Gerne zu Ihren beiden Fragen.
1. Darf der Händler die Auslieferung des Wohnmobils verweigern, obwohl eine Finanzierungszusage (Annahmeerklärung) der Bank vorliegt und die Anzahlung erfolgt ist?
Antwort: Ja, der Händler darf die Übergabe verweigern, solange der Kaufpreis (vorliegend speziell der vertraglich vereinbarte Zahlungsmodus) noch nicht vollständig erfüllt ist – auch bei vorliegender Finanzierungszusage.
Gemäß § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB gilt der Grundsatz der Zug-um-Zug-Leistung:
Zitat:§ 320 BGB Einrede des nicht erfüllten Vertrags
(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.
(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
Wer mithin aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, braucht die ihm obliegende Leistung nur zu bewirken, wenn die Gegenleistung voll erbracht ist. Der Händler muss das Fahrzeug erst dann herausgeben, wenn ihm die vollständige Kaufpreiszahlung sicher zugeflossen ist. Eine Annahmeerklärung der Bank stellt noch keinen Zahlungseingang dar, sondern lediglich ein Zahlungsversprechen. Händler sind nicht verpflichtet, sich auf die Bonität oder Zahlungsabwicklung durch Dritte zu verlassen – selbst dann nicht, wenn es sich um eine Bank handelt.
Auch in Fällen der Finanzierung lehnt die Rspr. und LIt. eine Herausgabepflicht vor Zahlung ab Maßgeblich ist nicht das Zustandekommen des Darlehensvertrags, sondern der Zahlungseingang oder ein gleichwertiger Sicherheitsnachweis (etwa Treuhandauftrag, Bankbürgschaft oder unwiderrufliches Zahlungsversprechen mit Sicherungsklausel.
Allerdings ist § 320 BGB durch Individualvereinbarung abdingbar (Palandt Rn 3) weshalb Sie den Kaufvertrag diesbezüglich überprüfen sollten.
2. Darf der Käufer die Zulassungsbescheinigung Teil II (ZB II) zurückbehalten, obwohl der Händler sie zur Abrechnung mit der Bank benötigt, solange das Fahrzeug nicht übergeben und nicht mangelfrei ist?
Antwort: Der Käufer darf die ZB II bis zur ordnungsgemäßen Übergabe des mangelfreien Fahrzeugs zurückbehalten.
Rechtliche Begründung:
Die ZB II ist im wirtschaftlichen Sinne ein quasi Inhaberpapier zur Verwertung/Veräußerung/Verpfändung, insbesondere bei kreditfinanzierten Geschäften. Durch deren Besitz kann der Kreditgeber sein Sicherungseigentum absichern. Der Käufer ist allerdings gemäß § 273 Abs. 1 BGB zur Zurückbehaltung berechtigt:
Zitat:§ 273 BGB Zurückbehaltungsrecht
(1) Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht).
Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, eine Leistung zu bewirken, kann die Leistung verweigern, bis ihm die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht). Voraussetzungen mithin die Gegenseitigkeit des Verhältnisses: Die Rückgabe der ZB II steht im funktionalen Zusammenhang mit der Übergabe des Wohnmobils.
Nicht mangelfreie Lieferung: Wenn das Fahrzeug bei der Übergabe Mängel aufweist (z. B. fehlende Anbauten), ist die Hauptleistungspflicht des Händlers noch nicht erfüllt (§§ 433 Abs. 1, 434 BGB).
Aber auch hier gilt: "...sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt", so dass auch dazu der Kaufvertrag auf eine anderslautende Vereinbarung geprüft werden sollte, denn Sie berichten ja,...
Der Händler will nun jedoch unverzüglich die ZB II vom Käufer, um die Abrechnung der Finanzierung mit der Santander vorzunehmen, was den Beginn der Ratenzahlung des Käufers auslöst, obschon das Fahrzeug weder geliefert wurde, noch es mangelfrei ist.
Deshalb ist folgendes wichtig: Keine treuwidrige Verzögerung: Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts darf nicht gegen § 242 BGB (Treu und Glauben) verstoßen. Das wäre nur dann der Fall, wenn der Käufer das Zurückbehaltungsrecht zur Schikane oder zur unbegründeten Verzögerung einsetzt, wofür ich hier wiederum im 2. Hs. "begründete" Anhaltspunkte sehe: ......was den Beginn der Ratenzahlung des Käufers auslöst, obschon das Fahrzeug weder geliefert wurde, noch es mangelfrei ist.
Das führt zu folgenden Überlegungen bzw. Argumenten: Rechtlich ist die ZB II keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Finanzierung oder deren Auszahlung, sondern ein Sicherungsinstrument. Wird sie nicht übergeben, kann die Bank das Darlehen möglicherweise nicht auszahlen – doch ist das allein Risiko des Händlers, wenn er das Fahrzeug nicht vollständig geliefert hat. Die Finanzierung löst erst dann Zahlungspflichten für den Käufer aus, wenn der Kaufvertrag durch Lieferung vollzogen wird und die Bank den Betrag auskehrt.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen