Sehr geehrter Fragensteller, sehr geehrte Fragenstellerin,
auf Grund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes beantworte ich Ihre Frage zusammenfassend wie folgt:
1.) Ob die Aussage, Person A sei von jemand erpreßt worden und habe sich daher nur selbst retten wollen, glaubhaft ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Dies ändert jedoch nichts daran, daß von Person A eine Straftat begangen wurde. Einzig in Betracht käme ein sogenannter Nötigungsnotstand, bei dessen Vorliegen Person A ohne Schuld gehandelt hätte.
An einen solchen Nötigungsnotstand sind aber strenge Anforderungen zu stellen, eine „einfache“ Bedrohung wegen Schulden reicht bei weitem nicht aus. Es bedürfte einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben. Ob eine solche Situation gegeben war, kann aufgrund Ihrer Angaben hier nicht abschließend beantwortet werden.
2.) Zur Frage, wie lange sich das Ermittlungsverfahren hinziehen kann, kann leider keine konkrete Angabe gemacht werden. Dies hängt in erster Linie von der Staatsanwaltschaft ab, eine feste Grenze existiert nicht.
Eine Verjährung der Tat selbst kommt erst nach 5 Jahren in Betracht. Ist aber bereits ein Ermittlungsverfahren gegen Person A eingeleitet und diesem bekannt gegeben worden, wird die Verjährung unterbrochen.
3.) Die bisherigen Kontoeinsichten genügen grundsätzlich zumindest für die Erhebung einer Anklage. Als Beweis alleine würde dies zwar vermutlich nicht reichen, jedoch kann sich Person A sicher sein, daß u.a. durch Zeugen (Geschädigte!) die Kontoeinsichten ergänzt werden und somit für einen Beweis ausreichen sollten.
Daß das Konto mittlerweile aufgelöst wurde, ist nicht von Bedeutung.
4.) Zum Strafmaß kann ich folgendes ausführen: das Gesetz sieht für Betrug entweder eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor. Entscheidend für die Höhe des Strafmasses sind v.a. die Schadenshöhe und die kriminelle Energie, mit der die Straftat begangen wurde, also indirekt auch die Beweggründe. Somit kann Person A hier eventuell hoffen, daß eine vorgelegene „Erpressung“ das Strafmaß mindern kann.
Vorteilhaft wirkt sich für Person A aus, daß sie nicht vorbestraft ist.
Eine Schadenswiedergutmachung sollte in jedem Fall erfolgen, und zwar am besten bereits bevor die Anklage bzw. der Strafbefehl erfolgt. Jeder Versuch, das Unrecht wieder zu „bereinigen“, erhöht natürlich die Chance auf eine Minderung des Strafmaßes und zeigt, daß wirklich Reue vorliegt.
Zusammenfassend kann ich Person A also mitteilen, daß bei wirklicher Reue, erfolgter Schadenswiedergutmachung und keinerlei einschlägiger Vorstrafen sicherlich die Möglichkeit besteht, daß lediglich eine Geldstrafe bzw. eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesprochen wird.
Ich empfehle Person A in jedem Fall dringend, sich anwaltliche Vertretung zu suchen, da durch einen Anwalt bereits im Vorverfahren nicht unwesentlich Einfluß auf die Richtung der Ermittlungen genommen werden kann.
Ich hoffe, daß meine Antworten für Sie hilfreich gewesen sind und darf zusätzlich auf die kostenfreie Nachfragefunktion verweisen.
Mit freundlichen Grüßen,
Florian Müller
(Rechtsanwalt)
Hallo, ich nehme von meiner Nachfrageoption gebrauch.
Angenommen die Staatsanwaltschaft schließt die Ermittlungen ab und eröffnet das Hauptverfahren, die Anklageschrift zeigte :
-einen Zeugen (ein um 2300 €Geschädigter)
-Ebay-Daten
-Kontoeinsicht des Beschuldigten
- ein Mitarbeiter der Bank des Beschuldigten
als Beweismittel an, so sind die Beweise eindeutig?!
Ist es besser zuzugeben,dass es nicht nur EIN Geschädigter war sondern 3-4 ? Denn wie ich es richtig verstanden habe, kann Person A immer noch für die anderen Fälle zur Rechenschaft gezogen werden, selbst wenn ein rechtskräftiges Urteil für einen Fall beschlossen wurde, da die Tat(en) "erst" nach 5 Jahren verjährt.
Wenn A also viele einzelne Verfahren bekommt, so wird A spätestens nach dem Zweiten nicht mehr nicht vorbelastet sein :), demnach werden die Strafen immer härter, sehe ich das so richtig?
Danke
Sehr geehrter Fragensteller,
da Ihre Nachfrage über einen Monat nach der ersten Frage gestellt wurde, liegt eigentlich keine Erstberatung mehr vor, zumal die Ermittlungen gegen Person A mittlerweile scheinbar abgeschlossen sind und sich somit die Stellung von Person A von einem Beschuldigten hin zu einem Angeklagten verändert hat.
Trotzdem möchte ich kurz auf Ihre weiteren Fragen eingehen.
1. Ob die Beweise eindeutig sind, läßt sich leider niemals voraussagen. Dies liegt im Ermessen und in der Beurteilung des Gerichts, Aussagen hierzu wären reine Spekulation. Person A kann sich aber sicher sein, daß das Gericht nicht das Hauptverfahren eröffnet hätte, wenn die Staatsanwaltschaft nicht in den Ermittlungen hinreichende Beweise gefunden hätte, die genügend Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage.
2. Es gilt der Grundsatz, daß niemand bei seiner eigenen Strafverfolgung mithelfen muß.
Wenn nun also die Anklageschrift nur von einem Tatgeschehen spricht, bedeutet dies, daß bisher nur dieses eine Geschehen angeklagt – und vielleicht auch bekannt – ist.
Natürlich kann Person A auch noch für die weiteren Taten belangt werden, solange diese nicht verjährt sind.
Sollten diese weiteren Taten bekannt und ebenfalls angeklagt werden, bedeutet dies aber nicht, daß A in einem erneuten Verfahren vorbestraft wäre und somit ein höheres Strafmaß fürchten müßte. Vielmehr kommt es darauf an, wann die Taten begangen wurden. Wurden sie bereits vor dem rechtskräftigen Urteil in der Person A vorliegenden Sache begangen, so würden sie zu einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung führen, d.h. die Strafe aus dem momentan angeklagten Betrugsfall würde aufgehoben werden und durch eine neu zu bildende Strafe, die die anderen Fälle mit einbezieht, ersetzt werden.
Im übrigen darf ich auf meine damalige Empfehlung, sich anwaltliche Vertretung in dieser Sache zu suchen, verweisen; gerne können Sie bzw. Person A mich diesbezüglich auch kontaktieren.
Mit freundlichen Grüßen,
Florian Müller
(Rechtsanwalt)