Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage der von Ihnen mitgeteilten Informationen gern wie folgt beantworte:
1. Zulässigkeit der Durchsuchung nach Waffen
Im Rahmen der Verkehrskontrolle war die Polizei grundsätzlich berechtigt, die Identität festzustellen und zu überprüfen. Dazu kann insbesondere die Vorlage des Personalausweises verlangt werden. Kann sich die zu überprüfende Person nicht ausweisen und/oder kann die Person nicht identifiziert werden, so ist die Polizei nach § 13 Abs. 2 PAG berechtigt, die Person festzuhalten und zu durchsuchen.
Die Zulässigkeit der Durchsuchung nach Waffen bestimmt sich nach § 21 Abs. 2 PAG. Grundsätzlich ist es dananch zulässig, eine Person, deren Identität festzustellen ist, auch nach Waffen zu durchsuchen, wenn dies zum Schutz der Polizeibeamten vor Gefahren für Leib und Leben unter den jeweiligen Umständen erforderlich ist. Abzustellen ist also auf die jeweiligen Umstände. Ist eine Person bei der Feststellung der Identität nicht kooperativ oder widersetzt sich die Person sogar einer Durchsuchung und der Durchsuchung der mitgeführten Sachen kann dies ggf. eine Durchsuchung nach Waffen rechtfertigen. Rechtfertigen die Umstände die Durchsuchung nach Waffen, ist die Weigerung der betroffenen Person nicht mehr von Bedeutung.
Ob die Umstände hier tatsächlich die Durchsuchung nach Waffen rechtfertigten, lässt sich nicht abschließend beurteilen. Hierzu müssten die genauen Umstände und das genaue Verhalten des Betroffenen geklärt werden. Die fehlenden Ausweispapiere allein reichen m. E. nur für eine Durchsuchung nach evtl. doch mitgeführten Personalpapieren aus. Da die betroffene Person allerdings auch festgehalten werden sollte, um die Identität zu klären, wäre es - aus Gründen des Eigenschutzes der Polizisten - zumindest nicht unüblich, dass auch eine Durchsuchung nach Waffen erfolgte. Dieser Punkt ist also streitig und müsste anhand der konkreten Umstände tiefergehend geprüft werden.
2. Hausdurchsuchung
Eine Haus- bzw. Wohnungsdurchsuchung ist unter den Voraussetzungen der §§ 102 ff. StPO
zulässig. Der Zufallsfund des Marihuanas könnte eine Hausdurchsuchung rechtfertigen, wenn der Verdacht besteht, dass die betroffene Person evtl. Dealer ist oder noch weitere, größere Mengen der Droge besitzt. Die Hausdurchsuchung steht allerdings nach § 105 StPO
unter dem Richtervorbehalt. Nur bei Gefahr im Verzug darf auch die Staatsanwaltschaft die Durchsuchung anordnen. Das von Ihnen zitierte Urteil des OLG Hamm ist grundsätzlich auch auf die von Ihnen geschilderte Situation anwendbar. Aufgrund des Richtervorbehalts muss grundsätzlich versucht werden, den zuständigen Richter mindestens telefonisch zu erreichen. Bestand jedoch tatsächlich Gefahr im Verzug, so reicht trotz des von Ihnen zitierten Urteils noch die staatsanwaltliche Anordnung aus. Da Hausdurchsuchung eines "in-flagranti" gestellten Täters oftmals keinen Aufschub dulden, da ansonsten Beweismittel vernichtet werden könnten, kann also grundsätzlich Gefahr im Verzug bestehen. Auch hier sind letztlich die Gesamtumstände entscheidend. Insbesondere müsste seitens der Behörden die Dringlichkeit und eine evtl. Gefahr im Verzug konkret dargelegt werden. Vorrangig hätte aber versucht werden müssen, eine richterliche Durchsuchungsanordnung zu erlangen.
Insoweit bestehen Zweifel daran, ob die Durchsuchung allein auf die staatsanwaltliche Anordnung gestützt werden durfte. Allerdings müssten auch hier wieder die Gesamtumstände tiefergehend geprüft werden.
Gemäß § 105
in Verbindung mit § 98 Abs. 2 StPO
kann der Betroffene bei einer staatsanwaltlich angeordneten Wohnungsdurchsuchung eine richterliche Entscheidung beantragen. Der Sachverhalt und insbesondere die Durchsuchungsanordnung werden dann von einem Richter überprüft, wobei insbesondere auch geprüft wird, ob tatsächlich Gefahr im Verzug bestand und deshalb die richterliche Anordnung entbehrlich war. Diesen Antrag kann der Betroffene grundsätzlich auch ohne anwaltliche Hilfe beim zuständigen Amtsgericht stellen.
3. zu erwartende Strafe
Die zu erwartende Strafe ist u. a. von evtl. Vorstrafen, von dem tatsächlichen Wirkstoffgehalt des Marihuanas (dieser schwankt je nach Qualität) sowie von den gesamten Tatumständen (Eigenkonsum, Handel etc.) abhängig. 35 g Marihuana stellen keine geringe Menge mehr dar, so dass mit einer Einstellung des Verfahrens nicht zu rechnen ist.
Eine genaue Strafe lässt sich ohne Akteneinsicht nicht voraussagen. Bei reinem Eigenkonsum würde ich allerdings noch von einer Geldstrafe ausgehen wollen, die allerdings deutlich über der früheren Strafe liegen dürfte. Eine Freiheitsstrafe wird bei Marihuana in der Regel erst ab Mengen von ca. 80 bis 100 g verhängt, wobei dies allerdings nur als grobe Richtlinie gelten kann.
3. Falls die polizeilichen Maßnahmen nicht gerechtfertigt waren - ist es empfehlenswert gegen die Polizei rechtlich vorzugehen?
Vor einem evtl. Vorgehen gegen die Polizei sollten Sie die Maßnahmen tiefergehend prüfen lassen. Dies gilt gerade für die Durchsuchung der Wohnung. Deshalb sollten Sie diesbezüglich die richterliche Entscheidung beim Amtsgericht beantragen. Ergibt sich dann, dass die Maßnahmen unzulässig waren, sollten Sie sich anwaltlich beraten lassen, ob Sie ggf. Schadensesatzansprüche geltend machen können. Eine Dienstaufsichtsbeschwerde ist zwar fast immer möglich, ist aber in den meisten Fällen auch leider völlig erfolglos. Sofern die Maßnahmen tatsächlich als ungerechtfertigt Herausstellen, sind aber grundsätzlich rechtliche Schritte gegen die Polizei bzw. gegen die betreffenden Polizisten möglich. Das genaue Vorgehen sollten Sie jedoch mit einem Anwalt abklären.
4. sonstige Empfehlungen
Da die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen hier zumindest fraglich ist und Sie mit großer Wahrscheinlichkeit mit einem Ermittlungsverfahren wegen des Drogenfunds zu rechnen haben, sollten Sie möglichst bald einen Anwalt und Verteidiger beauftragen, der auch Akteneinsicht beantragen wird. Die Akteneinsicht kann grundsätzlich auch für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen hilfreich sein.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meiner Antwort eine erste Orientierungshilfe für das weitere Vorgehen geben.
Mit freundlichen Grüßen
Silke Jacobi
Rechtsanwältin
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