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Einfriedung des Grundstücks trotz Verbots von Einfriedungen laut Bebauungsplan

4. Juni 2024 11:24 |
Preis: 66,00 € |

Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von


13:55

Zusammenfassung

Berechtigte Interessen können im Einzelfall die allgemeinen Vorschriften überwiegen. Es kommt dabei auf eine gründliche Sachverhaltsanamnese ebenso entscheidend an wie auf eine widerspruchsfreie Darlegung dieser Interessen. Bei Schwarzbauten drohen zwei Verfahren, Beseitigung und Ordnungswidrigkeit.

Wir haben kürzlich ein Reihenhaus in BW errichtet.

Laut Bebauungsplan sind Einfriedungen in dem Bereich, in dem unser Haus steht verboten. Hier der genaue Wortlaut aus dem Bebauungsplan aus dem Jahr 1984.

„Einfriedungen
In WB 1 sind keine Einfriedungen zur Hauptstrasse bzw. XXXXStraße hin sowie keine parallelen Abgrenzungen der Hofräume zulässig."

Wir hatten bereits während der Bauphase bei der zuständigen Behörde um eine Befreiung vom Verbot gebeten. Dies wurde leider abgelehnt.

Wir haben die Außenanlagen somit vorerst ohne Einfriedung errichtet. Ein Jahr später wurde ein Sichtschutzzaun entlang der XXXXStraße und zur Einfahrt des Nachbarhofs/Parklatzes errichtet. Dies hatte folgende Gründe
- Regelmäßig Hundekot auf dem Rasen entlang der XXXXStraße
- Regelmäßig Müll auf dem Rasen
- XXXX-Straße ist eine stark befahrene Hauptstraße
- Es wird regelmäßig in unser Wohnzimmer geschaut
- Die Kinder werden beim Spielen auf dem Rasen regelmäßig von fremden angesprochen.

Wir wurden jetzt von der zuständigen Behörde aufgefordert den Zaun zu entfernen und haben einen Termin zur Anhörung. Wir wollen versuchen eine konstruktive Lösung mit der Stadt zu finden, hätten aber trotzdem gerne zu einigen Punkten eine rechtliche Einschätzung.

1. Es handelt sich um einen Doppelstabmattenzaun mit Sichtschutzstreifen und einer Länge von insgesamt ca. 25m. Wenn wir 2-3 Elemente aus dem Zaun entfernen, so dass die Einfriedung nicht mehr im „geschlossen" ist, zählt der Zaun dann rechtlich noch als Einfriedung?
2. Ein Teil des Zaunes trennt unsere Terrasse von der Einfahrt und den Parkplätzen des Nachbarn ab. Stellt dies (wie die Stadt behauptet) eine parallele Abgrenzung der Hofräume dar?
3. Ist es grundsätzlich erfolgversprechend eine Änderung des Bebauungsplans beim Gemeinderat zu beantragen?
4. Besteht im worst-case eine realistische Chance auf ein erfolgreiches Rechtsverfahren gegen die Stadt (z.B. aufgrund von §31 BauGB)

Als kurze Ergänzung zum Sachverhalt. Im Ursprünglichen Bebauungsplan war für das Grundstück ein Einfamilienhaus geplant, das mit der Hauskante direkt an die XXXXStraße gebaut wird, somit hätte es in diesem Fall keine Veranlassung für einen Zaun gegeben. Da auf dem Grundstück jetzt aber 3 Reihenhäuser errichtet wurden, hat sich die Lage geändert.

4. Juni 2024 | 12:31

Antwort

von


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Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre vier Fragen unter Zugrundelegung der bislang von Ihnen mitgeteilten Informationen wie folgt und schlage ein weiteres Vorgehen vor. Vorab erlaube ich mir den Hinweis, dass neben der konkreten Genese des Bebauungsplans, also den damit bei Erlass verbundenen Zielen und Zwecken, noch eine Vielzahl anderer Faktoren eine Rolle spielen könnten, so dass eine anwaltliche Einsichtnahme in die Bauakte für eine seriöse Rechtsberatung unabdingbar erscheint.

Zitat:
1. Wenn wir 2-3 Elemente aus dem Zaun entfernen, so dass die Einfriedung nicht mehr im „geschlossen" ist, zählt der Zaun dann rechtlich noch als Einfriedung?


Einfriedung ist ein Oberbegriff und umfasst auch Sichtschutzzäune, Hecken, Gabionen usw. Für Sichtschutzzäune können im Einzelfall allenfalls bezüglich der Höhe andere Regelungen bestehen, je nach Bebauungsplan und Ortsüblichkeit.

Vorliegend würde die Öffnung der Einfriedung insbesondere Ihrem wesentlichen Argument widersprechen, dass Sie fremde Blicke abwehren und Ihre Kinder schützen wollen. Sie sollten bei der Anhörung insbesondere auf eine konsistente, widerspruchsfreie Argumentation gegenüber dem Bauamt achten.


Zitat:
2. Ein Teil des Zaunes trennt unsere Terrasse von der Einfahrt und den Parkplätzen des Nachbarn ab. Stellt dies (wie die Stadt behauptet) eine parallele Abgrenzung der Hofräume dar?


Auch die Abgrenzung ist ein Oberbegriff und kann sogar lediglich mit Grenzsteinen erfolgen. Wenn Ihr Zaun zudem gerade auf der Grenze errichtet ist oder unter Einhaltung des Abstands, dann ist diese Abgrenzung auch im Sinne des Bebauungsplans parallel.


Zitat:
3. Ist es grundsätzlich erfolgversprechend eine Änderung des Bebauungsplans beim Gemeinderat zu beantragen?


Sofern die entsprechenden politischen Mehrheiten es hergeben und insbesondere auch die für ein solches Verfahren nötigen erheblichen finanziellen Mittel der Gemeinde kann ein solcher Antrag gerade im Hinblick auf Ihre berechtigten Interessen erfolgreich sein. Wenn der Bebauungsplan indessen erst kürzlich im Hinblick auf die Bebauung mit drei Reihenhäusern geändert worden ist, sehe ich das kritischer.

Das ist insbesondere dann eher unwahrscheinlich, wenn über die Frage eines Sichtschutzes Argumente ausgetauscht worden sind und diese Frage nicht einfach nur "übersehen" worden ist. Verwaltungsgerichte achten bei ihren Entscheidungen stets auf das mit politischen Vereinbarungen wie einen Bebauungsplan aber auch anderer Satzungen eigentlich Gewollte.


Zitat:
4. Besteht im worst-case eine realistische Chance auf ein erfolgreiches Rechtsverfahren gegen die Stadt (z.B. aufgrund von § 31 BauGB)


Die Befreiung von Vorgaben des Bebauungsplans ist durchaus möglich, wurde nach Ihren Angaben aber ja bereits abgelehnt.

Es kommt somit insbesondere auch auf den bereits geführten Schriftwechsel mit dem Bauamt an. Gerne können Sie diesen uns im Rahmen eines ordnungsgemäßen Mandates zur Verfügung stellen. Wir arbeiten auf Basis eines Stundenansatzes und würden in diesem Falle fünf Stunden im Wege eines Kostenvorschusses in Rechnung stellen.

Beachten Sie bitte aber auch noch, dass Ihr Zaun als Schwarzbau gewertet werden könnte, was als Ordnungswidrigkeit ein Bußgeld zur Folge hätte, gegen das sie fristgerecht Einspruch einlegen müssten.

Fragen Sie Verständnisproblemen gerne ohne Mehrkosten nach. Sollten Sie aber Anlass zu einem Abzug bei Ihrer etwaigen Bewertung haben, so melden Sie sich - gern auch mobil unter 0176 614 836 81 - unbedingt vorher bei mir.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Andreas Neumann
Rechtsanwalt


Rechtsanwalt Dr. Andreas Neumann

Rückfrage vom Fragesteller 4. Juni 2024 | 13:36

Hallo Herr Neumann,

besten Dank für die schnelle Antwort. Ich habe zu Punkt 1 und 2 noch Rückfragen.

Zu 1:
Der Plan mit dem entfernen einzelner Zaunelemente war auch eher dahin gehend gedacht, dass man besser einen Zaun mit Lücken hat als gar keinen (falls keine Einigung mit der Stadt erzielbar ist). Dies macht aber nur Sinn, wenn ein unterbrochener Zaun nicht mehr als Einfriedung zählt.

zu 2: Die Frage war eher darauf bezogen, dass wir auf unserer Seite eine Terrasse und auf Seite der Nachbarn eine Einfahrt haben. Gilt beides als Hofraum oder ist eine Interpretation im Sinne von "Der Nachbar hat eine Einfahrt und wir eine Terrasse (also keinen Hof) " möglich, so dass der Zaun keine Abtrennung zwischen Hofräumen darstellt?

Wir werden jetzt erstmal das Gespräch mit der Stadt abwarten und je nach Ergebnis nochmal auf Sie zukommen.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 4. Juni 2024 | 13:55

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre beiden Anmerkungen, die miteinander zusammenhängen, da es in beiden Fällen entscheidend auf die Intentionen der Planverfasser und auch der vorangegangenen politischen Debatten im Gemeinderat (falls vorhanden) ankommt.

Ihre erste Anmerkung zielt auf die Art einer möglichen Einfriedung ab, setzt aber die Zulässigkeit einer Einfriedung an sich voraus. Nach dem bloßen Wortlaut, den Sie wörtlich zitiert haben, ist das hier nicht der Fall. Jegliche Art der Einfriedung ist danach verboten.

Und auch die zweite Anmerkung setzt ein bestimmtes Verständnis von Hof voraus. Zutreffend ist, dass das Wort Hof mehrdeutig ist. Gemeint ist hier aber offensichtlich der Freiraum, den beide Bereiche, also der Bereich Ihres Nachbarn UND Ihr Bereich gemeinsam bilden, siehe zum baulichen Begriffsverständnis auch

https://de.wikipedia.org/wiki/Hof_(Architektur)

Ich hoffe, dass Ihnen das weiterhilft und wünsche Ihnen für das Gespräch mit dem Bauamt alles erdenklich Gute. Sofern sich die Nachbarn und Anlieger mit dem Zaun schriftlich ausdrücklich einverstanden erklären, könnte dies bei einer etwaigen Legalisierung unter Umständen übrigens ebenfalls behilflich sein.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Andreas Neumann
Rechtsanwalt

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