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Erbrecht- dingliches Wohnrecht

24. März 2022 09:46 |
Preis: 25,00 € |

Erbrecht


Beantwortet von


13:28

Hallo zusammen,
mein Vater hat mir letztens sein Testament gezeigt, das er bei einem Notar gemacht hat.

Das Testament enthält folgende Formulierung:
"Ich Herr xyz, vermache meiner Lebensgefährtin XYZ ein Wohnrecht an dem Objekt ABC.
Das Wohnrecht ist nach meinem Tod unentgeltlich. Der Vermächtnisnehmer hat lediglich eine monatliche Pauschale in Höhe von 200 Euro zu zahlen.
Das Wohnrecht soll dinglich im Grundbuch gesichert werden."

Nun meine Fragen:
1) Ist das Wohnrecht lebenslang zu verstehen? Dieses ist im Testament nicht eindeutig formuliert.
2) Sind sämtliche Nebenkosten dann mit der monatlichen Pauschale (200 Euro) abgegolten, oder wie ist die Formulierung zu verstehen? Das Wohnrecht an sich soll ja unentgeltlich sein
3) Gilt das Wohnrecht dann ausschließlich für Lebensgefährtin XYZ oder schließt das auch einen möglichen Partner, Familie mit ein?
4) Sind die Formulierungen im Testament eindeutig genug? Um Streitigkeiten ggf. wegen verschiedener Interpretationen/ Auslegung zu vermeiden?

Danke für Ihre Antworten.
Beste Grüße
Jil S.

24. März 2022 | 10:24

Antwort

von


(849)
Alte Schmelze 16
65201 Wiesbaden
Tel: 0611-13753371
Web: https://deutschland-schulden.de
E-Mail:

Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

ein dingliches Wohnrecht bedeutet (es gibt kleinere Unterschiede) im Grunde eine kostenfreie Miete bis zum Tod der Lebensgefährtin. Auch die Pflichten des zukünftigen Eigentümers (also Ihre) und der Wohnrechtsinhaberin sind in etwa mit denen eines Vermieter/Mieter-Verhältnisses zu vergleichen. Die Lebensgefährtin müsste zwar für den Erhalt des Objektes und kleinere Reparaturen sorgen, die größeren (und damit teureren) Sachen wie z.B. eine Dachsanierung bleiben aber Ihre Pflicht.

Zu Ihren Fragen im Einzelnen:

1) Ist das Wohnrecht lebenslang zu verstehen? Dieses ist im Testament nicht eindeutig formuliert.
Ja, ohne eine Einschränkung gilt dieses bis zum Tod der Lebensgefährtin. Ihr Vater könnte aber das Wohnrecht auch zeitlich beschränken, z.B. auf 5 Jahre.

2) Sind sämtliche Nebenkosten dann mit der monatlichen Pauschale (200 Euro) abgegolten, oder wie ist die Formulierung zu verstehen? Das Wohnrecht an sich soll ja unentgeltlich sein
Die Formulierung ist hier tatsächlich unklar und müsste interpretiert werden. Zu Ihren Gunsten würde ich hier annehmen, dass damit nicht die üblichen Nebenkosten gemeint sind (die trägt der Wohnrechtsinhaber immer selbst), sondern eine Pauschale für möglichen Erhaltungs- und Verwaltungsaufwand.

3) Gilt das Wohnrecht dann ausschließlich für Lebensgefährtin XYZ oder schließt das auch einen möglichen Partner, Familie mit ein?
Nahe Angehörige und nahestehende Personen dürfen mit aufgenommen werden, allerdings ist eine Vermietung nicht zulässig. Ein neuer Lebensgefährte dürfte z.B. mit einziehen.

4) Sind die Formulierungen im Testament eindeutig genug? Um Streitigkeiten ggf. wegen verschiedener Interpretationen/ Auslegung zu vermeiden?
Abgesehen von der unter 2. genannten Formulierung zur Pauschale gibt es wenig zu interpretieren. Falls Ihr Vater stirbt wäre das Wohnrecht dann wirksam und es wäre ggf. noch zu klären, wie die Pauschale zu verstehen ist.

Im Ergebnis scheint Sie das Testament jedenfalls erheblich zu benachteiligen. Je nach Restlebenszeit werden Sie jahrzehntlang für das Haus aufkommen müssen und erhalten dafür günstigstenfalls einen Betrag von 200 € monatlich. Das dürfte kaum die Kosten decken wenn tatsächlich mal eine größere Sache ansteht. Sie sollten Ihrem Vater hier klarmachen, dass er der Lebensgefährtin im Grunde das komplette Haus schenkt und Sie obendrein noch für die größeren Reparaturen aufkommen. Gleichzeitig haben Sie die vage Aussicht das Haus irgendwann mal zu erhalten, in einem dann fraglichen Zustand und wenn das Grundstück in dieser Zeit nicht deutlich an Wert gewinnt werden ist eine Erbausschlagung fast lohnender. Angemessen wäre eine zeitliche Begrenzung oder ein Wohnrecht welches lediglich verbilligtes Wohnen (hälftige ortsübliche Miete?) einräumt. In jedem Fall sollte die Pauschale allein dem Unterhalt des Gebäudes dienen und die Nebenkosten sollten zusätzlich anfallen, hier müsste die Formulierung auch entsprechend klargestellt werden und eine Inflationsklausel wäre auch notwendig, um das Ganze fair zu gestalten.


Ich hoffe damit Ihre Frage zufriedenstellend beantwortet zu haben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.


Mit freundlichen Grüßen,
RA Fabian Fricke


Rückfrage vom Fragesteller 24. März 2022 | 11:34

Falls ich das Erbe als testamentarisch festgelegt Alleinerbin ausschlage, habe ich dann noch Anspruch auf meinen Pflichtteil? Was passiert dann mit dem Wohnrecht, wenn sich kein alternativer Erbe findet?

Vielen Dank Herr RA Fricke

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 24. März 2022 | 13:28

Sehr geehrte/r Fragesteller/in,

soweit Sie Erbschaft ausschlagen, ist es in Ihrem Fall möglich einen Pflichtteil geltend zu machen. Normalerweise geht das nicht, da Sie aber sowohl gesetzlicher Erbe sind und gleichzeitig durch ein Vermächtnis beschwerter testamentarischer Erbe sind können Sie den Pflichtteil fordern.

Wenn sich kein Erbe findet wäre der Staat zur Erbschaft berufen. Dieser kann dann aber (im Gegensatz zum normalen Erbfall) eine Haftung für die Kosten begrenzen und damit unter Umständen die normalen Pflichten des Hauseigentümers verweigern oder eine finanzielle Beteiligung durchsetzen.

Mit freundlichen Grüßen,
RA Fabian Fricke

ANTWORT VON

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