Gerne zu Ihren Frage:
Ihre Tochter ist 25 Jahre alt, derzeit keine abgeschlossene Ausbildung, Beginn eines erstmaligen Studiums.
- Sie: Netto-Einkommen 3.000 €, bereinigt.
- Ehefrau: Rente netto 950 €, gemeinsame Haushaltsführung.
- Tochter wohnt auswärts (nicht bei Ihnen).
Ab Volljährigkeit besteht weiterhin Unterhaltspflicht beider Elternteile, anteilig nach ihren Einkünften, jedoch nicht nach § 1606 Abs. 2 BGB, sondern nach dem allgemeinen Grundsatz § 1606 Abs. 1 BGB.
§ 1606 Abs. 2 BGB regelt nur den Vorrang des Elternteils, bei dem ein Kind bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs lebt, solange es sich in allgemeiner Schulausbildung befindet (sog. „privilegiert volljährig").
Ihre Tochter ist jedoch 25 Jahre alt, lebt nicht mehr bei Ihnen, befindet sich in einem Erststudium und ist daher nicht privilegiert.
Bei einem zeitnah aufgenommenen Erststudium besteht grundsätzlich Unterhaltsanspruch. Dann haften beide Eltern anteilig nach dem Verhältnis ihrer bereinigten Nettoeinkommen.
Kindergeld wird in der Regel bis 25 gezahlt und kann also noch berücksichtigt werden.
Bedarf der Tochter bei auswärtiger Unterbringung: ca. 930 € monatlich
Abzgl. Kindergeld: 250 € verbleibender Bedarf: ca. 680 €.
Anteile nach Einkommen:
Sie: 3.000 € bereinigt.
Ehefrau: 950 € (Rente).
Gesamteinkommen: 3.950 €.
Ihr Anteil: 3.000 / 3.950 ≈ 76 %.
Ehefrau: 950 / 3.950 ≈ 24 %.
Wenn Ehegatten zusammenleben, wird kein individueller Selbstbehalt pro Person angesetzt, sondern ein Familien-Selbstbehalt, um die eheliche Lebensgemeinschaft zu schützen.
Zusammengefasster Selbstbehalt: 1.650 € + 1.450 € = 3.100 €.
Verfügbare Mittel:
Familieneinkommen: 3.950 €
Abzgl. Familien-Selbstbehalt: 3.100 €, somit verfügbare Mittel für Unterhalt: 850 €.
Unterhaltsbedarf der Tochter:
Bedarf: 930 €
Kindergeld: –250 €
Restbedarf: 680 €
Fazit: Sie könnten aus dem übersteigenden Familieneinkommen (850 €) den vollen Bedarf der Tochter (680 €) zahlen, ohne dass Ihre Existenz oder die Ihrer Ehefrau gefährdet würde.
Zahlbetrag: 680 € monatlich.
Wenn Sie in Teilzeit gehen und Ihr Netto auf 2.000 € sinkt:
Neues Familieneinkommen: 2.000 € + 950 € = 2.950 €
Familien-Selbstbehalt: 3.100 €
Verfügbare Mittel: –150 €
Sie wären dann nicht mehr leistungsfähig, der Unterhaltsanspruch bestünde dem Grunde nach weiter, könnte aber nicht durchgesetzt werden, solange die Selbstbehalte nicht überschritten werden.
Betrachten Sie bitte meine Ausführungen als eine Ferndiagnose-
Die Berechnung ist stark vereinfachend, ohne weitere Abzüge (z. B. Schulden, besondere Belastungen).
Eventuelle Nebeneinkünfte der Tochter, BAföG-Zuschüsse etc. müssen berücksichtigt werden.
Im Zweifel sollte eine individuelle familienrechtliche Beratung erfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
Vorstadt 42
41812 Erkelenz
Tel: 02435 - 6114416
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E-Mail:
Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
Sehr geehrter Herr Krim,
vielen Dank für ihre aufschlussreiche Antwort .
Nachfrage zum Fam.selbstbehalt:
Aus welcher Düsseldorfer Tabelle o.ä. geht der von Ihnen genannte zusammengefaßte Selbstbehalt in Höhe von 1650 + 1450 Euro hervor ?
Ich finde hierzu unterschiedlichste Angaben und Aussagen im Internet . Eine juristisch versierte Person gab mir sogar die Auskunft, meine Frau hâtte aufgrund ihrer niedrigen Rente Anspruch auf Gatten-, Partnerunterhalt ( obwohl sie mit mir zusammen lebt ? ) und für dessen Berechnung würde erstmal der volle Unterhaltsanspruch meiner Tochter von meinem Einkommen abgezogen.....( das schien mir nicht plausibel, da meine Tochter ja nicht priveligiert unterhaltsberechtigt ist.) .
Übrigens:
Der Kindergeldanspruch endet mit Vollendung des 25. in Ausnahnefällen des 27. Lebensjahres. Der Ausnahmefall trifft auf unsere Tochter leider doch nicht zu. Wir würden also unter Wahrung des Fam.selbstbehalts entsprechend mehr zahlen müssen.
Danke , m f.G.
Gerne zu Ihrer Nachfrage:
Die Düsseldorfer Tabelle selbst enthält keine ausdrückliche Zahl für einen zusammengefassten Familien-Selbstbehalt.
Was in der Praxis als „Familien-Selbstbehalt" bezeichnet wird, ergibt sich aus der Rechtsprechung (BGH) und der Kommentarliteratur, insbesondere zu § 1603 BGB, sowie den Leitlinien der Oberlandesgerichte, eben der Düsseldorfer Tabelle. Die hat aber nicht förmlichen Gesetzesrang sondern es handelt sich jur. um Richtlinien. Nachfolgend Düsseldorfer Tabelle 1. Januar 2025
Zitat:VII. Der notwendige Eigenbedarf (Selbstbehalt), § 1603 Abs. 2 BGB,
- gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern,
- gegenüber volljährigen unverheirateten Kindern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, die im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in
der allgemeinen Schulausbildung befinden,
beträgt
für den nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 1.200 EUR,
für den erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 1.450 EUR.
Hierin sind bis 520 EUR für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten
und Heizung (Warmmiete) enthalten.
Der angemessene Eigenbedarf, § 1603 Abs. 1 BGB, beträgt
mindestens monatlich 1.750 EUR.
Hierin ist eine Warmmiete bis 650 EUR enthalten.
Der notwendige bzw. der angemessene Eigenbedarf sollen erhöht werden, wenn die auf den Unterhaltspflichtigen entfallenden Wohnkosten (Warmmiete) 520 EUR (notwendiger Eigenbedarf) bzw. 650 EUR (angemessener Eigenbedarf) übersteigen und nicht unangemessen sind.
Die Ihnen gegebene Auskunft („Ihre Frau habe Anspruch auf Ehegattenunterhalt") ist nach meiner Ferndiagnose nicht zutreffend, wenn Sie zusammenleben.
Wenn die Eltern (wie bei Ihnen) zusammenleben, gelten die Selbstbehalte nicht einfach addiert als "Familien-Selbstbehalt", sondern es ist die gemeinsame Haushaltsführung zu berücksichtigen. Diese Summierung ist jedoch kein festgeschriebener "Tabellenwert", sondern ein Hilfswert aus der Praxis zur Orientierung.
Sie können das also gerne individuell auf Ihren Fall bezogen hier einsehen:
https://www.olg-duesseldorf.nrw.de/infos/Duesseldorfer_Tabelle/Tabelle-2025/DT_2025_Neufassung-m-geaenderter-Fussnote.pdf
Was Ihre Kindergeld-Anmerkung angeht, Haben Sie haben völlig recht und ich hatte Gegenteiliges nicht behauptet-
Das Kindergeld endet i. d. R. mit Vollendung des 25. Lebensjahres.
Eine Verlängerung bis 27 ist nur in sehr seltenen Ausnahmefällen möglich (z. B. Wehr- oder Zivildienst früherer Jahre).
Für Ihre Tochter würde also danach kein Kindergeld mehr angerechnet, und ihr Unterhaltsbedarf steigt entsprechend um diesen Betrag (250 €).
Ich denke, ich konnte Ihren Fall weiter ausleuchten und wünsche der Familie das Beste,
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt