Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre vier Fragen unter Zugrundelegung der bislang von Ihnen mitgeteilten Informationen wie folgt und schlage ein weiteres Vorgehen vor. Vorab erlaube ich mir den Hinweis, dass neben der konkreten Genese des Bebauungsplans, also den damit bei Erlass verbundenen Zielen und Zwecken, noch eine Vielzahl anderer Faktoren eine Rolle spielen könnten, so dass eine anwaltliche Einsichtnahme in die Bauakte für eine seriöse Rechtsberatung unabdingbar erscheint.
Zitat:1. Wenn wir 2-3 Elemente aus dem Zaun entfernen, so dass die Einfriedung nicht mehr im „geschlossen" ist, zählt der Zaun dann rechtlich noch als Einfriedung?
Einfriedung ist ein Oberbegriff und umfasst auch Sichtschutzzäune, Hecken, Gabionen usw. Für Sichtschutzzäune können im Einzelfall allenfalls bezüglich der Höhe andere Regelungen bestehen, je nach Bebauungsplan und Ortsüblichkeit.
Vorliegend würde die Öffnung der Einfriedung insbesondere Ihrem wesentlichen Argument widersprechen, dass Sie fremde Blicke abwehren und Ihre Kinder schützen wollen. Sie sollten bei der Anhörung insbesondere auf eine konsistente, widerspruchsfreie Argumentation gegenüber dem Bauamt achten.
Zitat:2. Ein Teil des Zaunes trennt unsere Terrasse von der Einfahrt und den Parkplätzen des Nachbarn ab. Stellt dies (wie die Stadt behauptet) eine parallele Abgrenzung der Hofräume dar?
Auch die Abgrenzung ist ein Oberbegriff und kann sogar lediglich mit Grenzsteinen erfolgen. Wenn Ihr Zaun zudem gerade auf der Grenze errichtet ist oder unter Einhaltung des Abstands, dann ist diese Abgrenzung auch im Sinne des Bebauungsplans parallel.
Zitat:3. Ist es grundsätzlich erfolgversprechend eine Änderung des Bebauungsplans beim Gemeinderat zu beantragen?
Sofern die entsprechenden politischen Mehrheiten es hergeben und insbesondere auch die für ein solches Verfahren nötigen erheblichen finanziellen Mittel der Gemeinde kann ein solcher Antrag gerade im Hinblick auf Ihre berechtigten Interessen erfolgreich sein. Wenn der Bebauungsplan indessen erst kürzlich im Hinblick auf die Bebauung mit drei Reihenhäusern geändert worden ist, sehe ich das kritischer.
Das ist insbesondere dann eher unwahrscheinlich, wenn über die Frage eines Sichtschutzes Argumente ausgetauscht worden sind und diese Frage nicht einfach nur "übersehen" worden ist. Verwaltungsgerichte achten bei ihren Entscheidungen stets auf das mit politischen Vereinbarungen wie einen Bebauungsplan aber auch anderer Satzungen eigentlich Gewollte.
Zitat:4. Besteht im worst-case eine realistische Chance auf ein erfolgreiches Rechtsverfahren gegen die Stadt (z.B. aufgrund von § 31 BauGB)
Die Befreiung von Vorgaben des Bebauungsplans ist durchaus möglich, wurde nach Ihren Angaben aber ja bereits abgelehnt.
Es kommt somit insbesondere auch auf den bereits geführten Schriftwechsel mit dem Bauamt an. Gerne können Sie diesen uns im Rahmen eines ordnungsgemäßen Mandates zur Verfügung stellen. Wir arbeiten auf Basis eines Stundenansatzes und würden in diesem Falle fünf Stunden im Wege eines Kostenvorschusses in Rechnung stellen.
Beachten Sie bitte aber auch noch, dass Ihr Zaun als Schwarzbau gewertet werden könnte, was als Ordnungswidrigkeit ein Bußgeld zur Folge hätte, gegen das sie fristgerecht Einspruch einlegen müssten.
Fragen Sie Verständnisproblemen gerne ohne Mehrkosten nach. Sollten Sie aber Anlass zu einem Abzug bei Ihrer etwaigen Bewertung haben, so melden Sie sich - gern auch mobil unter 0176 614 836 81 - unbedingt vorher bei mir.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Andreas Neumann
Rechtsanwalt