Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Unterschieden werden muss hier zwischen dem Erbrecht und dem Steuerrecht. Im Erbrecht gelten Stiefkinder und damit auch Stiefenkel nicht als Abkömmlinge des Erblassers, sodass auf sie die Regelungen für Kinder keine Anwendung finden.
Etwas anderes gilt hingegen im Steuerrecht, was sich aus § 15 I ErbStG entnehmen lässt.
§ 15
Steuerklassen
(1) Nach dem persönlichen Verhältnis des Erwerbers zum Erblasser oder Schenker werden die folgenden drei Steuerklassen unterschieden:
Steuerklasse I:
1. der Ehegatte und der Lebenspartner,
2. die Kinder und Stiefkinder,
3. die Abkömmlinge der in Nummer 2 genannten Kinder und Stiefkinder,
4. die Eltern und Voreltern bei Erwerben von Todes wegen;
Steuerklasse II:
1. die Eltern und Voreltern, soweit sie nicht zur Steuerklasse I gehören,
2. die Geschwister,
3. die Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern,
4. die Stiefeltern,
5. die Schwiegerkinder,
6. die Schwiegereltern,
7. der geschiedene Ehegatte und der Lebenspartner einer aufgehobenen Lebenspartnerschaft;
Hiernach gehören auch Stiefkinder sowie Stiefenkel zum Kreis der begünstigten Personen der Steuerklasse 1.
Somit gilt für sie als Schwiegerenkel der Freibetrag, welcher ihnen auch als normaler Enkel zukommen würde. Dies sind 200.000€.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rückfrage vom Fragesteller
24. Juli 2023 | 13:01
Danke für die schnelle Rückmeldung Frau Enzweiler.
Ist in diesem Bezug nicht klar zwischen Stief- und Schwiegerenkel zu unterscheiden? Da mein Vater der Schwiegersohn meiner nicht leiblichen Großmutter ist, wäre ich doch somit der Schwiegerenkel und nicht Stiefenkel. Somit wäre ich dann bei einem Erbfall durch meine Großmutter (Mutter meiner Stiefmutter) wie mein Vater in der Steuerklasse 2 oder täusche ich mich? Falls dies der Fall wäre, würde mich wie bereits beschrieben interessieren ob mich eine Adoption (schwache oder starke) durch meine Stiefmutter steuerlich in Beziehung zu meiner Großmutter in die Steuerklasse 1 verschieben würde. Anzumerken wäre noch dass meine Stiefmutter und Vater verheiratet sind.
Danke und viele Grüße
Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt
24. Juli 2023 | 14:19
Vielen Dank für die Klarstellung, nun sind die Verwandtschaftsverhältnisse klarer:
Aufgrund dessen muss die Einschätzung leider dahingehend geändert werden, dass sie nicht als Stiefenkel sondern als Schwiegerenkel behandelt werden müssen. Nach dem Wortlaut des § 15 I ErbStG unterfallen sie als solcher leider nicht der Steuerklasse I.
Anhand der Aufzählung, wer alles zur Steuerklasse II gehört, lässt sich entnehmen, dass dies lediglich Schwiegerkinder sind. Nicht erwähnt werden hier Schwiegerenkel. Auch gibt es keine vergleichbare Reglung wie bei Steuerklasse I, dass auch die Abkömmlinge der selben Steuerklasse unterfallen.
Anhand dessen sind sie als sonstiger Erwerber im Sinne des § 15 I anzusehen und unterfallen daher leider der Steuerklasse 3.
Ihre Frage nach einer Volljährigen Adoption ist leider nicht so einfach zu beantworten.
Eine Volljährigenadoption ist nur dann möglich, wenn die Annahme des Volljährigen sittlich gerechtfertigt ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden bereits ein Eltern-Kind Verhältnis besteht und dieses auch für die Zukunft beibehalten werden soll. Häufig wird eine solche Adoption jedoch auch aus steuerlichen Gründen vollzogen, wie dies auch in ihrem Fall wohl wäre. Daher wird seitens der Gerichte besonders geprüft, ob die Adoption nicht nur als Umgehung der Steuerregelungen genutzt werden soll.
Der Unterschied zwischen der starken und der schwachen Adoption besteht darin, was mit der Verbundenheit zu den leiblichen Eltern geschied.
Bei der schwachen Adoption bleiben ihre leiblichen Eltern auch weiterhin ihre Eltern und sie bekommen lediglich mindestens ein weiteres Elternteil hinzu. Bei der starken Adoption verlieren sie hingegen in rechtlicher Sicht die Verbindung zu ihren leiblichen Eltern, sodass sie in diesem Fall auch keinen Erbanspruch dahingehend mehr in der Zukunft hätten.
Sollten sie sich für die Adoption entscheiden und auch alle Voraussetzungen in ihrem Fall vorliegen, so gelten sie daher als "normales Enkelkind" und würden der Steuerklasse I unterfallen.
Im Ergebnis hätte daher eine Volljährigen Adoption einige Vorteile. Aufgrund der Komplexibilität der Materie empfehle ich ihnen jedoch, sollten sie eine solche tatsächlich in Betracht ziehen, sich ausführlich von einem Familienrechtler ihres Vertrauens beraten zu lassen, damit sie die Adoption auch erfolgreich durchführen können.