Bundesland erbt unbezahltes Haus mit Grundschuld

Question

Sehr geehrte Damen und Herren,    der Vorgang zu dem ich gerne den Rat eines Rechtsanwalts hätte, ist folgender.    Ich hatte vor einigen Jahren ein Haus im Stadtkern einer sächsischen Stadt auf Ratenkauf für einen fünfstelligen Betrag an einen älteren Mann verkauft. Der Käufer zog mit seinen KIndern dort ein. Nach relativ kurzer Zeit kamen keine Raten mehr und der Käufer reagierten nicht auf Zahlungsaufforderungen.&#160;    Als ich die Zwangsvollstreckung und die Rückgängigmachung des Kaufvertrags androhte, änderten sie ihre mailadresse und Telefonnummer und verschwanden nach Spanien. In der Folgezeit wurde nichts mehr bezahlt und nach gewisser Zeit erhielt ich Post einer Anwaltskanzlei&#160; mit der Nachricht, dass mein Käufer nun verstorben wäre und die Angehörigen das Erbe ausgeschlagen hätten. Und dass das Land Hessen die Immobilie geerbt hätte, mit der für mich eingetragenen Hypothek auf dem Grundstück&#160; Ich antwortete, dass die Grundschuld Bestand hat und das Haus nicht bezahlt worden war.&#160;    In der Folge bekam ich nun Post vom Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen, ob ich dem freihändigen Verkauf zustimmen würde oder die Zwangsversteigerung vorziehen würde.&#160; Der Landesbetrieb erklärte mir, dass bereits ein Verkehrswertgutachten erstellt worden war, der Wert ebenfalls 5 stellig ist, aber knapp unter dem Grundschuldbetrag.&#160; &#160;    Der Landesbetrieb machte den Vorschlag, das Haus in einer vierwöchigen Online-Auktion auf ihrer Internetseite anzubieten. Oder alternativ sollte ich die Zwangsversteigerung beantragen, ich bin am Überlegen, was nun die bessere Lösung wäre. Ich würde in der Höhe der Grundschuld entschädigt werden, falls der Zuschlag über der Grundschuld liegen sollte. Im geringsten Gebot würde&#160;der Landesbetrieb seine Auslagen, Kosten Gutachten, Grundsteuer etc. geltend machen.&#160;    Was wäre die bessere Möglichkeit?

Rechtsanwalt Cedric Hohnstock · Accepted Answer

Antwort vom Rechtsanwalt: Sehr geehrte&lpar;r&rpar; Fragesteller&lpar;in&rpar;,    zunächst möchte ich Ihnen sagen: Ihr Anliegen ist juristisch komplex und zugleich emotional belastend. Sie haben vertrauensvoll verkauft, wurden im Zahlungsverhalten enttäuscht, und sehen sich nun &#8211; nach Wegzug un**d Tod des Käufers &#8211; mit einer nachlassrechtlichen Sondersituation konfrontiert. In dieser Konstellation ist es meine Aufgabe, Ihnen verlässlich aufzuzeigen, wie Sie Ihre dinglichen Rechte wirtschaftlich bestmöglich realisieren &#8211; und welche Option unter dem Strich voraussichtlich den höheren, sichereren und schnelleren Erlös bringt.    Ausgangslage &#8211; rechtlicher Rahmen in Kürze    Eigentum/Nachlass/Fiskuserbrecht: Da der Käufer verstorben ist und die Erb:innen ausgeschlagen haben, ist das Land Hessen als Fiskus Erbe geworden &lpar;&#167; 1936 BGB&rpar;. Der Fiskus haftet für Nachlassverbindlichkeiten grundsätzlich nur mit dem Nachlassvermögen, nicht mit dem Landesvermögen &lpar;&#167; 2011 BGB&rpar;.    Ihre dingliche Sicherung: Nach Ihrer Schilderung besteht zugunsten von Ihnen eine im Grundbuch eingetragene Grundschuld &lpar;teils sprechen Sie von &#8222;Hypothek"; praktisch wird überwiegend die Grundschuld als Sicherungsrecht verwendet, &#167; 1191 BGB; für die Durchsetzung gilt &#167; 1192 BGB i.V.m. &#167; 1147 BGB&rpar;. Aus einer vollstreckbaren Grundschuldbestellungsurkunde mit Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung &lpar;&#167; 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, &#167; 800 ZPO&rpar; können Sie regelmäßig die Zwangsversteigerung betreiben &lpar;&#167;&#167; 15 ff. ZVG&rpar;.    Ablösungsrechte: Der Eigentümer darf Grundpfandrechte ablösen &lpar;&#167; 1142 BGB&rpar;; Dritte haben ein gesetzliches Ablösungsrecht &lpar;&#167; 268 BGB&rpar;. Bei einem freihändigen Verkauf wird Ihr Recht typischerweise gegen Zahlung der Valuta &lpar;inklusive vereinbarter Zinsen und Kosten nach Grundbuchlage/Sicherungsabrede&rpar; erfüllt; sodann erteilen Sie eine Löschungs- bzw. Freigabebewilligung.    Verteilung im Versteigerungsverfahren: In der Zwangsversteigerung erfolgt die Verteilung nach &#167; 10 ZVG &lpar;Rangverhältnisse, privilegierte Forderungen, Verfahrenskosten etc.&rpar;. Nicht alle Nebenleistungen &lpar;insbesondere ältere dingliche Zinsen&rpar; werden vollumfänglich realisiert; es gelten strenge Rang- und Zeitgrenzen der Bevorrechtigung. Die Verfahrenskosten und bestimmte öffentliche Lasten haben Vorrang.    Optionen im Vergleich &#8211; freihändiger Verkauf vs. Zwangsversteigerung    **A. Freihändiger Verkauf &lpar;hier: Online-Auktion über den Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen&rpar;    Vorteile:    Marktpreisnähe: Freihändige Verkäufe erzielen erfahrungsgemäß tendenziell höhere Erlöse als Zwangsversteigerungen, weil Erwerber:innen Finanzierung, Besichtigung, Due Diligence und Transaktionssicherheit anders gewichten. Das erhöht die Bietneigung.    Flexible Strukturierung: Sie können Ihre Zustimmung an Bedingungen knüpfen &lpar;Zug-um-Zug-Zahlung der vollständigen Ablösesumme; Mindestkaufpreis; Kostenlasten; Fristen&rpar;. Sie können Vertragsklauseln verhandeln, die Ihre Stellung absichern &lpar;u.a. Nachweis unwiderruflicher Zahlungsanweisung, Treuhandabwicklung über Notar&rpar;.    Vollständigere Befriedigung: Außerhalb der Zwangsversteigerung können auch ältere Zins- und Kostenbestandteile anhand der Sicherungsabrede/Valutierung und Grundbuchzinsen &lpar;dingliche Zinsen&rpar; beglichen werden; Sie sind nicht auf die zVG-spezifischen Begrenzungen der Verteilung angewiesen.    Risiken/Zu beachtende Punkte:    Auktionsformat und Zeitachse: Eine vierwöchige Online-Auktion kann &#8211; je nach Reichweite, Marketing und Startpreissetzung &#8211; zwar effizient sein, aber sie muss nicht zwingend den bestmöglichen Marktpreis generieren. Ohne Mindestpreis-Mechanik oder flankierende Vermarktung droht ein &#8222;Rabatt-Effekt".    Kostenpositionen des Landesbetriebs: Gutachten-, Bewirtschaftungs- oder Steuerauslagen des Eigentümers sind bei einem freihändigen Verkauf Verhandlungssache. Diese sind nicht automatisch &#8222;vorrangig" gegenüber Ihrer Grundschuld. Ich empfehle, vertraglich klarzustellen, dass Ihre Ablösesumme ungekürzt zu bedienen ist und die Eigentümerkosten nicht vorweg abgezogen werden.    Verkehrswert knapp unter Grundschuld: Wenn der aktuelle Verkehrswert knapp unter Ihrer Grundschuld liegt, ist entscheidend, ob das Bietinteresse einen über dem Verkehrswert liegenden Preis erzeugen kann. Ein freihändiger Verkauf mit intelligenter Vermarktung kann das eher leisten als eine Zwangsversteigerung.    **B. Zwangsversteigerung**    Vorteile:    Durchsetzungssicherheit: Wenn die Unterwerfung nach &#167; 800 ZPO vorliegt, können Sie unmittelbar die Zwangsversteigerung beantragen &lpar;&#167; 15 ZVG&rpar;. Das Verfahren ist formalisiert, der Zuschlag schafft klare Besitz-/Rechtsverhältnisse.    Unabhängigkeit vom Eigentümer: Sie sind nicht darauf angewiesen, dass der Fiskus ein bestimmtes Verkaufsformat akzeptiert oder zügig umsetzt.    Risiken/Zu beachtende Punkte:    Erlösrisiko: Zwangsversteigerungen erzielen nicht selten geringere Zuschläge als freihändige Verkäufe, insbesondere bei Objekten mit Instandhaltungsstau, eingeschränkter Besichtigbarkeit oder enger Bieterbasis. Bei Verkehrswert knapp unter der Grundschuld ist das Unterdeckungsrisiko real.    Zeit und Kosten: Realistisch sind &#8211; je nach Amtsgericht &#8211; 9 bis 18 Monate bis zum Zuschlag. Zudem fallen Verfahrenskosten an, die vorab aus dem Versteigerungserlös bedient werden &lpar;&#167; 10 ZVG&rpar;.    Verteilungsregeln: Die zVG-spezifischen Rang- und Zinsregeln führen oft dazu, dass nicht die gesamte Nebenleistung realisiert wird. Auch bestimmte öffentliche Lasten des Grundstücks genießen Vorrang gegenüber nachrangigen Bestandteilen.    Geringstes Gebot/Bestandteile: Das &#8222;geringste Gebot" umfasst bestehenbleibende Rechte und bar zu zahlende Kostenpositionen nach Gesetz &lpar;z.B. &#167; 44, &#167; 54 ZVG&rpar;. Eigene Auslagen des Eigentümers &lpar;Gutachten etc.&rpar; zählen grundsätzlich nicht per se zu den privilegiert zu berücksichtigenden Positionen &#8211; hier kommt es auf die Rechtsnatur an. Eine pauschale Ankündigung, der Landesbetrieb werde &#8222;im geringsten Gebot" seine Auslagen geltend machen, ist jedenfalls kein Automatismus, der Ihre vorrangige Befriedigung aushebelt.    Rechtliche Empfehlung aus meiner Sicht    Unter den von Ihnen geschilderten Parametern &lpar;Verkehrswert knapp unterhalb der Grundschuld, Interesse des Fiskus am freihändigen Verkauf, vorhandene Grundschuldabsicherung&rpar; spricht die Praxis regelmäßig für einen freihändigen Verkauf &#8211; allerdings nur, wenn Sie die Zustimmung mit klaren, schützenden Bedingungen verknüpfen. Damit minimieren Sie das Risiko eines &#8222;Billig-Zuschlags" und erhöhen die Chance, dass Ihre Forderung näher an der Vollbefriedigung liegt als im Zwangsversteigerungsverfahren.    Konkret würde ich Folgendes vorschlagen:    Zustimmung nur gegen vertraglich fixierten Mindestkaufpreis: mindestens in Höhe der valutierenden Grundschuld zzgl. dinglicher Zinsen &lpar;gemäß Eintragung&rpar; und der besicherten Nebenleistungen. Liegt kein Käufer oberhalb dieses Mindestpreises, entfällt Ihre Zustimmung.    Zahlung Zug um Zug: Notarielle Abwicklung mit Treuhandauflage, wonach die Löschungs-/Freigabebewilligung erst nach unwiderruflichem Zahlungseingang Ihrer vollständigen Ablösesumme erteilt wird.    Klare Kostenallokation: Schriftlich festhalten, dass Eigentümerkosten &lpar;Gutachten, Bewirtschaftung, Grundsteuer-Rückstände&rpar; nicht die Ablöse Ihrer Grundschuld schmälern. Öffentliche Lasten sind gesondert zu prüfen; sie sind rechtlich anders zu behandeln als einfache Auslagen des Eigentümers.    Vermarktungsqualität absichern: Statt einer reinen Vierwochen-Online-Auktion ohne Netz und doppelten Boden sollte ein geordnetes Bietverfahren/Maklervertrieb oder eine hybride Lösung mit Mindestpreis und belastbarer Käuferqualifikation geprüft werden. Kurze Auktionen ohne breite Vermarktung erzeugen häufig Untererlöse.    Fristsetzung: Dem Landesbetrieb eine angemessene Frist zur Vorlage eines bindenden Kaufangebots oberhalb des Mindestpreises setzen; nach fruchtlosem Ablauf erfolgt die Einleitung der Zwangsversteigerung.    Sollte der Landesbetrieb die genannten Sicherungen nicht akzeptieren oder sich zeitlich verzögern, rate ich zum Antrag auf Zwangsversteigerung. Voraussetzung ist, dass Ihnen die vollstreckbare Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung vorliegt.     Ich hoffe, dass ich Ihnen behilflich sein konnte und wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag.    Mit freundlichen Grüßen    Cedric Hohnstock  Rechtsanwalt

Bundesland erbt unbezahltes Haus mit Grundschuld

Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung

Rechtsanwalt Cedric Hohnstock

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