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Besichtigung, Kaufinteressenten

13. Juni 2020 11:50 |
Preis: 52,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Hallo,
wir haben folgendes Problem: wir sind vor 2 Jahren in ein Haus gezogen, zur Miete. Wir gingen davon aus dass wir hier auch mindestens die nächsten 15 Jahre erstmal bleiben, ob nun als mieter oder weil wir das haus evtl irgendwann kaufen wollten.
Wir haben eine neue hochwertige Küche eingebaut, ganz zu schweigen von Ankleidezimmer, Bademöbeln und Gartengestaltung, alles passgenau, angekommen. Familienplanung steht an, mit 37 hoffen wir dass dem noch nichts im wege steht.

Nun will der Vermieter das haus verkaufen. Zu einem enormen Preis über dem Verkehrswert. Wir hatten einen Gutachter zu rate gezogen, der bestätigte uns nach sichtung aller vorgelegten unterlagen, ohne Begehung und damit ohne aufnahme der Mängel- dass das haus höchstens bei 250000 liegt. Wir wären auch bereit etwas mehr zu zahlen, da wir ja ein besonderes interesse haben. Aber der vermieter bleibt bei seiner vorstellung von 360000. Er kommt nächste woche mit 2 kaufinteressenten.

Zwischenzeitlich haben wir das grundstück gekauft, um uns entweder den unverbauten blick zu sichern- sollten wir hier bleiben- oder um später dann eben dorthin zu bauen.

Frage1: darf ich den kaufinteressenten bei besichtigung raten sich einen gutachter zu nehmen oder ihnen eine kopie des gutachtens vorzeigen/ mitgeben ohne dafür belangt werden zu können?

Frage2: dürfen wir nebenbei mitteilen das nachbargrundstück gekauft zu haben und dementsprechend den käufern direkt vor die nase bauen werden, und dass dies dementsprechend dauern kann?

Darf ich überhaupt was sagen- was sich auf mängel, kaufpreis usw bezieht uns somit einen interessenten gewollt verprellen kann, solang es der wahrheit entspricht und auf sachlichem niveau bleibt?

Frage 4: darf ich um die personalien bitten- da coronazeit- und die interessenten später kontaktieren um ihnen die hinweise zu geben?


Ich kann mir nicht vorstellen dass bei so viel geld jemand einfach zuschlägt und 100000 über wert kauft, wobei er ja dann das selbe im laufe der zeit nochmal reinstecken muss, da seit bau in 91 nichts erneuert wurde. Ohne gutachter. Aber man sagt mir immer wieder-jeden tag steht jemand auf.



Für ihre hilfe wären wir wirklich sehr dankbar.

Mit freundlichen grüßen

H. Müller

13. Juni 2020 | 14:10

Antwort

von


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Sehr geehrte Ratsuchende,

lassen Sie mich Ihre Frage wie folgt beantworten.

Zunächst einmal ist alles erlaubt, was nicht verboten ist.

1.
Sie dürfen daher auch mit Interessenten sprechen und wahre Tatsachen berichten und auch Ihre Meinung sagen und auch eine Kopie des Gutachtens mitgeben.

2.
Sie dürfen auch mitteilen, wenn Sie das Nachbargrundstück erworben haben und "möglicherweise" beabsichtigen darauf zu bauen. Ihre Aussage müssen wahr sein.

3.
Das dürfen Sie.
Moralische Verwerflichkeit ist zunächst keine juristische Kategorie.

4.
Sie dürfen um die Personalien bitten. Herausgeben müssen diese sie aber nicht.

5.
Da Ihr Verhalten direkt darauf abzielt, dem Eigentümer zu schaden (Nichtveräußerung des Hausgrundstücks [zu einem hohen Preis], könnte der Nachbar auf die Idee kommen, einen Anspruch auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung § 826 BGB bzw. einen Anspruch auf Unterlassung (§ 1004 Abs. 1 BGB analog) der Äußerungen geltend zu machen.

Sittenwidrigkeit liegt vor bei einem Verstoß gegen das »Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden«.

Auch möchte ich auf § 226 BGB verweisen: "Die Ausübung eines Rechts ist unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen."

Sie müssten allein den Zweck haben, dass das Grundstück nicht veräußert wird.

Es genügt aber auch der Zweck, das Grundstück für sich selbst zu sichern:

Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG), Beschl. v. 10.07.2003 - 2Z BR 56/03 - hat einen ähnlichen Fall (unter Wohnungseigentümern) bereits entschieden und einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 826 BGB bejaht:

"Das Landgericht ist auf Grund der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass der Antragsgegner, der selbst an einem Erwerb der Wohnung interessiert war, durch eine Vielzahl von Handlungen systematisch Kaufinteressenten vom Erwerb der Wohnung abgehalten habe."
(BayObLG, 10.07.2003 - 2Z BR 56/03 , Rn. 9)

"Auf Grund der Zeugenaussage ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Zeuge ohne das Verhalten des Antragsgegners die Wohnung gekauft hätte."
(BayObLG, 10.07.2003 - 2Z BR 56/03 , Rn. 10).

Der erste Leitsatz der Entscheidung lautet allgemein:

"Werden Interessenten vom Kauf einer Eigentumswohnung durch Einwirkungen eines anderen Wohnungseigentümers abgehalten, kann dies Schadensersatzansprüche gegen diesen Wohnungseigentümer wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung begründen."

6.
Aus anwaltlicher Vorsicht ist daher zu Zurückhaltung zu raten, denn auch wenn jeder Punkt oben für sich zulässig ist, so kann in der Summe der Handlungen eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu sehen sein, wie das Beispiel des BayObLG zeigt.

Dort stand allerdings zur Überzeugung des Gerichts fest, dass durch die EInwilrung des Nachbar, die Wohnung zu einem deutlich niedrigeren Preis erworben wurde.

Hier ist es ratsam, auch die Entscheidungen der Vorinstanzen (LG Nürnberg-Fürth, 27.03.2003 - 14 T 5727/02 ; AG Schwabach - 3 UR II 49/01 ) zu prüfen, die mir aktuell nicht vorliegen.

7.
Sie sollten dann allenfalls erzählen, dass Sie auch an dem Grundstück interessiert sind, dann kommen Sie ins Gespräch und erfahren, ob den Interessenten 360.000 € auch zu hoch sind.


Mit freundlichen Grüßen

Peter Eichhorn
Rechtsanwalt


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