Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Fragen unter Zugrundelegung des von Ihnen geschilderten Sachverhalts und unter Berücksichtigung des von Ihnen ausgelobten Honorars wie folgt:
1. Grundsätzlich ist ein über eBay abgeschlossener Kaufvertrag auch dann wirksam, wenn das Auktionsergebnis deutlich unter dem tatsächlichen Wert der Sache liegt. Dies hat u.a. das OLG Köln in dem von Ihnen erwähnten "Rübenroder-Urteil" vom 08.12.06 (19 U 109/06
) festgestellt. Zwar können Kaufverträge bei einem krassen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung sittenwidrig sein. Dies kann jedoch bei Internet-Auktionen nicht zum Tragen kommen, da es dem Charakter einer Internet-Auktion widersprechen würde, wenn die Präsentation eines Artikels nur dann verbindlich sein soll, wenn auch ein angemessener Preis erzielt wird. Aus dem gleichen Grunde ist der Verkäufer einer Internet-Auktion auch nicht berechtigt, den Kaufvertrag wegen Irrtums nach § 119 BGB
anzufechten, wenn er den erwarteten Preis nicht erzielt hat.
2. Die Besonderheit Ihres Falles besteht darin, dass Sie nicht eine bewegliche Sache, sondern eine Immobilie "ersteigert" haben. Denn anders als bei beweglichen Sachen ist der Erwerb eines Grundstücks bzw. einer Immobilie in Deutschland stets erst nach notarieller Beurkundung wirksam. Zwar bilden auch für das Zustandekommen eines Grundstücks- bzw. Immobilienkaufvertrages Gebot und Zuschlag die für den Erwerb erforderlichen übereinstimmenden Willenserklärungen. Doch damit ist die Übertragung bzw. der Erwerb des Grundstückseigentums noch nicht abgeschlossen. Denn der Vertrag bedarf zudem, um wirksam, d.h. verbindlich zu werden, noch der notariellen Beurkundung. Solange also keine notarielle Beurkundung stattgefunden hat, unterliegen beide Vertragsteile vertraglich keinerlei Pflichten und können jederzeit von ihren Erklärungen wieder Abstand nehmen. Dies bedeutet für Ihren Fall:
Solange noch kein Notartermin stattgefunden hat, können weder Sie vom Verkäufer die Übergabe und Übereignung des Grundstücks verlangen noch kann der Verkäufer von Ihnen die Zahlung des Kaufpreises verlangen. Vor der notariellen Beurkundung sollten Sie daher auch auf keinen Fall den Kaufpreis bezahlen. Solange noch kein Notartermin stattgefunden hat, brauchen Sie sich nicht mit der Forderung auf Einhaltung des Vertrages oder Schadensersatz unter Druck setzen zu lassen, können aber umgekehrt diesen Druck auch nicht auf den Verkäufer ausüben.
3. Abschließend noch einige allgemeine Hinweise für den Immobilienkauf im Internet:
- Der Grundstückverkäufer ist verpflichtet, dem potentiellen Grundstückskäufer den beabsichtigten Text des Rechtsgeschäfts zwei Wochen vor der Beurkundung zur Verfügung zu stellen, um ihn vor vorschnellen und unüberlegten Handlungen zu bewahren. Bei einer Immobilienversteigerung muss der Vertragstext deshalb öffentlich bekannt gegeben werden, bei einer Online-Auktion zusammen mit dem Angebot im Internet. Fehlt es hieran, spricht dies nicht unbedingt für die Seriosität des Verkäufers und seiner Offerte.
- Vorsicht ist auch immer dann geboten, wenn, wie dies bei einigen Immobilien-Auktionatoren der Fall ist, der Bieter vor der Versteigerung eine Vollmacht unterschreiben muss, aufgrund derer dann ein Mitarbeiter des Auktionshauses den notariellen Kaufvertrag für den Ersteigerer abschließt. Das ist in jedem Fall dann problematisch, wenn die Vollmacht ohne vorherige persönliche Beratung durch einen Notar schriftlich abgegeben werden soll, da dann die Gefahr besteht, dass der Bieter vor Abschluss des Kaufvertrages über die Tragweite nicht ausreichend belehrt wird.
In der Hoffnung, Ihnen mit meiner Antwort eine erste Orientierungshilfe gegeben zu haben, verblleibe ich
Mit freundlichen Grüßen
Martin Heuser
Rechtsanwalt
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