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FSJ - Auflösungsvertrag unwirksam?

19. Juni 2024 15:31 |
Preis: 55,00 € |

Arbeitsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Ich (Alter 20 Jahre) habe ein FSJ in einer KiTa absolviert. Der Vertrag läuft seit dem 01.08.2023 bis eigentlich noch zum 31.07.2024. Leider bin ich in dieser Zeit sehr oft erkrankt, habe aber stets ab dem 1. Tag Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt. Nun kam es vorzeitig , von n mir ungewollt, zu einem Auflösungsvertrag. Gestern wurde ich aus der aktuellen Krankschreibung heraus völlig unerwartet zu einem Gespräch in die Kita zitiert. Ein Grund wurde mir vorher auf Nachrage nicht mitgeteilt. Vor Ort fand ich mich 2 Personen (Kita-Leitung und deren Vertretung) gegenüber. Mir wurde ein bereits fertiger Auflösungsvertrag „im gegenseitigen Einvernehmen" mit sofortiger Wirkung aus „persönlichen Gründen" vorgelegt. Diesen musste ich unterschreiben. Mündlich wurden mir als Grund der „Kündigung" jedoch die Häufigkeit der Krankheitstage und die Kosten genannt (Kosten und erbrachte Leistung passen nicht zusammen). Nachdem ich nun eine Nacht darüber geschlafen habe, befürchte ich Konsequenzen, wie Rückforderung oder Auswirkungen auf das Kindergeld oder die Krankenversicherung. Meine Frage: Kann dieser Vertrag unwirksam sein, weil ich noch krankgeschrieben war/bin, ich mich unter Druck gesetzt fühlte (2 Personen) und ich bei der Unterschrift unter Einfluss von Medikamenten stand und die Unterschrift unter Tränen von mir geleistet wurde und weil keine vorherigen Gespräche stattgefunden haben?
Meine Jugendfreiwilligendienstvereinbarung sieht in §2 Abs. 3 im Normalfall nur eine Kündigung seitens des Trägers mit einer 2wöchigen Frist zum Ende eines Monats vor oder fristlos unter besonderen Bedingungen (wichtiger Grund, Gespräch zwischen Vertragsparteien). Warum hat es der Träger plötzlich so eilig und gibt mir abweichend von der Kündigung unter Fristeinhaltung einen Auflösungsvertrag, wo doch das FSJ auch regulär automatisch in 6 Wochen geendet hätte? Zum erworbenen Urlaubsanspruch ist nichts im Auflösungsvertrag vereinbart worden. Der müsste mir noch zustehen bzw. ausbezahlt werden. Ist das richtig?

19. Juni 2024 | 16:31

Antwort

von


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Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Valentin-Becker-__l108658.html
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Guten Tag,

das Bundesfreiwilligendienstgesetz selbst enthält keine Regelungen zur Auflösung und Kündigung im BFD.

Nichtsdestominder bestehen zwei Möglichkeiten zur Vertragsbeendigung.

1.) Kündigung

Die Kündigungsfristen finden sich wie von Ihnen angegeben in den Vereinbarungen (§ 2 Abs. 3 Jugendfreiwilligendienstvereinbarung).
Die Fristen sind unbedingt einzuhalten.
In der Probezeit (3 Monate) muss der Antrag auf Kündigung mindestens 14 Tage vor Ablauf der Probezeit beim betreffenden Träger eingegangen sein.
Bei einer Kündigung durch die Einsatzstelle (KiTa), nach Ablauf der Probezeit, sind wichtige Gründe anzugeben, die eine Kündigung von Ihnen als Freiwilligen rechtfertigen.
Die Kündigung spricht das "Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben" (nachfolgend Bundesamt) in Köln aus. In der Probezeit (6 Wochen) muss die Kündigung mindestens eine Woche vor Ablauf der Probezeit beim KiTa-Träger und Ihnen als Freiwilliger eingegangen sein.

2.) Auflösungsvereinbarung
Im FSJ kann der Dienst vorzeitig zu jedem Termin beendet werden.
Hierzu stellen Sie als Freiwilliger einen formlosen Antrag auf Auflösung der Vereinbarung. Das Einverständnis ist schriftlich durch Unterschrift von Ihnen als Freiwilliger sowie der Einsatzstelle zu stellen. Der Antrag kann nur durch Sie als Freiwilliger gestellt werden.

Insoweit kann die Vereinbarung im gegenseitigen Einverständnis zwischen Ihnen als Freiwilliger und der Einsatzstelle durch das Bundesamt aufgelöst werden.
Grundsätzlich sollte die Mitteilung über die Auflösung der Vereinbarung dem Bundesamt so frühzeitig wie möglich zugeleitet werden, damit keine weiteren Zahlungen des Zuschusses mehr erfolgen und Rückforderungen vermieden werden.
Das Bundesamt bestätigt schriftlich die Auflösung der Vereinbarung.
An diesem Punkt sollten Sie kurzfristig einhaken und dem Bundesamt die hier erläuterten Umstände mitteilen bzw. dass Sie keine Auflösungsvereinbarung intendiert haben und am BFD festhalten!
Letztlich liegt es am Bundesamt den BFD wirksam zu beenden...




Die nachfolgenden Ausführungen sind allgemeiner arbeitsrechtlicher Natur, an denen Sie sich zur Argumentation ggf. bedienen mögen.

Wenn Sie den Auflösungsvertrag rückgängig machen wollen, bestehen hierfür nach regulären arbeitsrechtlichen Grundsätzen folgende Möglichkeiten:

- Im Un­ter­schied zu Ver­brau­chern, die ei­nen ih­nen an der Haustür auf­ge­schwatz­ten Ver­trag gemäß § 312 BGB frei wi­der­ru­fen können, ha­ben Ar­beit­neh­mer nach der Recht­spre­chung grundsätzlich kein solches Wi­der­rufs­recht.
So hat etwa das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) be­reits vor einigen Jah­ren (Ur­teil vom 27.11.2003, 2 AZR 177/03) ein Ver­brau­cher-Wi­der­rufs­recht in den ty­pi­schen Fällen ver­neint, in de­nen Ar­beit­neh­mer ins Per­so­nalbüro ge­be­ten wer­den und dort über­ra­schend mit ei­nem Auf­hebungs­ver­trags­an­ge­bot kon­fron­tiert wurde.

- Es könnte stattdessen auf eine Anfechtung des Auflösungsvertrags hingewirkt werden, etwa wegen wi­der­recht­li­cher Dro­hung des Ar­beit­ge­bers (etwa mit ei­ner Dro­hung wegen außer­or­dent­li­cher Kündi­gung).
Rechts­grund­la­ge ei­nes sol­che - mögli­chen - An­fech­tungs­rechts ist § 123 Abs.1 BGB.
Zu beachten ist allerdings, dass nicht je­de Dro­hung auch ei­ne "wi­der­recht­li­che" Dro­hung ist.
Das be­deu­tet, dass ei­ne An­fech­tung we­gen "wi­der­recht­li­cher" Dro­hung gemäß § 123 BGB nach der Recht­spre­chung regelmäßig nur möglich ist, wenn ein "verständi­ger" Ar­beit­ge­ber die an­ge­droh­te Kündi­gung nicht ernst­haft in Be­tracht zie­hen durf­te.
Dro­hun­gen wer­den in der Re­gel im 4-Augen-Per­so­nal­gespräch aus­ge­spro­chen, sodass aus Arbeitnehmersicht erhebliche Beweisschwierigkeiten bestehen können...

- Auf­he­bungs­verträge sind nach der Recht­spre­chung un­wirk­sam, wenn der Ar­beit­ge­ber bei den Ver­hand­lun­gen über den Auf­he­bungs­ver­trag das Ge­bot fai­ren Ver­han­delns miss­ach­tet (BAG, Ur­teil vom 07.02.2019, 6 AZR 75/18).
Das Ge­bot fai­ren Ver­han­delns wird ver­letzt, wenn der Ar­beit­ge­ber "ei­ne psy­chi­sche Druck­si­tua­ti­on schafft oder aus­nutzt, die ei­ne freie und über­leg­te Ent­schei­dung des Ar­beit­neh­mers er­heb­lich er­schwert oder unmöglich macht."
Auch wenn die Recht­spre­chung im Er­geb­nis nur sehr sel­ten zu ei­ner recht­li­chen Möglich­keit führen dürfte, ei­nen bereits ver­ein­bar­ten Auf­hebungs­ver­trag nachträglich wie­der aus der Welt zu schaf­fen, könnte man sich hierauf argumentativ berufen (sprich auf die Verletzung des Ge­bots fai­ren Ver­han­delns).


Beste Grüße und alles Gute!


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