Sehr geehrter Fragesteller,
aufgrund der Neuregelung der Beitragsbemessung für freiwillig Versicherte wird nunmehr rückwirkend anhand des Steuerbescheides die Beitragshöhe festgesetzt, ähnlich wie der Steuerzahlung.
Dieses Vorgehen und die dazu durch den Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen geschaffenen "Einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge" sind auch durch das Bundessozialgericht nicht beanstandet worden und insbesondere die nur zeitlich versetzte Anpassung wurde für grundsätzlich rechtmäßig befunden
Urteil vom 19. Dezember 2012, B 12 KR 20/11 R
:
Zitat:Die „Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler" des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen sind als untergesetzliche Normen für sich genommen ab 1.1.2009 eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber freiwillig Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung.
Urteil vom 20. März 2006, B 12 KR 14/05 R :
Zitat:Zur Beitragsbemessung ist das Arbeitseinkommen im Sinne von § 15 SGB IV und damit der Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit, ermittelt nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts, heranzuziehen, der nicht vor Schluss des Kalenderjahres feststeht. Es können deshalb nur die Einnahmen eines bereits vergangenen Zeitraums im Sinne von § 240 Abs. 4 S. 2 SGB V nachgewiesen werden, die dann als laufende Einnahmen solange bei der Beitragsfestsetzung berücksichtigt werden, bis ein neuer Einkommensnachweis vorliegt. Diese Folge der Regelung ist im Gesetzgebungsverfahren auch erkannt worden. Nach dem Bericht des Bundestagsausschusses für Gesundheit sollte die Beitragsbemessung nach niedrigeren Einnahmen als in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze nur bei deren Nachweis, z.B. durch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides, erfolgen, was voraussetzt, dass ein vergangenheitsbezogener Einkommensnachweis wie der Steuerbescheid Grundlage für eine zukunftsbezogene Beitragsfestsetzung ist. Die damit lediglich zeitversetzt erfolgende Berücksichtigung der tatsächlichen Einnahmen der hauptberuflich Selbstständigen ist nicht zu beanstanden. Auf einen längeren Zeitraum gesehen wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zutreffend berücksichtigt, denn es erfolgt ein Ausgleich der wechselnden Einnahmen, indem sowohl die nachgewiesene Erhöhung der Einnahmen als auch deren nachgewiesene Verringerung für die zukünftige Beitragsfestsetzung jeweils bis zum Nachweis einer Änderung berücksichtigt wird.
Entscheidend sind also die Steuerbescheide. Daher wird es auch kaum möglich sein die Einkünfte aus den Veräußerungsgewinnen außen vor zu lassen, insbesondere da diese nochmals explizit als Einkünfte in den Beitragsverfahrensgrundsätzen genannt werden.
Allerdings muss die Krankenkasse Ihr Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts § 6 Abs. 3 S. 2 der Grundsätze zur Beitragsbemessung pflichtgemäß ausüben. Weiterhin sind nach § 6 Abs. 3a auf Antrag die Beiträge anzupassen, wenn diese eine unverhältnismäßige Belastung darstellen und um das Einkommen um mehr als 1/4 reduziert wurde.
Zitat:§ 6 - Nachweis der beitragspflichtigen Einnahmen
(1) Die Krankenkasse hat zur Feststellung der Beitragspflicht vom Mitglied einen
aktuellen Nachweis über die beitragspflichtigen Einnahmen, die nicht durch
Dritte gemeldet werden, zu verlangen.
(2) .....
(3) Für die Feststellung nach Absatz 1 und für die Überprüfung nach Absatz 2
ist ein Fragebogen zu verwenden, der mindestens die in Anlage 1 aufgeführten
Inhalte berücksichtigt. Die Krankenkasse entscheidet grundsätzlich nach
pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts, welche Beweismittel
(Nachweise) sie für erforderlich hält. ...
(3a) Abweichend von Absatz 3 Satz 3 Nr. 1 sind die beitragspflichtigen Einnahmen auf Antrag des Mitgliedes über einen Vorauszahlungsbescheid zur Einkommensteuer gemäß § 37 Abs. 3 EStG , ggf. ergänzt um die dem Vorauszahlungsbescheid zugrunde liegenden, den voraussichtlichen Gewinn aus der selbstständigen Tätigkeit ausweisenden Unterlagen, nachzuweisen, wenn die
Beitragsbemessung aus dem Arbeitseinkommen auf der Grundlage des aktuellen Einkommensteuerbescheides eine unverhältnismäßige Belastung darstellt.
Eine unverhältnismäßige Belastung liegt vor, wenn das angenommene Arbeitseinkommen um mehr als ein Viertel des über den Einkommensteuerbescheid zuletzt festgestellten Arbeitseinkommens reduziert ist. Sofern Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer nicht zu entrichten sind, tritt anstelle des Vorauszahlungsbescheides ein geeigneter Nachweis der Finanzverwaltung. In den Fällen des § 3 Abs. 1a ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass anstelle des Vorauszahlungsbescheides ein aktueller Entgeltnachweis zugrunde zu legen ist.
Sie sollten sich daher bemühen einen entsprechenden Vorauszahlungsbescheid oder andere Form des Nachweises nach § 6 Abs. 3a durch das Finanzamt zu erhalten und dieses umgehen im Widerspruchsverfahren nachzureichen. Dann müssen zumindest die laufenden Beiträge entsprechend angepasst werden. In vielen Fällen reicht es hier oft aus dem Finanzamt gegenüber zu erklären, dass man in diesem Jahr (und ggf. im Folgejahr) mit geringeren Einnahmen rechnet und bittet die Vorauszahlungen anzupassen. Mit dieser Anpassung haben Sie dann einen Nachweis um auch von der Krankenkasse eine Beitragssenkung zu verlangen.
Ich hoffe damit Ihre Frage zufriedenstellend beantwortet zu haben und wünschen Ihnen noch einen schönen Abend.
Mit freundlichen Grüßen,
RA Fabian Fricke