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Baurecht -Kostenübernahme -> Umlegung von Kanälen im Baugrund

25. September 2013 15:31 |
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Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von

Sehr geehrter Bearbeiter,

da ein längerer Text mit Auszügen aus Notarverträgen folgt vorab schon einmal meine FRAGEN:

1) Sind wir verpflichtet die beschriebenen Kanäle während der Bautätigkeit umlegen zu lassen? Falls ja, wer muss die Kosten hierfür übernehmen?

2) Wie stellt sich die rechtliche Situation
a) des Nachbars (Nachfolger von Herrn B.), der den Abwasserkanal nutzt dar?
b) wie die der Veräußerin?
c) wie die der Gemeinde?
d) wie die von uns?

3) Zu welche Vorgehen raten Sie uns?
-----
Wir haben vom Veräußerer (Flst. Nr. 1316/1) einen Teil seines Grundstücks (Flst. Nr. 1316/80 nach Teilung vormals 1316/1) erworben.
Wir haben zwischenzeitlich die Baugenehmigung zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit Doppelcarport auf eben diesem Grundstück.
In unserem notariellen Grundstückskaufvertrag (Flst. Nr. 1316/80 aus dem Jahr 2012) findet sich folgender Hinweis:

VI. Rechts- und Sachmängelhaftung
1. Der Veräußerer haftet dafür, dass das Vertragsobjekt frei von Grundbuchlasten und sonstigen Rechten Dritter auf den Erwerber übergeht, soweit nicht in dieser Urkunde etwas anderes vereinbart worden ist, ferner für Freiheit des Vertragsobjekts von Rückständen an Steuern und sonstigen öffentlichen Lasten.
Er schuldet nicht die Freiheit von altrechtlichen, d.h. auch ohne Grundbucheintrag rechtsgültigen, Dienstbarkeiten und Baulasten; er erklärt jedoch, dass ihm solche nicht bekannt sind.
In Abschnitt I. bezeichnete Belastungen der Abteilung II. des Grundbuchs bleiben eingetragen. Der Erwerber tritt in die zugrunde liegenden Verpflichtungen ein.

I. Grundbuchstand, Vertragsobjekt
Abteilung II.
Als Belastungen sind eingetragen:
Abwasserkanal- und Regenwasserableitungsrecht; Kanalleitungsrecht

Dem Kaufvertrag liegt keine Information (weder in Wort noch in Bild) bei ob und wo Leitungen durch das Grundstück verlaufen, und falls ja ob sich diese in Nutzung befinden und durch wen.
Erst im Zuge unserer Baugenehmigung teilte uns die Veräußerin (Monate nach Vertragsunterzeichnung) mit, dass Sie mit dem damaligen Bürgermeister am 21.08.1992 einen Notarvertrag (Dienstbarkeitsbestellung) mit folgendem Inhalt unterzeichnet habe:

II Dienstbarkeitsbestellung
Herr und Frau … belasten hiermit das Grundstück Flst. Nr. 1316/1 (dienendes Grundstück) mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit folgenden Inhalts:
Die Gemeinde Moosach ist berechtigt, in das dienende Grundstück einen Abwasserkanal und eine Regenwasserableitung je samt Zubehöranlagen einzulegen, zu belassen und zu betreiben, die notwendigen Instandsetzungs-, Instandhaltungs-, und Auswechselungsarbeiten an diesen Leitungen vorzunehmen, zu diesen Zwecke die dienenden Grundstücke zu betreten bzw. betreten zu lassen und mit Fahrzeugen zu befahren. Die Ausübung dieser Rechte kann die Gemeinde auch auf Dritte übertragen.
Nach Durchführung solcher Arbeiten ist von der Berechtigten auf deren Kosten jeweils der vorherige Zustand des dienenden Grundstücks tunlichst wieder herzustellen.
Der Verlauf der Kanalrohrleitung ist auf dem dieser Urkunde als Bestandteil beigefügten Lageplan in rot und Verlauf der Regenwasserleitung blau eingezeichnet.
Die Trassenführung in der Natur ist den Beteiligten genau bekannt. Der beigeheftete Plan wurde Ihnen zu Einsicht vorgelegt.
Während des Bestehens der beiden Rohrleitungen samt Zubehör dürfen jeweils auf einem Schutzstreifen von 2m keine Bauwerke errichtet sowie auch keine Bäume und tiefwurzelnde Sträucher gepflanzt werden, ferner auch keine Bodenbearbeitung vorgenommen werden, welche über die übliche landwirtschaftliche Dauernutzung hinausgeht. Bei Errichtung von Zäunen und ähnlichen Einrichtungen, welche den Kanal beeinträchtigen könnten, ist vorher die Zustimmung der Berechtigten einzuholen.

VIII. Freigabe einer Teilfläche
Mit dem Kaufvertrag vom …1992, haben die Eheleute … aus dem dienenden Grundstück Flst. Nr. 1316/1 eine dort näher bestimmte Teilfläche von ca. 2000 m² am 10.06.1992 an Herrn B. verkauft. Nach übereinstimmender Angabe der heutigen Vertragsteile wird diese veräußerte Teilfläche von ca. 2000 m² von den hier eingeräumten Leistungsrechten in der Natur nicht betroffen.
Deshalb gibt die Gemeinde …die vorbezeichnete, geometrisch erst noch zu vermessende Teilfläche von ca. 2000 m² schon jetzt von der hier bestellten Dienstbarkeit belastungsfrei, ohne Rücksicht auf das genaue amtliche Flächenmaß, und bewilligt den Vollzug dieser Rechtsfreigabe zu gegebener Zeit im Grundbuch.

Die Veräußerin teilte uns weiterhin mit, dass die zwei, diesem Notarvertrag beiliegenden Kanäle (1x Regenwasser, 1x Abwasser) existieren.
Beide verlaufen durch unser Grundstück und mitten durch die geplante Baugrube des genehmigten Objektes.
Um die Baugrube erstellen zu können müssen die Kanäle zeitaufwändig freigelegt und umgelegt werden. Danach müssten sie ggf. zurückverlegt werden.
Der Abwasserkanal wird vom Nachfolger des Herrn B. genutzt. Dieser will ihn behalten (da er – wenn er sich ans Gemeindenetz anschließen würde – evtl. eine Fäkalienhebeanlage installieren müsste).
Sowohl die Gemeinde, Wasserwirtschaftsamt und Landratsamt verneinen die Existenz dieser Kanäle explizit. O-Ton :"In dem Grundstück gibt es keine Kanäle". In keinem Gemeindeplan ist ein Kanal verzeichnet.
-----
Nun nochmals meine FRAGEN:
1) Sind wir verpflichtet die Kanäle während der Bautätigkeit umlegen zu lassen?
Falls ja, wer muss die Kosten hierfür?

2) Wie stellt sich die rechtliche Situation
a) des Nachbars (Nachfolger von Herrn B.), der den Abwasserkanal nutzt dar?
b) wie die der Veräußerin?
c) wie die der Gemeinde?
d) wie die von uns?

3) Zu welche Vorgehen raten Sie uns?

Besten Dank vorab und beste Grüße,
B.S.


-- Einsatz geändert am 25.09.2013 17:05:10

Eingrenzung vom Fragesteller
25. September 2013 | 17:04
25. September 2013 | 19:12

Antwort

von


(2929)
Damm 2
26135 Oldenburg
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Sehr geehrter Ratsuchender,


auch auf die Gefahr hin, dass Ihnen die Antwort vermutlich nicht gefallen wird:

Sie werden auf Ihre Kosten die Verlegung vornehmen müssen.


Der Grund liegt in der von Ihnen genannten beschränkten persönlichen Dienstbarkeit, die zunächst gilt und auch nicht von der fehlenden Eintragung im Gemeindeplan etwa ausgehebelt wird.


Und diese Dienstbarkeit ist Ihnen beim Kauf mitgeteilt worden, wenn der entsprechende Passus im Vertrag lautet:

Als Belastungen sind eingetragen:
Abwasserkanal- und Regenwasserableitungsrecht; Kanalleitungsrecht

Spätestens ab hier wäre es dann Ihre Verpflichtung gewesen, nachzufragen, so dass Ihr Einwand, dem "Kaufvertrag liegt keine Information (weder in Wort noch in Bild) bei, ob und wo Leitungen durch das Grundstück verlaufen, und falls ja ob sich diese in Nutzung befinden und durch wen", so nicht haltbar sein werden.


Eine weitergehende, ungefragte Auskunftspflicht der Verkäuferin ist dann nicht anzunehmen, so dass allenfalls bei wahrheitswidrigen Angaben auf Fragen noch etwas zu Ihren Gunsten möglich wäre - für so ein arglistiges Verhalten sehe ich aber nach Ihrer Sachverhaltsdarlegung derzeit keinen Ansatz.



Das bedeutet nun, dass Sie gegenüber dem Nachban (Nachfolger B) keinen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach § 1004 BGB haben.

Denn in entsprechender Anwendung des § 917 Abs. 1 BGB für die Abwasserleitungen sind Sie verpflichtet, die über Ihr Grundstück verlaufenden und eingetragenen Leitungen zu dulden. Dieses ergibt sich aus der genannten Tatsache, dass ansonsten wohl ein Hebewerk notwendig ist, so dass eine anderweitige Versorgung des Nachbarn nur mit erheblichem Mehraufwand möglich wäre.

Genau dann greift aber aus § 917 BGB die Befugnis ein, Abwässer eines Grundstücks über ein anderes, fremdes Grundstück der Kanalisation zuzuführen (BGH, Urt.v. 04.07.2008, Az.: V ZR 172/07 mit zahlreichen weiteren Hinweisen).


Da Sie keinen Unterlassungsanspruch gegen den Nachbarn haben, der Nachbar hingegen das Recht der Leitungen hat, sind Sie dann aufgrund der Tatsache, dass Sie durch ihre Baumaßnahme das Recht angreifen, zur kostentragenden Umlegung und Gewährleistung dieses Leitungsrechtes verpflichtet.



Das weitere Vorgehen hängt davon ab, ob eine Einigung mit dem Nachbarn erfolgen kann. So eine Einigung wird sicherlich sehr viel Geld kosten, kann aber wirtschaftlich betrachtet auf längere Sicht (auch in Hinblick auf den Wert einer ggfs. späteren Veräußerung) sinnvoll sein.


Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt
Thomas Bohle
Damm 2
26135 Oldenburg

Tel: 0441 / 26 7 26
Fax: 0441 / 26 8 92
mail: ra-bohle@rechtsanwalt-bohle.de
http://www.rechtsanwalt-bohle.de/index.php?tarcont=content/e-mail.inc.php
http://ra-bohle.blog.de/


Rückfrage vom Fragesteller 25. September 2013 | 20:00

Sehr geehrter Herr Bohle,

erst einmal herzlichen Dank für Ihre prompte Antwort.

Hier meine einmalige Nachfrage (da ich diesen wesentlichen Fakt gegebenenfalls vorhin nicht gut genug rausgearbeitet hatte):

Meinem Verständnis nach ist laut II. Dienstbarkeitsbestellung des Notarvertrages von 1992

"Die Gemeinde x berechtigt, in das dienende Grundstück einen Abwasserkanal und eine Regenwasserleitung [...] zu einzulegen, [...]". Nicht aber unsere Veräußerin oder besagte Nachbarn. Alle Fachleute in der Gemeinde (Bürgermeister, Wasserwirtschafts-, Landratsamt) betonen jedoch mündlich und schriftlich, es gäbe keine Kanäle in unserem Grundstück. Also nicht die Gemeinde hat von ihrer Berechtigung Gebrauch gemacht sondern - unerlaubter Weise - Veräußerin und / oder Nachbar.

Meine Frage zielt darauf ab, ob diese (Veräußerer / Nachbar) sich dadurch (nicht gemeldeter Bau von Leitungen) ins Unrecht setzten und über genau diesen Punkt rechtlich angreifbar wären?
(Hintergrund: ein, die Sachlage kennender Notar ist der Ansicht).

Danke für das einmalige Nachlegen!
Ich hoffe, dass dieser Fakt die Sachlage zu unseren Gunsten verändert...
Danke und beste Grüße, B.S.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 26. September 2013 | 08:32

Sehr geehrter Ratsuchender,


sicherlich wäre ein solcher "Schwarz-Leitungs-Bau" ein Punkt, aus dem Sie dann Ihre Eigentümerrechte geltend machen können.

Allerdings kann ich nur den mir mitgeteilten Sachverhalt beurteilen, und der stellt sich auch nach Ihrer -berechtigten- Nachfrage wie folgt da:

Das Leitungsrecht ist eingetragen worden.
Der Hinweis auf das Leitungsrecht wurde im Vertrag gegeben.
Die Leitungen sind da.


Wenn Sie dieses objektiv beurteilen, kommen Sie nach wie vor zu meiner Erstantwort.


Ob die Leitung durch die Gemeinde oder durch den Nachbarn veranlasst worden sind, spielt m.E. in Hinblick auf die offenbar immer noch bestehenden Eintragungen keine Rolle, da es eben grundstücksbezogen ist und ich anch Ihrer Sachverhaltsdarstellung davon ausgehe, dass das Grundstück des Nachbarn dann auch das herrschende Grundstück ist.

Nach Ihrer Überlegung müssten - wenn Sie es nur auf die Gemeinde als Betreiberin abstellen wollen - dann sogar bei einem Verkauf des Grundstückes die im Grundbuch eingetragenen und gesicherten Rechte erlöschen - und das wird nicht der Fall sein.


Einer der Fehler war und ist es, dass dieses Recht nicht gelöscht worden ist, nachdem die Gemeinde das Teilgrundstück belastungsfrei gegeben hat und den Vollzug dieser Rechtsfreigabe zu gegebener Zeit im Grundbuch erklärt hat.


Die einzige Überlegung wäre, es nun als "zu gegebener Zeit" zu deklarieren und den Vollzug der Grundbuchlöschung zu beantragen. DANACH kann dann ggfs. die Leitung entfernt werden.

Da aber zum Zeitpunkt der Verlegung eben die Eintragung noch vorhanden gewesen ist, wird auch der Nachbar dann ganz gewiss dagegen vorgehen.

Eine jahrelange Prozessiererei mit m.E. für Sie ungünstigen Ausgang ist dann gewiss, so dass ich zu Gesprächen mit dem Nachbarn dringend geraten haben und diesen Ratschlag wiederhole ich.




Wenn es der Notar anders beurteilt, gilt entweder der Satz: Zwei Juristen, drei Meinungen - oder er hat noch weitergehende Informationen und Hintergrundwissen, die seine Meinung bestärken könnten. Derzeit sehe ich es nicht.


Aber wenn der Notar - der sicherlich "näher am Geschehen ist" - eine möglichkeit sieht, in der Sache nicht vorbefasst ist, sollten Sie ggfs. mit ihm den dort vorgeschlagenen Weg versuchen.



Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt
Thomas Bohle
Damm 2
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ANTWORT VON

(2929)

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