Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Gem. § 7 Abs.3a Nr 2
. SGB II wird gesetzlich vermutet, dass eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft besteht, wenn die Parteien mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben. Auf den subjektiven Willen, ob man eine Einstehensgemeinschaft eingehen wollte, kommt es dabei nicht an.
Zwar bestünde die Möglichkeit, dass die Parteien nachweisen, dass sie nicht zusammen leben. Getrennte Konten, Versicherungen, etc sind dabei schon ein Anfang. Auch bei einem Hausbesuch des Jobcenters müssten dann getrennte Zimmer und getrennte Bereiche des Kühlschrans (getrennte Einkäufe), getrennte Nutzung des Bades und der Küche nachgewiesen werden. Ich halte es aber nicht für sehr wahrscheinlich, dass dies zur Überzeugung des Jobcenters nachgewiesen werden kann. Dies gesetzliche Regelung spricht nun einmal für die Annahme einer Einstehensgemeinschaft.
Es ist daher zu überlegen, ob der Umzug von B eine Alternative darstellt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass B grundsätzlich einen Betreuungsunterhalt gegenüber A nach § 1615 l BGB
hat. Falls B über kein eigenes Erwerbseinkommen vor der Geburt verfügt, beträgt der Unterhalt den Mindestbeitrag von 770,00 €, sofern A hierzu leistungsfähig ist. Mit diesem Unterhalt dürfte sich auch eine Wohnung finden lassen. Die Anmietung der Zweitwohnung durch A halte sich nicht für empfehlenswert, da dies keinen signifikanten Unterschied zm bestehenden Sachverhalt darstellt. Die Gefahr, dass der Jobcenter trotzdem Leistungen ablehnt, weil dies aus Sicht des Jobcenters missbräuchlich erfolgt, ist groß.
Nach Ablauf von drei Monaten könnte eine Untätigkeitsklage gegen den Jobcenter erhoben werden, dass dieser über den Widerspruch zu entscheiden hat. Grundsätzlich würden bei einer Bewilligung auch Leistungen ab Antragstellung nachgezahlt werden. Jedoch gehe ich davon aus, dass der Widerspruch wohl keinen Erfolg haben wird. Ein Antrag nach dem Umzug von B kann selbstverständlich neu gestellt werden, jedoch wird dann der Jobcenter die möglichen Ansprüche auf Trennungsunterhalt gegen C und Betreuungsunterhalt gegen A prüfen. Falls A leistungsfähig ist, wird der Jobcenter auf Grund dessen auch hier die Leistungen versagen. Eine rückwirkende Leistungsauszahlung halte ich daher für unwahrscheinlich, so dass die bisherigen Zahlungen des A eher auf den Kindesunterhalt oder Betreuungsunterhalt anzurechnen sind. Eine Rückerstattung an A scheidet damit aus. Zur Vermeidung von möglichen Schwierigkeiten im Fall, dass A hinsichtlich des Betreuungsunterhaltes nicht oder nicht vollständig leistungsfähig ist, empfehle ich bei der Wohnungssuche den Jobcenter zu informieren und eine gefundene Wohnung genehmigen zu lassen.
Da in de Verhalten des Jobcenters bisher kein rechtlicher Fehler zu sehen ist, gehe ich davon aus, dass Schadensersatzansprüche, insbesonere Schmerzensgeld, über einen Amtshaftungsanspruch nicht zu realisieren ist.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Carolin Richter, Rechtsanwältin
Carolin Richter
Rechtsanwältin
Diese Antwort ist vom 25.11.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen
Sehr geehrte Frau Richter,
danke für die schnelle und zeilenreiche Antwort.
Ich habe aber leider den Eindruck, dass Sie - mit Verlaub - sich etwas zu ungenau mit dem Sachverhalt befasst haben bis dahin, den Fall so umzuinterpretieren, dass er schnell (mehr oder weniger mit "nichts zu machen") zu beantworten war.
Vielleicht hätten Sie mir die Erhöhung des Einsatzes vorschlagen sollen, meine Bereitschaft dazu hatte ich grundsätzlich vorangestellt.
Sie können dem schon entnehmen, dass Ihre Auskünfte mich an einigen Ecken nicht zufrieden stellen, bzw. anderen erhaltenen Auskünften sogar widersprechen (z.B. weiter unten, keine Unterhaltsverpflichtung A's).
Ich möchte Ihnen aber Gelegenheit geben, dies zu korrigieren, bevor ich mir abschließend meine Meinung zur Bewertung Ihrer Auskunft bilde.
Insbesondere bitte ich, nicht über das Verhalten des Jobcenters zu spekulieren (das tut A bereits), sondern rechtliche Möglichkeiten aufzuzeigen, wo diesem Verhalten - notfalls von einem Gericht - Korrekturen abgefordert werden könnten.
Beachten Sie, B ist derzeit in der Situation, dass sie völlig mittellos ist, und von Tag zu Tag nur von der Gutmütigkeit von A abhängig. Allein das kann nicht rechtlich in Ordnung sein, oder verträgt sich so etwas mit der Unantastbarkeit der Menschenwürde?
Es ist laut der Fallbeschreibung eben nicht so, dass A 770€ Unterhalt zahlen könnte, sondern er ist bislang zu nicht einmal 1€ verpflichtet, da er juristisch erst ab der Scheidung - voraussichtlich - Vater wird. Das ist auf absehbare Zeit (noch) nicht gegeben.
Wenn das "Jobcenter die möglichen Ansprüche auf Trennungsunterhalt gegen C und Betreuungsunterhalt gegen A prüfen" würde, wäre dies schon ein Fortschritt, siehe Bechreibung: "A ist bereit, allen Unterhalt, zu dem er verpflichtet ist (wenn ihm das jemand mitteilt), in voller Höhe zu leisten".
Es wäre auch zu entnehmen gewesen, dass er zum Unterhalt nicht leistungsfähig genug ist (sonst müsste er nicht befürchten, seine Rücklagen aufzubrauchen. Siehe Beschreibung.) 770€ vom Netto abzuzwacken ist NICHT für die breite Masse der Bevölkerung mal eben möglich, das anzunehmen erleichtert zwar die Beantwortung, beantwortet dann aber nicht mehr den geschilderten Fall.
Mit "ich habe kein Einkommen, kein Vermögen, und wenn A mir nicht nächsten Monat (wieder) Geld leiht, weiß ich nicht, wovon ich irgend etwas bezahlen kann!" können Sie nicht ernsthaft annehmen (voraussetzen?), dass B auf dem freien Markt eine Wohnung finden kann.
Selbst wenn A zu 770€ in der Lage wäre, wäre in der Stadt, wo A und B wohnen dafür vielleicht eine Wohnung zu finden, aber dann nicht mehr genug Geld für B und D zum Leben übrig. Diese Details sollten aber eigentlich nicht interessieren. Nehmen Sie bitte den Satz aus der Beschreibung, so wie er da steht:
"B hat aufgrund ihrer finanziellen Situation keine Chance, eine andere Unterkunft zu finden."
Weiter bleibt völlig unklar, auf welcher Rechtsgrundlage Ihre weiteren Auskünfte beruhen. Dass das Jobcenter so vorgehen MÖCHTE ist offensichtlich, das wiederholt zu bekommen ist kein Honorar wert.
Wollen Sie die Position des Jobcenters vertreten oder die des Fragenden?
A ist Erzeuger von D und Untervermieter von B - auf welcher Rechtsgrundlage kommen Sie zu Mitwirkungspflichten für ihn (Wohnung von Fremden betreten und inspizieren lassen, Kühlschrank)?
Die Frage ist, was die Rechtsgrundlagen sind, die das Jobcenter in seinem Sinne interpretiert, und wie diese angreifbar wären, um grundlegende Rechtsprinzipien (keine willkürliche Haftungsgemeinschaft für A, Schutz der Menschenwürde von B und D, ...) durchzusetzen.
Die verschiedenen Aspekte der Frage wurden nummeriert, ich sehe sie nicht vollständig als beantwortet an, speziell:
Nach welcher Rechtsgrundlage sollte also die schriftliche Erklärung nicht genügen, die Vermutung der Bedarfsgemeinschaft zu widerlegen? Soweit nicht, was sind konkret die Anforderungen und Schritte für A zur Widerlegung der Vermutung der BG? (Erforderlich um Frageteile 1+2 zu beantworten.)
Auf die Frage der Mittellosigkeit sind Sie gar nicht eingegangen. Müsste das Jobcenter nicht, solange über Leistungen nicht abschließend rechtskräftig entschieden wurde, B mindestens auf zinsloser Darlehensbasis helfen, bis geklärt ist, woher sie ihr Existenzminimum zuverlässig bezieht?
Das ist ja genau der Punkt, über den A faktisch zu rechtlich nicht erforderlichen Zahlungen erpresst wird.
Sehr geehrte Fragesteller,
ich beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt:
Es ist bedauerlich, dass ich Ihnen bereits in meiner obigen Antwort keine positivere Aussicht für einen Leistungsanspruch von B geben kann. Aber die Rechtslage, hier § 7 Abs.3a Nr. 2 SGB II
ist nun einmal zu akzeptieren. Auch wenn diese rechtliche Bewertung Sie nicht zufrieden stellt, kann ich an der Rechtslage nun einmal nichts ändern. Ich bitte Sie daher um eine aufmerksame Lektüre des § 7 Abs.3a Nr. 2 SGB II
. Dieser spricht gerade nicht von sukjektiven Vorstellungen der Parteien, sondern stellt lediglich auf objektive Umstände ab. Die hierzu ergangene Rechtsprechung lehnt die Einbeziehung des Willens der Parteien zur Einstehensgemeinschaft ebenso ab, so dass hier nach den objektiven Umständen von einer Bedarfsgemeinschaft auszugehen ist. Es reicht daher eben nicht die schriftliche Erklärung von A und B keine Einstehensgemeinschaft zu sein. Der objektive Umstand der Betreuung eines gemeinsamen Kindes in der selben Wohnung, erfüllt die Voraussetzungen für die Vermutung des Vorliegens einer Bedarfsgemeinschaft. Der Beweis des Gegenteils obliegt B. Dabei könnte es zum Beispiel durch Vortrag der Trennung sämtlicher Lebensbereiche (siehe oben) nachgewiesen werden, dass eine Einstehensgemeinschaft nicht vorliegt. Diese Mitwirkungspflichten ergeben sich aus § 60 SGB I
. Wenn ein Leistung beantragt wird, verlangt § 60 SGB I
die Mitwirkung an der Sachaufklärung, dies schließt einen etwaigen Hausbesuch durch Außendienstmitarbeiter eben auch mit ein. Der Außendienst könnte dann gegebenenfalls prüfen, ob die Angaben der B zur Trennung der Lebensbereiche stimmen.
Dass B praktisch mittellos ist, ist für die Beurteilung, ob eine Bedarfsgemeinschaft vorliegt oder nicht, irrelevant. In die rechtliche Beurteilung sind natürlich die Erwägungen des Jobcenters einzubeziehen, da diese für den entsprechenden Rat von Bedeutung sind. Eventuell missverstehen Sie auch den Unterschied von Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB
und den Anspruch auf Kindesunterhalt. Der Betreuungsunterhalt ist ein eigener Anspruch von B und nicht von D, der auch noch während der Trennungszeit, also vor Ehescheidung von A zu zahlen wäre. Voraussetzung ist, dass B diesen Anspruch auch gegenüber von A geltend macht und A Leistungsfähig ist. Da Sie keine konkreten Einkommensbeträge von A angegeben haben, kann ich meine Anwort nur allgemein halten. Danach besteht eben ein Anspruch auf monatlich 770,00 € von B gegen A, ohne Einbeziehung des Kindesunterhaltes.
Ob B selbstständig eine Wohnung findet oder nicht, ist auch zunächst für die Beurteilung des Vorliegens einer Bedarfsgemeinschaft nicht ausschlaggebend. Ich verkenne zwar hier nicht die Notsituation von B, jedoch muss ich mich und auch der Jobcenter an die Rechtslage halten. Wenn B weiterhin als Untermieterin von A, wenn auch in einer anderen Wohnung, lebt, wird wohl der Anschein der Bedarfsgemeinschaft weiterhin für den Jobcenter bestehen. Diese Erwägungen führen dazu, dass es wohl nur den Weg gibt, dass B eine eigene Wohnung zu eigenem Vertragsabschluss anmietet. Eventuell könnte hier eine Bürgschaft von A in Betracht kommen, damit B eine eigene Wohnung erhält. Dies dürfte auch nicht mehr den Anschein der Bedarfsgemeinschaft erwecken.
Voraussetzungen eine darlehensweise Gewährung sehe ich hier nicht. Eine darlehensweise Gewährung von Leistungen nach SGB II erfolgt lediglich dann, wenn zum Beispiel verwertbares Vermögen vorhanden ist, welches jedoch nicht sofort in Barvermögen umgewandelt werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Carolin Richter
Rechtsanwältin