Sehr geehrter Fragesteller/in,
vorweg möchte ich Sie darauf hinweisen, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzten kann, sondern ausschließlich den Zweck hat, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres Rechtsproblems auf Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen von einem Rechtsanwalt zu erhalten.
Nun zu Ihrer Frage, welche ich unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworte:
zu1) Die Möglichkeit einen EU Haftbefehl zu stornieren gibt es nicht.
Vorliegend dürfte nur eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls einschlägig sein. Das das Fahrzeug wieder aufgetaucht ist, kann grundsätzlich nicht zu einer Außervollzugsetzung des Haftbefehls führen. Die Voraussetzungen für die Außervollzugsetzung richten sich danach, welcher Haftgrund im Haftbefehl angenommen worden ist. Als Haftgründe kommen in Betracht etwa die Fluchtgefahr oder die Verdunkelungsgefahr.
Zu 2) Der Haftbefehl selber kann nicht verfallen. Insoweit behält er seine Gültigkeit bis er aufgehoben oder außer Vollzug gesetzt wird. Die Straftat selber kann jedoch verjähren. Dies führt dann unter Umständen zu einer Aufhebung des Haftbefehls. Vorliegend handelt es sich bei Ihnen um den Tatvorwurf eines Betruges. Nach deutschem Recht würde eine Straftat die mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis fünf Jahren bedroht ist gemäß § 78 StGB
nach 5 Jahren verjähren. Dies ist bei einem Betrug gem. § 263 StGB
der Fall.
Zu 3) Die Wahrscheinlichkeit, dass der bestehende Haftbefehl in Schweden nicht entdeckt wird, ist eher als gering zu bewerten. So benötigen Sie zwar in Schweden keine Aufenthaltsgenehmigung, jedoch ist ein Aufenthaltsrecht erforderlich. Das die Behörden dabei auf Ihren Haftbefehl stoßen könnten, ist nicht unwahrscheinlich. Spätestens bei einem Datenabgleich von anderen Behörden besteht die Gefahr „entdeckt“ zu werden.
Zu 4) Das Auslieferungsverfahren in Deutschland wird beim OLG (Oberlandesgericht) betrieben. Dieses ist für den Erlass des Auslieferungsbefehls und für alle mit dem Auslieferungsverfahren zusammenhängende Entscheidungen zuständig. Nach den §§ 15
, 16 IRG
kann gegen den Verfolgten zunächst ein vorläufiger bzw. dann, wenn die Auslieferungsunterlagen vorliegen, ein förmlichen Auslieferungshaftbefehl erlassen werden.
Auch hier kommt die Außervollzugsetzung des Haftbefehls in Betracht. Insoweit würden dann wieder die Haftgründe eine Rolle spielen. Ferner gilt im Auslieferungsverfahren ebenfalls das Verhältnismäßigkeitsgebot. So ist z.B. eine Auslieferungshaft von vier Monaten allein wegen des Vorwurfs der Urkundenfälschung unverhältnismäßig. Ob das bei Ihnen entsprechend der Fall ist, lässt sich leider nicht sagen, da ich Ihren Fall nicht genauer kenne. Ferner könnte die Auslieferung aber unverhältnismäßig sein, wenn Sie an einer schweren Erkrankung leiden würden.
Im Übrigen verweise ich auf § 3
i.V.m. § 81 IRG
:
§ 3 Auslieferung zur Verfolgung oder zur Vollstreckung
(1) Die Auslieferung ist nur zulässig, wenn die Tat auch nach deutschem Recht eine rechtswidrige Tat ist, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, oder wenn sie bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts auch nach deutschem Recht eine solche Tat wäre.
(2) Die Auslieferung zur Verfolgung ist nur zulässig, wenn die Tat nach deutschem Recht im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist oder wenn sie bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts nach deutschem Recht mit einer solchen Strafe bedroht wäre.
(3) Die Auslieferung zur Vollstreckung ist nur zulässig, wenn wegen der Tat die Auslieferung zur Verfolgung zulässig wäre und wenn eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist. 2Sie ist ferner nur zulässig, wenn zu erwarten ist, daß die noch zu vollstreckende freiheitsentziehende Sanktion oder die Summe der noch zu vollstreckenden freiheitsentziehenden Sanktionen mindestens vier Monate beträgt.
§ 81 Auslieferung zur Verfolgung oder zur Vollstreckung
§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass
1.
die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht ist,
2.
die Auslieferung zur Vollstreckung nur zulässig ist, wenn nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist, deren Maß mindestens vier Monate beträgt,
3.
die Auslieferung in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten auch zulässig ist, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates,
4.
die beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates eine Strafbestimmung verletzt, die den in Artikel 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 190 S. 1) in Bezug genommenen Deliktsgruppen zugehörig ist.
Abschließend kann ich nur empfehlen einen Anwalt vor Ort einzuschalten.
Ich hoffe Ihnen weiter geholfen zu haben und stehe Ihnen gerne im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion, zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
André Neumann
Rechtsanwalt
Leider stehe ich Ihnen für eventuelle Nachfagen erst ab dem Sonntag zur Verfügung, da ich kurzfristig das Haus verlassen musste. Ich bitte dies zu entschuldigen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt André Neumann