Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Die steuerliche Behandlung von Pensionskassenverträgen, die vor 2005 geschlossen wurde, kann im Einzelfall kompliziert sein. Damals war nicht nur möglich bis zur genannten Grenze von 4 % der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung (West) steuerfrei Beiträge in die Pensionskasse einzuzahlen (§ 3 Nr. 63 EStG
), sondern dieser Betrag konnte noch um weitere (maximal) 1.752 EUR jährlich pauschalversteuert aufgestockt werden (§ 40b EStG
alte Fassung).
Wenn Sie nicht mehr als 4 % BBG als Beitrag eingezahlt haben, unterliegt die Kapitalauszahlung der vollen Versteuerung (nach § 22 Nr. 5 EStG
). Im Ergebnis heißt dies, die Kapitalauszahlung (ggf. abzüglich des Altersentlastungsbetrags) ist im Jahr des Bezugs Teil des Einkommens und wird gemäßt des individuellen Einkommenssteuersatzes besteuert.
Haben Sie aber Gebrauch vom pauschalversteuerten Aufstockungsbetrag gemacht oder den Vertrag zwischenzeitlich privat fortgeführt (also Beiträge selbst aus dem Nettoeinkommen gezahlt) so unterliegen die Leistungen, soweit sie auf diesen Beitragszahlungen zurück gehen, nicht der Steuerpflicht.
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Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 14.10.2015 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Vielen Dank für die rasche Antwort. Dazu habe ich im Bezug auf vergleichbare Fälle bei Altverträgen (vor 2005) mit Kapitalwahlrecht ein Verständnisproblem und bitte nochmal um eine klärende Rückinformation.
Siehe dazu die Entscheidung des FG-Rheinland Pfalz, Urteil vom 19.5.2015 Az 5 K 1792/12 und die Antwort von RA Andre Jahn in Frag-einen-Anwalt vom 30.5.2014 zum Thema "Einmalige Kapitalauszahlung Pensionskasse".
Auf Ihre Rückantwort freue ich mich, vielen Dank!
Sehr geehrter Fragesteller,
herzlichen Dank für die verständige Nachfrage zu dieser spannenden Thematik und den Hinweis auf die frühere Antwort des Kollegen Herrn Rechtsanwalt Jahn.
Bei vielen im Internet zu findenden Ratgebern wird immer nur zwischen Altzusage vor 2005 und Neuzusage nach 2005 unterschieden. Das greift zu kurz, denn gemeint ist in der Regel die Neuregelung zum 1.1.2005 bei Direktversicherungen. Diese konnten erst seit 2005 auch im Rahmen von § 3 Nr. 63 EStG
geführt werden (steuerfreie Beitragszahlung), während sie vorher (nach § 40b EStG
alte Fassung) mit pauschalversteuerten Beiträgen bezahlt wurden.
Die Faustregel hier lautet:
pauschalversteuerte Beitragszahlung - steuerfreier Leistungsbezug
(Prinzip: vorgelagerte Pauschalversteuerung)
Pensionskassenverträge konnten aber bereits vor 2005 nach § 3 Nr. 63 EStG
geführt werden. Hier erfolgt die Beitragszahlung steuerfrei. Die Leistungen sind dagegen zu versteuern.
Faustformel:
steuerfreie Beitragszahlung - Besteuerung der Leistungen
(Prinzip: nachgelagerte Besteuerung)
Kompliziert wird es bei alten Pensionskassenverträgen von vor 2005, die nach § 3 Nr. 63 EStG
bedient wurden, bei denen aber mehr Beitrag gezahlt wurde, als die Grenze von § 3 Nr. 63 EStG
hergab. Es konnte nämlich pauschaltversteuerter, zusätzlicher Beitrag nach § 40b EStG
alte Fassung gezahlt werden. Die korrespondierenden Mehrleistungen der Pensionskasse aufgrund dieser pauschalversteuerten Beiträge wären dann steuerfrei.
Dies scheint mir aber nach Ihren Beschreibungen (steuer- und sozialabgabenfreie Zahlung nach § 3 Nr. 63 EStG
) nicht der Fall gewesen zu sein.
Meines Erachtens bleibt es daher bei der Steuerpflichtigkeit der Kapitalauszahlung.
Das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz betrifft, wie Sie wahrscheinlich wissen, die Frage, ob die Kapitalauszahlung aus der Pensionskasse, wie bei Leistungen aus unmittelbaren Pensionszusagen, Unterstützungskassen oder Basisrentenversicherungen üblich, auch in den Genuss der Progessionsmilderungsregelung nach § 34 EStG
kommt. Dann könnte, vereinfacht gesagt, die Steuerlast aus der Einmalkapitalzahlung auf fünf Jahre verteilt werden.
Die wohl herrschende Meinung hierzu besagte bisher, dass eine Anwendung des § 34 EStG
auf Pensionskassenleistungen nicht in Betracht kommt. So sieht dies üblicherweise auch die Finanzverwaltung. Hierfür sprechen die Systematik und der Wortlaut des Einkommensteuergesetzes.
Das FG Rheinland-Pfalz argumentiert, dass dies eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung der verschiedenen Anlageformen darstellt.
Hierbei handelt es sich bisher aber noch um einen Einzelfall. Ob sich diese Wertung zu einer gefestigten Rechtsprechung entwickelt, insbesondere ob der BFH dieser Linie folgt, lässt sich derzeit noch nicht absehen. Das Gericht hat die Revision zum BFH zugelassen.
Wenn Ihr Anliegen die Inanspruchnahme des § 34 EStG
ist, kann Ihnen hier aktuell niemand eine seriöse Erfolgsprognose erteilen. In diesem Fall sollten sie die Beantragung der Progressionsmilderung nach § 34 EStG
aber unter Verweis auf dieses Urteil stellen.
Ich hoffe ich konnte Ihnen verständlich Auskunft in diesem einerseits sehr komplexen und andererseits rechtlich auch noch in Bewegung befindlichen Themengebiet geben.
Mit freundlichen Grüßen
Falk Mäde-Heck