Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund des von Ihnen geschilderten Sachverhalts und unter Berücksichtigung des Einsatzes im Rahmen einer ersten rechtlichen Einschätzung wie folgt beantworten möchte:
1. Die Anforderungen an eine (teilweise) Befreiung vom Wettbewerbsverbot sind umstritten und können somit nicht abschließend beantwortet werden. Einigkeit besteht insoweit, dass die Befreiung möglich ist, und dass grds. die Gesellschafterversammlung für die Befreiung zuständig ist.
Die wohl herrschende Meinung geht davon aus, dass eine teilweise Befreiung vom Wettbewerbsverbot entweder im Rahmen der Satzung oder durch Gesellschafterbeschluss erfolgen muss. Eine Befreiung im Anstellungsvertrag soll nicht ausreichend sein. Teilweise wird auch eine satzungsmäßige Grundlage für den Gesellschafterbeschluss im Rahmen einer "Öffnungsklausel" in der Satzung verlangt.
Hinsichtlich der teilweisen Befreiung ist dabei noch umstritten, ob dies Einstimmigkeit oder einen Beschluss mit lediglich einfacher Mehrheit erfordert. Da in Ihrem Fall aber alle Gesellschafter unterschrieben haben, sollte das Mehrheitserfordernis unproblematisch sein.
Fraglich ist somit, ob dieser Nachtrag lediglich als Teil des Anstellungsvertrags zu sehen ist oder ggf. auch einen Gesellschafterbeschluss darstellen kann.
Die Beschlussfassung der Gesellschafter folgt aus § 48 GmbHG
und erfolgt gemäß Abs. 1 grundsätzlich im Rahmen der Gesellschafterversammlung. Ein solcher Beschluss kann auch formlos durch den Versammlungsleiter festgestellt werden, wobei eine Protokollierung üblich ist. Nach Abs. 2 können Beschlüsse aber auch schriftlich in Textform gemäß § 126b BGB
gefasst werden, wenn sich alle Gesellschafter entweder mit der zu treffenden Bestimmung oder mit der schriftlichen Stimmabgabe einverstanden erklären. Davon ist hier auszugehen, da der Nachtrag zum Anstellungsvertrag das Textformerfordernis erfüllt und beide Gesellschafter unterschrieben und somit zugestimmt haben. Somit kann wohl davon ausgegangen werden, dass der Nachtrag zum Anstellungsvertrag zwar nicht als Teil des Vertrages aber als in Textform geschlossener Gesellschafterbeschluss - jedenfalls bei Vorliegend einer satzungsmäßigen Öffnungsklausel - ausreichend ist.
2. Für eine komplette Befreiung verlangt die herrschende Meinung eine Befreiung im Rahmen der Satzung, eine solche komplette Befreiung sollte also aus Gründen der Rechtssicherheit immer im Rahmen einer Satzungsänderung erfolgen. Auch wenn teilweise eine Öffnungsklausel in der Satzung und ein darauf aufbauender Beschluss mit einfacher Mehrheit für ausreichend gehalten wird, stellt eine Befreiung in der Satzung die sichere Alternative dar. Sofern der Gesellschaftsvertrag keine weiteren Anforderungen vorsieht, richten sich die Anforderungen an eine Satzungsänderung nach § 53 GmbHG
und setzen einen notariell beurkundeten Gesellschafterbeschluss voraus, der mit 3/4-Mehrheit der anwesenden Stimmen gefasst sein muss.
Da Sie zwei Gesellschafter mit jeweils 50% Anteil sind, ist immer die Zustimmung Ihres Mitgesellschafters erforderlich, da Sie alleine gegen den Willen Ihres Mitgesellschafters keinen Mehrheitsbeschluss fassen können.
Ich hoffe, dass Ihnen meine Antwort weiterhilft. Bitte beachten Sie, dass eine Frage in diesem Forum in der Regel keine umfassende Rechtsberatung durch einen Anwalt ersetzen kann, und deshalb nur eine erste Einschätzung hinsichtlich der Rechtslage bieten kann.
Mit freundlichen Grüßen,
16. November 2011
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01:16
Antwort
vonRechtsanwalt Stephan Boerner
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