Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Frage beantworte ich gerne wie folgt:
Wegen der Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück haben Sie die Möglichkeit, die Miete zu mindern. Baulärm in und am Gebäude oder in der Nachbarschaft kann sich als besonders störend erweisen. Entsprechend wird Baustellenlärm regelmäßig als Mangel angesehen. Ein Mieter muss Baulärm von einem Nachbargrundstück zwar als vertragsgemäß hinnehmen, wenn die künftige Bebauung für ihn erkennbar war. Sie schildern jedoch, dass das Neubaugebiet als "fertig" galt und es dementsprechend seitdem keine Baumaßnahmen gab.
Gemäß § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB
ist eine angemessene Herabsetzung der Miete zu ermitteln, wofür u. a. folgende Bewertungskriterien herangezogen werden können:
- Art und Umfang der Herabsetzung des vertragsgemäßen Gebrauchs,
- zeitlicher Umfang des Mangels,
- baulicher und optischer Mangel,
- Berücksichtigung der Jahreszeit,
- gesteigerte Qualitätsansprüche des Mieters im Hinblick auf die Mietsache.
Minderungsquoten können jedoch nicht in pauschaler Art und Weise herausgegeben werden, sondern es bedarf der genauen Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls.
Ihre Ausführungen zugrundelegend halte ich u. a. ein Urteil des AG Darmstadt aus dem Jahre 1984 für vergleichbar. In dem betreffenden Fall war wegen übermäßigen Baulärms das Öffnen der Fenster ebenso wie normale Unterhaltungen, Radio und Fernsehen unmöglich geworden. Allerdings erstreckte sich der Baulärm auch auf die Abendstunden und das Wochenende. Das AG Darmstadt hielt eine Minderungsquote von 25% für angemessen.
Bemessungsgrundlage der Mietminderung bildet die sog. Bruttomiete, also die Grundmiete mit allen Nebenkosten. Die Minderung würde sich bei der angenommenen Quote von 25% auf einen Betrag von 300,00 EUR belaufen. Tatsächlich müssen Sie sich gegenüber Ihrem Vermieter auch nicht erst auf das Minderungsrecht berufen, sondern die Miete reduziert sich entsprechend der Gebrauchsbeeinträchtigung unabhängig vom Verschulden des Vermieters automatisch.
Ich weise allerdings noch einmal ausdrücklich daraufhin, dass die Berechnung der Minderungsquote eine Einzelfallentscheidung ist. Das Risiko einer einer überhöhten Minderung besteht in der Gefahr der Kündigung wegen Zahlungsrückstandes. In diesem Zusammenhang weise ich auf die Möglichkeit hin, die Miete ab sofort unter Vorbehalt zu zahlen und den Minderungsbetrag später einzuklagen.
Vor diesem Hintergrund empfehle ich Ihnen, eine eingehendere Beratung durch einen Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen, der Ihren Fall auf Besonderheiten im Verhältnis zu Vergleichsfällen in der Rechtsprechung genau überprüfen kann.
Wegen den hohen Anforderungen an die Beweislast empfehle ich Ihnen des Weiteren, ein sog. Lärmprotokoll zu führen nach folgenden Kriterien:
- Beginn (Tag) der Bauarbeiten?
- Welche Maschinen sind an welchen Tagen in welcher Dauer verwendet worden?
- Wie hat sich dies konkret in den Räumen ausgewirkt (z. B. gestörter Fernsehempfang, Unterhaltung in Zimmerlautstärke nicht möglich, etc.)?
Sie sollten auch Vorkehrungen dafür treffen, diese Augzeichnungen zu beweisen, z. B. durch Zeugnis von Freunden/Bekannten/Nachbarn.
Ich hoffe, dass meine Antwort für Sie hilfreich gewesen ist und darf zusätzlich auf die kostenfreie Nachfragefunktion verweisen. Gerne stehe ich Ihnen auch für die weitere Wahrnehmung Ihrer Interessen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Sven Näke
Rechtsanwalt
Hallo Herr Näke!
Vielen Dank für Ihre aussagekräftige Antwort. Hat mir erst einmal sehr geholfen.
Herzlichen Gruß
Es freut mich, dass Ihnen meine Antwort weiterhelfen konnte!
Mit freundlichen Grüßen
Sven Näke
Rechtsanwalt