Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für die Anfrage, die ich wie folgt beantworte:
Auch in der Insolvenz der Bank bestimmt sich die Frage, ob Sie aufrechnen können, zunächst nach den allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen gemäß §§ 387 ff. BGB
. Voraussetzung ist eine gleichartige, gegenseitige und durchsetzbare Gegenforderung. Allerdings wird das Aufrechnungsrecht in der Insolvenz des Schuldners gem. §§ 94 – 96 InsO modifiziert.
Soweit die Möglichkeit zur Aufrechnung bereits vor Verfahrenseröffnung bestand, ist die Aufrechnungsmöglichkeit innerhalb des Insolvenzverfahrens nicht ausgeschlossen (§ 94 InsO
). Wenn die Darlehensforderung noch nicht fällig war – wovon nach ihrer Sachverhaltsschilderung auszugehen ist – ermangelt es an einer Aufrechnungslage.
Mit einer Forderung, die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwar schon begründet, die aber noch nicht fällig oder aufschiebend bedingt oder nicht gleichartig ist, kann gem. § 95 InsO
erst aufgerechnet werden, wenn diese Bedingungen eingetreten sind oder diese Hindernisse nach Verfahrenseröffnung fortgefallen sind.
Im laufenden Insolvenzverfahren wird die Aufrechnungsbefugnis beschränkt. Nach § 96 InsO
ist die Aufrechnung unzulässig, wenn die Forderung des Gläubigers erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist, der Gläubiger seine Forderung gegen den Schuldner erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat, der Gläubiger die Möglichkeit zu einer Aufrechnung durch eine anfechtbare Handlung erworben hat oder die Forderung des Gläubigers sich gegen das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners richtet. Ihnen verbleibt dann nur die Möglichkeit, den Betrag zur Insolvenztabelle anzumelden.
Für den Fall, dass eine Aufrechnungslage in der Zeit zwischen Antragstellung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstand, ist die Aufrechnung zwar grundsätzlich wirksam, doch hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass zumindest dann, wenn die Aufrechnungslage in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder in Kenntnis des Insolvenzantrages herbeigeführt worden ist, die Aufrechnung anfechtbar ist.
Zu ihrer Frage, ob das Recht, die Darlehensforderung an einen Dritten abzutreten, Einfluss auf ihr mögliches Recht der Aufrechnung hat, verweise ich auf § 404 BGB
. Danach können Sie als Schuldner der Darlehensforderung dem neuen Gläubiger die Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger – die Bank – begründet waren.
Rein vorsorglich weise ich noch auf folgendes hin:
Auch wenn ihre Geldanlage bei der Bank nicht durch einen Einlagensicherungsfonds geschützt ist, so weise ich darauf hin, dass neben den freiwilligen Sicherungssystemen der Einlagensicherungsfonds auch gesetzliche Regelungen zum Schutz der Kundengelder im Falle der Insolvenz der Bank existieren. In Deutschland ist das Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAEG) maßgeblich. Das Gesetz schützt gemäß § 4 Abs. 2 EAEG Einlagen bis zu einem Gegenwert von 100.000,00 EUR, wenn der Entschädigungsfall durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen festgestellt wird.
Ich hoffe Ihnen mit der Beantwortung einen ersten Überblick gegeben zu haben. Eine Beratung innerhalb dieses Forums stellt nur eine erste rechtliche Orientierung dar. Ich weise darauf hin, dass durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben die rechtliche Beurteilung anders ausfallen kann.
Für Rückfragen stehe ich im Rahmen der Nachfragefunktion gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Blum
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Hr. Dr. Blum,
recht herzlichen Dank fuer die sehr ausfuehrliche Beantwortung meiner Frage. Nur um sicher zu sein, das ich Sie richtig verstanden habe:
Wenn ich Sie richtig verstehe, ist somit eine Verrechnung des durch die Bank gewaehrten Darlehens an mich und einer eventuell vorhandenen Spareinlage nicht moeglich, richtig ?
Ist denn im Falle einer Insolvenz der Bank zumindest eine Verrechnung der monatlich faelligen Darlehenszahlungen an die Bank mit meinem urspruenglich vorhandenen Guthaben solange moeglich bis das Guthaben verbraucht ist oder stellt sich die Sache tatsaechlich so dar, das in einem Insolvenzfall der Bank ich weiterhin meine Darlehensraten weiterhin ggfls. an den rechtlichen Nachfolger in voller Hoehe zahlen muss waehrend mein Guthaben komplett verloren ist ? (mal abgesehen von der Einlagensicherung)
Mir ist klar das Einlagen bis zu einem Gegenwert von 100.000 Euro normalerweise geschuetzt sind, mir geht es eigentlich mehr darum was passiert wenn diese Grenze ueberschritten wird.
Recht herzlichen Dank.
Mit freundlichen Gruessen,
Sehr geehrter Fragesteller,
eine Verrechnung mit nicht fälligen Darlehensforderungen in der Insolvenz der Bank ist grundsätzlich nicht möglich.
Das von der Bank (Insolvenzschuldner) als Darlehensgeber eingegangene Darlehensverhältnis besteht gem. § 108 Abs. 2 InsO
mit Wirkung für die Masse fort, soweit dem Darlehensnehmer – wie in ihrem Fall – der geschuldete Gegenstand zur Verfügung gestellt wurde.
Es besteht grundsätzlich kein Recht des Darlehensgebers oder dessen Insolvenzverwaltung den Darlehensrückzahlungsanspruch sofort fällig zu stellen. Das Gesetz sieht keine vorzeitige Beendigung des Vertrages für den Fall der Insolvenz des Darlehensgebers vor.
Jedoch können Sie mit der Bank ein außerordentliches Kündigungsrecht vertraglich vereinbart haben. Bitte schauen Sie in die Vertragsunterlagen.
Allerdings wäre die vorzeitige Beendigung wohl als Gläubigerbenachteiligung anfechtbar, wenn der Marktzins niedriger ist als der Vertragszins. Da kein wesentliches Interesse der Bank an der Beendigung des Vertrages besteht, dürfte nach Valutierung wohl immer die Anfechtbarkeit gegeben sein.
Eine Aufrechnung der laufenden fälligen Darlehensraten mit dem Sparguthaben dürfte daran scheitern, dass in den in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken und Sparkassen regelmäßig die Aufrechnungsbefugnis des Kunden beschränkt ist. Mit der vertraglichen Aufrechnungsbeschränkung wollen sich die Banken und Sparkassen davor schützen, dass Kunden mit unbegründeten Gegenforderungen aufrechnen und sich dadurch ihrer Zahlungspflicht zu entziehen versuchen.
Hierzu ist noch anzumerken, dass die Aufnahme von Aufrechnungsbeschränkungen in den AGB´s der Banken und Sparkassen von der Rechtsprechung grundsätzlich als zulässig angesehen wird. Allerdings kann es unter Beachtung der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB
) geboten sein, die Aufrechnungsbeschränkung unbeachtet zu lassen, wenn eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung in dem Sinne entscheidungsreif ist, dass sie sich als begründet erweist.
Für eine weitere Bearbeitung des Mandats stehe ich gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Blum
Rechtsanwalt