Guten Abend,
ausweislich Ihrer Lage scheint es einige Möglichkeiten und Regelungen zu geben, die Ihnen helfen könnten, die Übergangsphase bis zur Erteilung der Blauen Karte in Deutschland rechtssicher zu überbrücken.
Gerne gehe ich auf Ihre Fragen im Einzelnen ein.:
1. Arbeitserlaubnis während des Übergangs:
Da Ihre Aufenthaltserlaubnis nach § 16b Abs. 1 AufenthG (Studierende) Ihnen nur eine begrenzte Arbeitszeit (bis zu 120 volle Tage oder 240 halbe Tage pro Jahr) erlaubt, ist Ihr aktuelles Arbeitsverhältnis mit voller Stundenzahl tatsächlich problematisch, wenn diese Grenze überschritten wird. Nach Ihrem Abschluss und mit der Aussicht auf die Blaue Karte haben Sie jedoch unter Umständen Optionen, die Ihnen erlauben könnten, Ihre Beschäftigung fortzusetzen.
In Ihrer Situation wäre der Wechsel auf eine Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitsplatzsuche nach § 20 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG eine theoretische Möglichkeit, die Ihnen sofort die uneingeschränkte Arbeitsaufnahme erlauben würde. Dies könnte beantragt werden, wenn die Blaue Karte sich weiterhin verzögert. Ein Wechsel ist grundsätzlich möglich, wenn das Studium abgeschlossen ist und alle Prüfungsergebnisse vorliegen.
2. Beschleunigung des Verfahrens bei der Ausländerbehörde:
Da Ihr Antrag seit Juli 2024 läuft, haben Sie formal gesehen bereits Ihre Absicht zur Änderung des Aufenthaltstitels hin zur Blauen Karte angezeigt. Dies ist wichtig, weil in solchen Fällen nach § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG die sogenannte Fiktionswirkung eintreten kann. Diese wirkt ab Antragstellung und ermöglicht es Ihnen, in Deutschland zu verbleiben und unter den Bedingungen Ihrer letzten Aufenthaltserlaubnis zu leben und ggf. zu arbeiten. Dennoch würde die Fiktionswirkung in Ihrem Fall keine neue Arbeitserlaubnis für eine Vollzeitstelle schaffen.
Es wäre aus meiner Sicht ratsam, sich noch einmal schriftlich an die Ausländerbehörde zu wenden und dabei deutlich zu machen, dass aufgrund der Verzögerungen ein erheblicher Nachteil entstehen könnte, insbesondere der drohende Verlust Ihrer Arbeitsstelle, obwohl Sie die Voraussetzungen für die Blaue Karte erfüllen.
Bitten Sie um eine kurzfristige Bearbeitung, und beziehen Sie sich auf § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG, dass Ihnen aufgrund des laufenden Antrags eine Bestätigung der Arbeitsberechtigung ausgestellt werden könnte, bis die Blaue Karte formal erteilt wird.
3. Information an den Arbeitgeber:
Eine direkte Pflicht, Ihren Arbeitgeber über die genauen Umstände Ihres Aufenthaltstitels zu informieren, besteht grundsätzlich nicht. Da es sich jedoch um eine Vollzeitanstellung handelt, die auf die Blaue Karte ausgerichtet ist, könnte eine vertrauensvolle Kommunikation mit der Personalabteilung hilfreich sein, um Verständnis und Unterstützung bei eventuellen Anfragen durch die Behörde zu fördern.
4. Anwaltliche Unterstützung und Maßnahmen:
Falls die Ausländerbehörde trotz weiterer Bemühungen nicht reagiert oder einen früheren Termin anbieten kann, könnte möglicherweise die Mandatierung eines Fachanwalts für Migrationsrecht sinnvoll sein, um Ihre Interessen durchzusetzen. Ein Anwaltskollege oder eine Kollegin vor Ort könnte in Ihrem Namen die Behörde schriftlich zur Bearbeitung auffordern und auf eine kurzfristige Anordnung drängen, die Ihnen erlaubt, bis zur Entscheidung weiterzuarbeiten.
Viele Grüße
Antwort
vonRechtsanwalt Valentin Becker
Meisenweg 14
41239 Mönchengladbach
Tel: 01722456077
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Valentin-Becker-__l108658.html
E-Mail:
Herzlichen Dank für Ihre Antwort.
In diesem Zusammenhang hätte ich folgende Rückfragen. Ich möchte nochmals betonen, das es in meinem Anliegen nicht um das rechtzeitige Verlängern meines Aufenthaltstitels geht, sondern um das Auslaufen der Stunden welche ich unter meinem derzeitigen Studentenstatus bis zum Erhalt der Blauen Karte arbeiten darf.
Ich verstehe nicht ganz, wie mir § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG in meiner aktuellen Situation helfen sollen. Meines Erachtens beziehen sich diese Paragraphen ausschließlich auf die Gültigkeit des Aufenthaltstitels während die Beantragung zur Verlängerung noch läuft, jedoch nicht konkret auf die Verlängerung der Arbeitserlaubnis, bis ich die Blaue Karte erhalte. Könnten Sie bitte bestätigen, ob ich mich in Bezug auf § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG auf eine Verlängerung der Arbeitserlaubnis berufen kann?
Meine Sorge in diesem Zusammenhang ist das wenn die Ausländerbehörde weiterhin nicht auf meine Anfragen reagiert und ich nach Ablauf meiner erlaubten Arbeitsstunden weiterhin einer Beschäftigung nachgehe bis ich meine Blaue Karte erhalte, meine Aufenthaltserlaubnis annuliert wird.
Ich bitte um Rückmeldung.
Lieben Dank!
Sie haben vollkommen Recht, dass Ihre Frage weniger die Verlängerung des Aufenthaltstitels selbst betrifft, sondern die damit verbundene Arbeitserlaubnis und ob bzw. wie Sie im aktuellen Status weiterhin arbeiten können, bis die Blaue Karte EU erteilt wird. § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG sichern den rechtmäßigen Aufenthalt während des Antragsverfahrens, lassen jedoch die Frage der Arbeitserlaubnis offen.
§ 81 Abs. 3, 4 AufenthG gewährleistet itatsächlich nur den rechtmäßigen Aufenthalt, nicht jedoch die Weiterführung einer bestehenden Arbeitserlaubnis im Sinne einer uneingeschränkten Vollzeitbeschäftigung. Deshalb stellt sich die Herausforderung, dass Ihre Arbeitserlaubnis als Studentin durch das Überschreiten der 140 volle Tage (oder 280 halben Tage) theoretisch enden könnte, wenn die Ausländerbehörde die Blaue Karte bis dahin nicht bearbeitet.
Für die genannten bis zu 140 volle Tage oder 280 halbe Tage im Jahr dürften Sie jedoch als Student ohne Zustimmung der Arbeitsagentur beschäftigt werden. Arbeitszeiten bis zu vier Stunden gelten als halber Arbeitstag, ansonsten als voller Arbeitstag.
Sie allerdings ggf. über die Arbeitsagentur explizit beantragen, dass Ihnen eine Vorabzustimmung erteilt wird, die über die zeitliche Begrenzung des Studentenstatus hinausgeht, bis die Entscheidung über die Blaue Karte ergangen ist.:
https://www.arbeitsagentur.de/unternehmen/arbeitskraefte/fachkraefte-ausland/vorabzustimmung-fuer-auslaendische-beschaeftigte
Im Übrigen können Sie ggf. Informationen zum laufenden Zustimmungsverfahren der Arbeitsagentur in Erfahrung bringen.
Bei Fragen zum Stand Ihres Antrages erreichen Sie das Kompetenz-Center Arbeitsmarktzulassung telefonisch über die zentrale Rufnummer 0228 713 2000 zu folgenden Servicezeiten:
Montag bis Donnerstag: 8 – 16 Uhr
Freitag: 8 – 14:30 Uhr
Schriftliche Nachfrage zur Rechtsgrundlage der Verzögerung und Arbeitsgenehmigung:
Wenn die Behörde weiterhin auf Anfragen nicht reagiert, könnten Sie schriftlich darauf hinweisen, dass Sie auf eine Entscheidung angewiesen sind, um Ihre laufende Beschäftigung rechtmäßig fortführen zu können. Fragen Sie dabei konkret, ob § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG in Ihrem Fall eine befristete Verlängerung der Arbeitsstunden erlaubt oder ob es alternative Regelungen zur Arbeitsgenehmigung bis zur Entscheidung über die Blaue Karte gibt.
Da Sie sich bereits im Angestelltenverhältnis befinden, könnten Sie der Behörde verdeutlichen, dass Verzögerungen zu erheblichen beruflichen Nachteilen führen. In der Praxis reagieren Ausländerbehörden gelegentlich schneller, wenn potenzielle berufliche Konsequenzen für den Antragsteller bestehen.
Sofern keine explizite Genehmigung durch die Ausländerbehörde erfolgt, könnte das Überschreiten der erlaubten Arbeitsstunden tatsächlich als Verstoß gewertet werden. Um das Risiko zu minimieren, empfehle ich daher, möglichst eine ausdrückliche, schriftliche Bestätigung der Behörde zu Ihrer Arbeitserlaubnis zu erhalten, selbst wenn diese nur befristet ist. Sollte die Ausländerbehörde weiterhin nicht reagieren (in der Regel dürfte die Bearbeitungszeit circa einen Monat betragen), sollten Sie dennoch nicht verzagen, sondern hartnäckig bleiben und nachhaken!
Beste Grüße und vor allem eine baldige positive Behördenrückmeldung!