Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich möchte diese anhand des geschilderten Sachverhaltes im Rahmen dieser Erstberatung wie folgt beantworten:
Einen im Gesetz verankerten Versetzungsanspruch eines Angestellten gibt es leider grundsätzlich nicht. Ein Arbeitnehmer hat nur dann einen Rechtsanspruch auf einen bestimmten Arbeitsplatz/-bereich, wenn sich dieses direkt aus dem Arbeitsvertrag ergibt, da ansonsten nur der Arbeitgeber aufgrund seines so genannten Direktionsrechtes bestimmen kann, wo und wie er den Arbeitnehmer einsetzt (LAG Rheinland-Pfalz, Az. 10 Sa 612/04
). Die Entscheidung des Arbeitgebers über ein Versetzungsgesuch erfolgt also nach dessen pflichtgemäßem Ermessen.
Bezogen auf die Tätigkeit, die Sie künftig ausüben wollen, dürfte es sich dann auch um eine Versetzung i. S. des § 99 Abs. 1 BetrVG
handeln (vgl. BAG, Beschl. v. 16.12.1986 - 1 ABR 52/85
). Dies hat zur Folge, daß der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen hat. Dieser wiederum kann die Zustimmung nur aus den in § 99 Abs. 2 BtrVG aufgeführten Gründen verweigern.
Das Recht zur Versetzung ist also nur ein Unterfall des Weisungs- und Direktionsrechts des Arbeitgebers. Allein der Arbeitsvertrag bestimmt in erster Linie die Grenzen dieses Rechts. Da ich den genauen Inhalt Ihres Arbeitsvertrages nicht kenne, ist eine abschließende Aussage hierzu leider hier nicht möglich. Gern können Sie mir den Arbeitsvertrag aber bei Bedarf nochmals zusätzlich im Rahmen einer Direktanfrage für einen diesbezügliche Überprüfung vorlegen. Ist hiernach eine Versetzung nicht möglich, so bedarf es zur Übertragung einer anderen Arbeit grundsätzlich eines im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer geschlossenen Änderungsvertrages oder einer Änderungskündigung seitens des Arbeitgebers.
Nur in besonderen Ausnahmefällen (z. B. bei schwerwiegenden persönlichen Gründen) kann im Einzelfall ein Versetzungsgesuch unabweisbar sein, so dass der Arbeitgeber diesem dann zustimmen müsste. Das Bundesarbeitsgericht leitet daher einen Versetzungsanspruch nur zum Teil unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ab. Dies könnte aber nach der Rechtsprechung allenfalls dann angenommen werden, wenn in Ihrer Person ein von Ihnen nicht verschuldeter besonders schwerwiegender Grund vorliegt.
Nach Ihrem Sachvortrag ist hiervon aber meines Erachtens (noch) nicht ohne Weiters auszugehen. Lediglich der persönliche Wunsch bzw. Wille ist für die begehrte Versetzung leider nicht ausreichend. Eventuell können Sie aber duch eine weitergehende ärztliche Untersuchung erreichen, dass medizinisch festgestellt wird, dass Ihr derzeitiger Arbeitsplatz für Sie zu gesundheitlichen bzw. psychischen Problemen führt.
Insoweit können Sie dannn mittels entsprechender Atteste Ihr Versetzungsgesuch aufrechterhalten. Ihr Arbeitgeber ist aber wie aufgezeigt nicht zwingend zur Gewährung einer anderen Stelle rechtlich verpflichtet, lediglich im Zusammenhang mit entsprechenden ärztlichen Feststellungen könnte sich dies wie aufgezeigt aus der Fürsorgepflicht ergeben. In diesem Zusammenhang wäre es zumindest sinnvoll, noch einmal ein konstruktives Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber und Betriebsrat zu führen, um zu klären, ob die begehrte Stelle dann nicht aus solchen Gründen für Sie vorgesehen werden könnte.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen ersten Überblick verschaffen und meine Ausführungen helfen Ihnen weiter. Ansonsten wünsche ich noch einen schönen Sonntag und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Thomas Joschko
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Joschko,
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Ich habe mir schon gedacht, dass ein Versetzungsgesuch nicht so einfach vom Arbeitgeber erfüllt werden muss.
In meinem Arbeitsvertrag steht nur, dass ich als Arztsekretärin im Hause arbeite. Wo ich diese Tätigkeit ausübe, ist nicht festgehalten.
Ich bin in der Klinik 1 von 4, demnächst 5, Arztsekretärinnen. Jede hat ihr eigenes Büro, 3 davon in einem anderen Haus/Trackt der Klinik, wo ich gerne hinmöchte. Die Arbeiten sind fast identisch, nur, dass es in dem anderen Büro lange nicht so stressig zugeht, wie an meinem derzeitigen Platz.
Die Stelle bzw. Aufstockung einer 5. Sekretärin steht gerade zur Neubesetzung frei (sie suchen händeringend nach einer neuen Sekretärin).
Ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, neu zu besetzende Stellen im Hause erst einmal auszuhängen und Bewerbungen von Mitarbeiter/innen bevorzugt zu behandeln?
Dann könnte ich mich doch einfach für diese Stelle bewerben, oder?
Hinzu kommt, das ich in den lezten Jahren wirklich ernsthafte psychische Probleme durch den massiven Stress entwickelt habe, und dieses Jahr war es sehr extrem. Ich war 2010 schon 2 x 6 Wochen krank, weil ich erschöpft und ausgelaugt war. Ich leide mittlerweile an starken Depressionen und Angststörungen mit wahrscheinlich hierdurch ausgelösten körperlichen Beschwerden.
Ein Attest wird mir gerade vom Hausarzt hierüber ausgestellt.
Liegt ein Versetzungswunsch aus "gesundheitlichen Gründen" ebenfalls nur im Ermessen des Arbeitgebers, diesem zuzustimmen?
Schwerwiegende "persönliche Gründe" habe ich des Weiteren in der Zusammenarbeit mit meiner unmittelbaren Kollegin, die mir nur Steine in den Weg legt und mir wo sie nur kann eins Auswicht. Ich würde es mal ganz vorsichtig als Mobbing bezeichnen..
Aber dieses Thema ist ein zu "heißes Eisen" für mich und würde es, wenn überhaupt, höchstens am Rande als Zusatz erwähnen.
Sehen Sie hier Möglichkeiten einer Versetzung?
Wie sieht es mit einer Bewerbung und der Bevorzugung von Mitarbeiter/innen bei neu zu besetzenden Stellen aus?
Besten Dank im Voraus und
mit freundlichen Grüßen
Heidi Petry
Sehr geehrte Fragestellerin,
gern beantworte ich Ihre Nachfrage noch wie folgt:
Wenn es bei Ihnen nachweislich im Zusammenhang mit dem derzeitigen Arbeitsplatz schon zu gesundheitlichen Problemen gekommen ist und Sie außerdem gemobbt werden (wogegen Ihr Arbeitgeber verpflichtet ist, durch geeignete Maßnahmen einzuschreiten), haben Sie zumindest eine gute Chance, dass Ihr Versetzungswunsch wegen der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers berücksichtigt werden muss. Dies setzt natürlich voraus, dass sich dieser Zustand im Rahmen des begehrten, neuen Arbeitsplatzes aller Voraussicht nach ändern würde. Sie sollten mit dem Arbeitgeber daher wie schon erwähnt in diesem Sinne unter Darlegung dieser Gründe ein entsprechend konstruktives Gespäch führen.
Eine Vorschrift, dass Mitarbeiter bei neu ausgeschriebenen Stellen bevorzugt berücksichtigt werden müssen, gibt es ansonsten leider nicht. Es steht dem Arbeitgeber auch frei, die Stelle nur intern oder allgemein auszuschreiben. Möglichkeiten in dieser Richtung gibt es allenfalls bei Beamten im öffentlichen Dienst, aber auch dort im Grunde nur sehr eingeschränkt.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Joschko
Rechtsanwalt