Gerne zu dem fiktiven Sachverhalt, der gerade deswegen vorliegend nur generell nach der Strafprozessordnung – u.U. aber auch nach dem Polizeigesetz des jeweiligen Bundeslandes – zu beurteilen wäre. Denn es kommt sehr auf den Einzelfall und die vorgefundenen Verhältnisse vor Ort an.
Unstreitige Prämisse ist, dass beim Tatverdächtigen mit ordnungsgemäßem Rubrum des Durchsuchungsbeschlusses durchsucht werden soll, also „Tatvorwurf, gesuchte Beweismittel und Objekt: Die Wohn- und Geschäftsräume von Person "A".
Ihre Fragen regelt generell § 103 StPO
„Durchsuchung bei anderen Personen", der aber konkrete Vorgaben bestimmt, die jedenfalls dem Umkehrschluss zulassen, dass bei Fehlen derselben die Durchsuchung rechtswidrig wäre. Denn es handelt sich ja bei den „anderen Personen explizit um Nichtverdächtigte".
Vorliegend geht es aber eben nicht um die „Durchsuchung" der Räumlichkeiten „anderer Personen", etwa auch der Räumlichkeiten des e.V.
Sondern nur um den Zugang durch diese Räumlichkeiten zu dem eigentlichen, unstreitigen Durchsuchungsobjekt.
Ferner können wie bei § 102 StPO
nach § 103 StPO
Wohnungen und alle anderen vom Betroffenen genutzten Räume sowie seine Kraftfahrzeuge und Sachen durchsucht werden, sofern der TV auch diese Räume des e.V. „genutzt" hat.
Und schließlich, damit komme ich auf die Polizeigesetze der Länder zurück, kann die Polizei – sofern ihr der Zugang über das Vereinsgelände verwehrt würde – u.U. auch den Zugang wegen „Gefahr im Verzuge" erzwingen.
Das setzt dann allerdings voraus, dass diese Gefahr im Verzuge nicht bewusst bzw. billigend in Kauf nehmend, von der Polizei provoziert wurde.
Letzteres ein weites Feld für einen versierten Strafverteidiger im nachfolgenden Prozess.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
Vorstadt 42
41812 Erkelenz
Tel: 02435 - 6114416
Tel: 0174 - 9994079
Web: http://www.rechtsanwalt-burgmer.com
E-Mail:
Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
Hinsichtlich des e.V. haben sie mich missverstanden.
Das Bürogebäude in welchem sich unter weiteren "fremden Büro´s auch das Büro von Person A befindet liegt auf einem eingezäunten Grundstück welches vollständig (sämtliche Freiflächen inklusive Zufahrt und Weg zum Eingang des Gebäudes) an den Verein vermietet sind. Um zum Eingang des Bürogebäudes zu gelangen muss man zwangsläufig das "Vereinsgelände" betreten. Der Verein versagt jedoch jeder Person die nicht Vereinsmitglied ist (Person A ist Vereinsmitglied) das betreten des Grundstückes (großes am "Tor" angebrachtes Schild auf dem steht: "Vereinsgelände, Zutritt nur für Mitglieder, jegliche Zuwiderhandlungen stellen den Straftatbestand des Hausfriedensbruch dar")
Unterstellt in dem richterlichen ordnungsgemäßem Durchsuchungsbeschluss ist ausschließlich die Wohnung und das Vereinsgelände nicht erwähnt: Dürfen die Ermittlungsbehörden das Grundstück betreten um zu dem Büro der Person A zu gelangen obwohl es Nichtmitgliedern des Vereins expliziet untersagt ist?
Dürften die an den Verein vermieteten Freiflächen vor dem Hintergrund das Person A Zugang hat (käme ja sonst nicht in sein Büro) ebenfalls durchsucht werden?
Wie verhält es sich mit den andererorts befindlichen, gewerblich genutzten Räumlichkeiten (Laden, für jedermann zugänglich) der Ehefrau? Dürfen diese durchsucht werden obwohl Person A keinerlei allein genutzte Räumlichkeiten hat?
Gerne zu Ihrer Nachfrage.
Ich habe Sie nicht falsch verstanden. Allerdings will ich einräumen, dass mir - und auch dem anordnenden Richter - die konkrete Ortskenntnis fehlt und deshalb der Tenor des Durchsuchungsbeschlusses evtl. revidiert werden müsste. Eben auch im Hinblick darauf, dass eine "Gefahr im Verzuge" nicht "provoziert" werden darf.
Ansonsten hatte ich darauf hingewiesen , dass sich Ihre Frage bzw. Zweifel auf den Zugang zum eigentlichen Durchsuchungsobjekt bezieht. Nicht die Durchsuchung der Vereinsliegenschaft als solche.
Deshalb nochmals zu Verdeutlichung (Hervorhebungen sind von mir) :
Wohnung sind die Räumlichkeiten, in denen sich der Verdächtige aufhält oder die er benutzt. Maßgeblich ist die tatsächliche Situation; es ist daher unerheblich, ob der Verdächtige die Wohnung befugt benutzt und ob ihm das Hausrecht zusteht (Meyer-Goßner/Schmitt/Schmitt Rn. 7; KK-StPO/Bruns Rn. 9). Gleichgültig ist auch, ob die Räumlichkeiten im Allein- oder Mitbesitz des Verdächtigen stehen (BGH NStZ 1986, 84
). Der Begriff der Wohnung ist weit auszulegen und umfasst auch Arbeits-, Betriebs und Geschäftsräume (BVerfG NJW 1971, 2299
; 2003, 2669
), egal ob von privaten oder öffentlichen Einrichtungen (BayObLG NJW 1993, 744
). Auch eine nur zeitweise genutzte Unterkunft wie ein Hotelzimmer fällt darunter, ebenso Vereinsheime, Clubräume oÄ; maßgeblich ist die nach außen erkennbare Zweckbestimmung des Nutzungsberechtigten als räumliche Privatsphäre (KK-StPO/Bruns Rn. 8 mwN). Bei Mitbenutzung von Räumen an der Arbeitsstelle, die dem Verdächtigen von seinem Arbeitgeber zur Arbeitsausübung überlassen worden sind, können diese auch dann durchsucht werden, wenn eine genaue Zuordnung der einzelnen Räume nicht möglich ist (BVerfG NJW-Spezial 2007, 521 = BeckRS 2007, 25581
; BGH NStZ 1996, 84; BGHR StPO § 102 Geschäftsräume 1). Keine Wohnung, aber andere Räume iSd § 102 sind das umfriedete Besitztum und Räumlichkeiten, die der Verdächtige in anderer Form als zum Darin-Leben nutzt, etwa als Lagerraum oder Büro. Zum Begriff der Wohnung → § 100c Rn. 14 ff.
(BeckOK StPO/Hegmann, 33. Ed. 1.4.2019, StPO § 102
Rn. 8)
Sollten Sie dennoch weitere Fragen haben, senden Sie mir eine Email.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt