Sehr geehrte Fragestellerin/sehr geehrter Fragesteller,
Ihre gestellte Frage
Die Autovermietung will, dass ich 5000 Euro für den Schaden am Auto zahle
31. Januar 2025 10:23
beantworte ich
wie folgt:
Zunächst sollten Sie
die AGB bzw Enterprise Autovermietung Deutschland B.V. & Co. KG Mietbedingungen für Kraftfahrzeuge (im Folgenden „E")
darauf überprüfen, ob dort eine Klausel wie in dem
Fall vor dem OLG Hamm vom 21. Dezember 2021 – I-7 U 31/21 –, Rn. 8 - 11, juris steht:
Dort hieß es „8
"9. Haftungsreduzierung
Der Mieter kann - vorbehaltlich Ziff. 10 - seine Haftung für Fahrzeugschäden oder Fahrzeugverlust nach Ziff. 8 gegen Zahlung einer Zusatzgebühr auf eine bestimmte Selbstbeteiligung [scil. hier auf 1.100,00 EUR] reduzieren. [...]
10. Geltung / Wegfall der Haftungsreduzierung
Die Haftungsreduzierung nach Ziff. 9 gilt nicht für vom Mieter / Fahrer vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachte Schäden. [...]"
Wen man die generellen Ausführungen unter
Was ist Mietwagen Selbstbeteiligung - FAQ | Enterprise Rent-A-Car
liest steht dort nämlich zunächst nichts davon, dass die Haftungsreduzierung (bei Ihnen auf 1150 €) nicht für vom Mieter / Fahrer vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachte Schäden gilt.
In einer im Internet gefundenen Version der Enterprise Autovermietung Deutschland B.V. & Co. KG Mietbedingungen für Kraftfahrzeuge aus 2019 heißt es:
„7. Schutzpakete (a) Haftungsreduzierung: Wenn der Mieter eine Haftungsreduzierung in der Mietvertrags-Zusammenfassung auswählt, wird der Vermieter den Mieter für Unfallschäden je Schadensfall nur bis zur Höhe des vereinbarten Selbstbehalts in Anspruch nehmen und im Übrigen freistellen. Unfallschäden sind Schäden, die durch ein unmittelbar von außen mit mechanischer Gewalt einwirkendes plötzliches Ereignis verursacht werden, Brems-, Betriebs- und reine Bruchschäden sowie Fehlbetankung sind keine Unfallschäden. (i) Vollständiger oder teilweiser Wegfall der Haftungsreduzierung bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Die vorgenannte Haftungsreduzierung tritt nicht ein, wenn der Mieter den Schaden vorsätzlich herbeiführt hat. HAT DER MIETER DEN SCHADEN GROB FAHRLÄSSIG VERURSACHT, IST DER VERMIETER BERECHTIGT, DEN MIETER ÜBER DEN VEREINBARTEN BETRAG DER HAFTUNGSREDUZIERUNG HINAUS, JEDOCH NUR IN EINEM DER SCHWERE DES VER SCHULDENS ENTSPRECHENDEN VERHÄLTNIS, IN ANSPRUCH ZU NEHMEN"
Wenn dies so od ähnlich auch in IHREM Vertrag steht, steht, können Sie zwar geltend machen, dass diese Klausel gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist (vgl. nur BGH Urt. v. 15.7.2014 - VI ZR 452/13, r+s 2014, 491 Rn. 8; BGH Urt. v. 11.10.2011 - VI ZR 46/10, BGHZ 191, 150 Rn. 9-13, zit nach OLG Hamm aaO)
Das OLG Hamm führt dann ABER weiter aus:
Rn 12
(2) Jedoch tritt gemäß § 306 Abs. 2 BGB an Stelle der vertraglichen Regelung die gesetzliche Regelung des § 81 VVG (vgl. nur BGH Urt. v. 15.7.2014 - VI ZR 452/13, r+s 2014, 491 Rn. 9-10; BGH Urt. v. 11.10.2011 - VI ZR 46/10, BGHZ 191, 150 Rn. 15-20).
Randnummer13
So wie der Versicherer gemäß § 81 Abs. 2 VVG berechtigt ist, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen, wenn dieser den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeiführt, richtet sich damit auch das Maß der Haftung des Mieters und des berechtigten Fahrers eines von einem gewerblichen Vermieter angemieteten Kraftfahrzeugs im Falle grob fahrlässiger Schadensverursachung nach der Schwere des Fahrlässigkeitsvorwurfs (BGH Urt. v. 15.7.2014 - VI ZR 452/13, r+s 2014, 491 Rn. 11).
Randnummer14
Dies gilt auch weiterhin, obwohl eine große Vielzahl von Vollkaskoversicherungsverträgen den Verzicht auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit im Sinne des § 81 Abs. 2 VVG vorsehen, um im Hinblick auf § 103 VVG einen Gleichlauf zwischen Haftpflicht- und Kaskoversicherung herzustellen. Denn die Lückenschließung erfolgt nach § 306 Abs. 2 VVG, soweit - wie hier - vorhandenen, allein anhand der gesetzlichen Vorschriften, die einen angemessenen Interessenausgleich vorsehen (vgl. nur BGH Urt. v. 15.7.2014 - VI ZR 452/13, r+s 2014, 491 Rn. 13 f.).
Randnummer15
bb) Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv und subjektiv schweren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus.(...)"
Danach kann Enterprise also auch einen höheren als den Betrag von 1150 € von Ihnen verlangen, wenn Ihnen Grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann.
E wir das Gutachten dazu benutzen.
Im Prozess müssten Sie spätestens ein Gegengutachten beantragen, besser ein solches schon vorab erstellen lassen um nachzuweisen, wie Sie schreiben:
„da ich weiß, dass ich nichts falsch gemacht habe und dass die Bremsen in der richtigen Position und oben waren"
Im Gegen-Gutachten müsste dies berücksichtigt werden. Sie sollten auch Zeugen anführen. Ganz klar ist mir allerdings nicht, was Sie meine wenn Sie schreiben:
„ Die Bremsen waren gelöst," Meinen Sie damit, dass die Handbremse „angezogen" war?
Weiter ist mir nicht klar, ob mit „Fehlbedienung" E meint, dass die Handbremse NICHT „angezogen" war od was sonst man Ihnen vorwirft, wie es dazu gekommen ist, dass der Wagen rollte. Hatten Sie denn – wenn die Handbremse NICHT „angezogen" war – einen Gang eingelegt?
WEITERER Ausblick:
Selbst wenn Grobe Fahrlässigkeit beweisbar wäre, würde es bei einer Klausel wie oben aus
den Enterprise Autovermietung Deutschland B.V. & Co. KG Mietbedingungen für Kraftfahrzeuge (wohl aus 2019)
auf die SCHWERE DES VERSCHULDENS ankommen.
Das OLG Hamm hat in dem Fall sie des Mieters als „im mittleren Bereich anzusiedeln und vorliegend mit 50 % zu bemessen" erachtet.
Es hat ausgeführt:
„(1) Eine pauschale 100 %ige Haftung im Falle grober Fahrlässigkeit entspricht nicht dem Leitbild des § 81 Abs. 2 VVG (vgl. BGH Urt. v. 15.07.2014 - VI ZR 452/13, r+s 2014, 1135 Rn. 12 a. E.), wonach eine Kürzung im Einzelfall nach der Schwere des Verschuldens im konkreten Einzelfall zu erfolgen hat (vgl. BGH Urt. v. 15.07.2014 - VI ZR 452/13, r+s 2014, 1135 Rn. 17), wenn auch es in Ausnahmefällen durchaus zu einer 100 %igen Haftung (vgl. BGH Urt. v. 22.6.2011 - IV ZR 225/10, BGHZ 190, 120 Rn. 20-33; BGH Urt. v. 11.1.2012 - IV ZR 251/10, r+s 2012, 166 Ls. 1 und Rn. 9 f.) und umgekehrt zu gar keiner Haftung kommen kann8:::92
Insgesamt kam es dann zu folgendem Ergebnis:
„bb) Vor diesem Hintergrund ist der Anspruch der Klägerin wie folgt zu berechnen:
Randnummer42
Der Schaden beläuft auf 7.982,06 EUR. (BEI IHNEN 5000€)
Randnummer43
Der gegenläufige Anspruch auf Haftungsfreistellung des Beklagten zu 2 beläuft sich hingegen nur auf den Schadensbetrag abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung in Höhe von 1.100,00 EUR (BEI Ihnen 1150€) nach Ziff. 9 des Mietvertrages, die trotz der Unwirksamkeit der Ziff.10 des Mietvertrages fortbestehend zu zahlen ist.
Randnummer44
Die verbleibenden 6.882,06 EUR ((BEI IHNEN AUF 5000 – 1150= 3850€) als "Leistungsbetrag" der Klägerin sind sodann um 50 % auf 3.441,03 EUR zu kürzen. (BEI IHNEN WÄRE DIES AUF 1925€)
Randnummer45
Der Beklagte zu 2 bleibt mithin zur Zahlung von 3.441,03 EUR zuzüglich der ohnehin fälligen Selbstbeteiligung in Höhe von 1.100,00 EUR, also insgesamt 4.541,03 EUR verpflichtet. (BEI IHNEN WÄRE DIES AUF 3.075€)
Wie ausgeführt aber nur, wenn Sie
1) wie von E zu beweisen wäre, grob fahrlässig gehandelt hätten
2) und Ihr Verschulden im mittleren Bereich anzusiedeln wäre
Die Antwort dient lediglich einer ersten rechtlichen Einschätzung, die eine persönliche und ausführliche Beratung durch einen Rechtsanwalt vorOrt ersetzen kann, ist jedoch rechtsverbindlich. Das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben kann aber möglicherweise zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen.
Es macht in Ihrem Fall Sinn, sich durch einen Anwalt vor Ort ggf mithilfe von Beratungshilfe vertreten zu lassen, ein Gegengutachten erstellen lassen und im Prozess PKH zu beantragen.
Mit freundlichen Grüßen DR. WINKELMANN (RECHTSANWALT)
Antwort
vonRechtsanwalt Dr. Aljoscha Winkelmann
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