Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne nehme ich zu Ihrer Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Angaben und Ihres Einsatzes wie folgt Stellung:
Es liegt nach Ihrer Schilderung sicherlich ein Anfangsverdacht für einen Betrug (§ 263 StGB
) vor, nämlich dann, wenn man davon ausgeht, dass der Vertrag seitens Ihres Vertragspartners von Vornherein nicht erfüllt werden sollte. Für die an der Vertragsdurchführung/Zahlungsabwicklung beteiligten Dritten kommt ebenfalls eine Strafbarkeit als Mittäter oder als Gehilfen zumindest in Betracht.
Strafanzeige können Sie bei jeder deutschen Polizeidienststelle erstatten. Es gilt in jedem Fall auch deutsches Strafrecht, entweder über § 3 StGB
(Inlandstat), wenn man auf den Erfolgsort des Betruges abstellt, d. h. auf den Ort, wo der Schaden eingetreten ist (= Ihr Wohnort = Inland), oder aber man nimmt (weil man auf den Handlungsort = Ort der Täuschungshandlung abstellt) eine Auslandstat nach § 7 Abs. 1 StGB
an, die gegen einen Deutschen begangen wurde und die in England mit Strafe bedroht ist. Der Betrug ist auch in England strafbar (Criminal Code, Section 263). Mit welcher Vorschrift man die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts begründet, ist völlig unerheblich und braucht Sie als Anzeigeerstatter nicht zu kümmern. Nimmt man eine Auslandstat an, könnte die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung absehen (§ 153c Abs. 1 Nr. 1 StPO
); hier wäre der Strafverfolgungszwang, der bei Inlandstaten besteht, also gelockert.
Ebenso wenig müssen Sie als Anzeigeerstatter den Sachverhalt rechtlich würdigen; das ist allein Aufgabe der zuständigen Strafverfolgungsbehörden. Sie müssen der Polizei lediglich den Sachverhalt vollständig und wahrheitsgemäß schildern, natürlich auch die Tatsache, dass Ihnen ein Schaden in Höhe des vereinbarten Kaufpreises entstanden ist, und dass Sie wünschen, dass die Beteiligten bestraft werden (Strafantrag).
Fügen Sie Ihrer Anzeige sämtliche Unterlagen bei, die Ihnen zur Verfügung stehen (insbesondere die Adresse der englischen Autoseite, das konkrete Angebot, die bisher mit den Beteiligten geführte Korrespondenz, Ihnen bekannte E-Mail- und IP-Adressen, Faxnummern, Kontoverbindung des Transferagenten). Welche Personen sich hinter den ganzen Adressen und Kontonummern verbergen, ermitteln die Strafverfolgungsbehörden eigenständig; Sie selbst müssen sich nicht darum kümmern.
Für die Anzeige ist keine Form vorgeschrieben; Sie könnten sie theoretisch auch mündlich bei der Polizei aufgeben; diese würde dann zu Protokoll genommen. Es empfiehlt sich aber, schriftlich Anzeige zu erstatten. In Niedersachsen haben Sie über die Adresse
https://www.polizei.niedersachsen.de/onlinewache/anzeige_allgemein_seite_1.php#content
auch die Möglichkeit, über ein Online-Formular Anzeige zu erstatten. Eine Zuordnung an die zuständige Dienststelle erfolgt automatisch aufgrund Ihrer Angaben in dem entsprechenden Formular.
Sobald das Ermittlungsverfahren abgeschlossen ist, sollten Sie über einen örtlichen Rechtsanwalt Akteneinsicht nehmen, um der Ermittlungsakte hoffentlich die „wahren" Personendaten zu entnehmen, um auch zivilrechtlich gegen die betreffende(n) Person(en) vorzugehen. Für die Akteneinsicht benötigt Ihr Anwalt das Aktenzeichen, das Ihnen die Polizei nach Anzeigeerstattung unaufgefordert mitteilen wird. Einen Anwalt mit speziellen Kenntnissen des englischen Rechts benötigen Sie in Ihrem Fall nicht. Sie könnten sogar gemäß Artikel 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO
(Verordnung des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen) an Ihrem Wohnort klagen, wenn vereinbart war, dass das Auto an Ihren Wohnort zu liefern ist.
Ich hoffe, Ihnen hiermit einen erste rechtliche Orientierung gegeben zu haben, und wünsche Ihnen für Ihr weiteres Vorgehen viel Erfolg.
Mit freundlichen Grüßen
Felix M. Safadi
Rechtsanwalt
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Allgemeine Hinweise:
Bitte erlauben Sie mir noch den obligatorischen Hinweis, dass es sich bei dieser Antwort lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des allein auf Ihren Angaben basierenden Sachverhalts handelt. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen weiterer Angaben kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.
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