ich den Antrag stellen und bei einer Ablehnung Widerspruch einlegen?
Oder ist die Sachbearbeiterin im Recht und ich muss bis zur Antragstellung noch knapp ein Jahr warten (Prüfung im Januar und aus der Probezeit eventuell im August 2026)?
Guten Abend,
gerne möchte ich Ihre Fragen zu dem von Ihnen gestellten Antrag auf Einbürgerung beantworten:
Ein deutscher Schulabschluss führt in der Regel dazu, dass kein Einbürgerungstest absolviert werden muss. Es müssten also von Seiten der Einbürgerungsbehörde Gründe vorgetragen werden, dass ausnahmsweise ein solcher notwendig ist. Gründe sehe ich unter Berücksichtigung Ihres gesamten Lebenslaufs nicht. Also ist die Auffassung der Sachbearbeiterin offensichtlich nicht korrekt.
Dies gilt auch im Hinblick auf den Bezug von Arbeitslosengeld. Wichtig ist, dass Sie von dem Betrag Ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Außerdem ist der Bezug begrenzt und ab Januar 2026 werden Sie aufgrund der Umschulung sicherlich wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Auch hier müsste von Seiten der Einbürgerungsbehörde konkret vorgetragen werden, aus welchem Grund in Ihrem Fall von der üblichen Praxis abgewichen werden soll. Da die Bearbeitung des Antrags ohnehin mehrere Monate in Anspruch nehmen wird, dürften sich dann eventuell Ihre Einkommensverhältnisse schon wieder verändert haben.
Für mich sind also beide Argumente nicht nachvollziehbar und Sie sollten den Antrag stellen. Bei Einreichung können Sie schriftlich bereits darauf hinweisen, dass wegen der beiden Punkte aus Ihrer Sicht keine Ablehnung möglich ist. Ansonsten sollten Sie einige Zeit abwarten und können dann im Rahmen einer allgemeinen Nachfrage nach dem Sachstand fragen.
Sollten Sie noch eine Nachfrage haben, können Sie diese gerne im Rahmen der kostenfreien Nachfrageoption stellen.
Freundliche Grüße,
Rechtsanwältin Ch. Schmauch