Meiner vor vielen Jahren von mir geschiedenen Ex-Frau wurden Sozialleistungen bewilligt. Das Sozialamt verlangt jetzt von mir Auskunft über Einkommen und Vermögen. In einem Schreiben dazu - zugestellt vor einigen Tagen - wird ein Selbstbehalt für mich und meine Ehefrau von 2.160 Euro genannt. In einem anderen Schreiben von April wurde dieses Vorgehen angekündigt. Jetzt heisst es, dass evtl. Unterhaltszahlungen von mir bereits ab April gefordert würden, ohne dass bisher eine Entscheidung getroffen wurde.
Stimmt es, dass der Selbstbehalt pro Bundesland bestimmt wird und in Berlin deutlich niedriger ist als anderswo? Welche Erfahrungen gibt es, den Selbstbehalt zu erhöhen zu versuchen, z.B. wg. gestiegener Wohnkosten? Welche konkreten Folgen hat das Urteil des BGH vom 23.10.2002 XII ZR 266/99
, dass der Selbstbehalt keine spürbaren Einschränkungen des Lebensstils bewirken soll?
Darf das Sozialamt evtl. Unterhalt rückwirkend verlangen wie beschrieben? Ich habe gelesen, dass Zahlungen ab dem Monat des schriftlichen Eingangs der festgelegten Höhe beginnen sollen.
der Selbstbehalt ist den Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte, für Berlin den Leitlinien des Kammergerichts, zu entnehmen.
Was die Selbstbehalte betrifft, sind diese für Ihren Sachverhalt gleich. Den genannten Selbstbehalt in Höhe von 2.160,00 € können Sie den Leitlinien des Kammergerichts entnehmen. Beispielhaft ist auch in den Süddeutschen Leitlinien der Selbstbehalt in der gleichen Höhe genannt.
In Berlin ist demnach kein besonders geringer Selbstbehalt zu verwendenden.
Da in dem Selbstbehalt Wohnkosten enthalten sind, kann es bei Übeschreitung der im Selbstbehalt enthaltenen Wohnkosten in Höhe von 430,00 € zu einer Erhöhung des Selbstbehaltes für Sie kommen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass Wohnkosten nicht in voller Höhe allein bei Ihnen anzurechnen sind. Wegen des Zusammenlebens werden die Wohnkosten nach Köpfen anteilig berechnet. Es kann aber bei hohen Kosten zu einer Erhöhung des Selbstbehaltes kommen.
Grundsätzlich wird aber bei der Unterhaltsberechnung auch Billigkeitserwägungen eine Rolle spielen. Dabei ist auch der Zeitablauf ab der Scheidung wesentlich. Bei dem Ehegattenunterhalt kommt es nicht in erster Linie auf die Einschränkungen des Lebensstils an. Die genannte Entscheidung betrifft den Elternunterhalt, bei dem andere Erwägungen ein Rolle spielen.
Nach § 1613 BGB
kommt es für Unterhalt für die Vergangenheit nicht auf die Aufforderung der Höhe nach an, sondern auf die Aufforderung zur Auskunft und dieses dürfte vermutlich erst im Mai gewesen sein.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin
Sylvia True-Bohle
Rückfrage vom Fragesteller17. Mai 2019 | 07:19
Nachfrage zum Selbstbehalt:
Welche Erfahrungen gibt es, den Selbstbehalt zu erhöhen, d.h. welche anderen Kosten (Wohnkosten hatte ich selber als Beispiell aufgeführt) werden in der Praxis anerkannt?
Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt17. Mai 2019 | 07:37
Sehr geehrter Ratsuchender,
es sind die Wohnkosten, die sich auf den Selbstbehalt erhöhend auswirken können.
Sonstige besondere Aufwendungen, z.B. wegen Krankheit werden schon bei der Einkommensberechnung berücksichtigt.