Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich unter Berücksichtigung Ihrer Angaben wie folgt beantworten möchte:
1. Ist die Begründung des Kunden gerechtfertigt? Liegt ein Sachmangel vor und müssen wir als Händler die Rücksendekosten komplett übernehmen (hohe Kosten, da Versand des Sandsackes durch Spedition) und dem Kunden auch die kompletten Speditionskosten für die Hinsendung erstatten?
Der Kunde beruft sich vorliegend auf zwei verschiedene Rechtsgrundlagen. Zum einen erklärt er den Widerruf, der ihm nur zusteht, sofern er Verbraucher ist und es sich um einen Vertrag im Fernabsatz (also online, telefonisch oder per Fax abgeschlossen) handelt. Zum anderen beruft er sich auf einen Sachmangel der gelieferten Sache.
a. Widerruf
Der Widerruf richtet sich nach §§ 312d
, 355
ff BGB. Voraussetzung für das Widerrufsrecht ist, wie bereits angedeutet, dass es sich beim Käufer um einen Verbraucher handelt und der Vertrag über Fernkommunikationsmittel abgeschlossen wurde. Liegt dies vor, kann der Käufer seine auf den Vertragsabschluss gerichtete Willenserklärung innerhalb einer normalerweise 2-wöchigen Frist widerrufen. Ein Ausschlussgrund aus § 312d Abs. 4 BGB
ist vorliegend nicht ersichtlich.
Der Kunde beruft sich auf Ihre AGB, in denen offensichtlich eine Widerrufsfrist von 1 Monat eingeräumt wird. Hier sollten Sie zunächst unbedingt überprüfen, ob diese Monatsfrist durch die Mail tatsächlich noch eingehalten wurde.
Widerruft der Verbraucher seine Erklärung, ist er gem. § 357 Abs. 2 BGB
zur Rücksendung der Sache verpflichtet, sofern sie durch ein Paket versendet werden kann. Ansonsten genügt die Anzeige des Widerrufs; der Unternehmer muss dann die Sache abholen. Die Kosten der Rücksendung hat tatsächlich der Unternehmer zu tragen. Diese Kosten können vertraglich (zB durch Aufnahme in die Widerrufsbelehrung) auf den Verbraucher umgelegt werden, wenn der Preis der zurückzusendenden Sache nicht über 40,00 € liegt. Hierzu machen Sie keine genaueren Angaben.
Jedoch kommt hier auch bereits die weitere Argumentation des Kunden zum Tragen: er behauptet, der Sandsack entspräche nicht der bestellten Ware, da er rund 30% schwerer ist, als die ca-Angabe in der Artikelbeschreibung. Sofern es sich hierbei um einen Mangel bzw. ein Aliud (also falsche Lieferung) handelt, können die Rücksendekosten auch bei einem Preis unter 40,00 € nicht auf den Verbraucher umgelegt werden. Die Frage des Mangels ist beim Widerruf entsprechend nur relevant, wenn der Kaufpreis unter 40,00 € liegt oder aber bei einem höheren Preis der Käufer die Gegenleistung nocht nicht (vollständig) erbracht hat, § 357 Abs. 2 BGB
.
Hinsichtlich der Hinsendekosten bezieht sich der Kunde auf ein Urteil des EuGH vom 15.04.2010. Hierin hat das Gericht entschieden, dass dem Verbraucher die Hinsendekosten im Falle des wirksamen Widerrufs nicht auferlegt werden dürfen. Diese sind dann tatsächlich vom Unternehmer zu tragen.
Aufgrund des EuGH-Urteils erging im Juli 2010 auch ein BGH-Urteil (Az. VIII ZR268/07), in welchem sich die BGH-Richter der EuGH-Auffassung anschlossen. Im Falle des Widerrufs sind entsprechend lediglich die Rücksendekosten auf den Verbraucher per Widerrufsbelehrung abwälzbar, sofern der Kaufpreis unter 40,00 € liegt oder der Verbraucher bei einem höheren Preis zum Zeitpunkt des Widerrufs seine Leistung (teilweise) noch nicht erbracht hat.
b. Mangel
Hinsichtlich des Gewichts des Sacks ist vorliegend wohl festzustellen, dass es sich um einen Mangel handelt. Ein Sachmangel gem. § 434 BGB
liegt vor, wenn die Sache bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Der Sandsack sollte gem. Artikelbeschreibung ein Gewicht von ca. 40 kg haben. Der Käufer behauptet hier, der Sandsack habe ein Gewicht von 51,3 kg. Dies entspricht einem Mehrgewicht von rund 28 % und ist damit auch nicht mehr unerheblich.
Der unbedarfte Käufer muss nicht mit einem Mehrgewicht von fast 30% rechnen. Sie geben an, dass dies durchaus eine normale Schwankung ist, die bei Sandsäcken üblich ist. In diesem Fall wäre es eventuell angebracht, hierauf auch innerhalb der Artikelbeschreibung hinzuweisen. Ein Mangel könnte ausscheiden, wenn es tatsächlich bekannte Tatsache ist, dass das Gewicht von Sandsäcken um 30% schwankt. Hierfür wären Sie jedoch beweispflichtig.
Da der Käufer sich innerhalb seines Widerrufs auf die Mangelhaftigkeit beruft, wären Sie als Unternehmer entsprechend auch bei einem Kaufpreis unter 40,00 € (bzw. Vorliegen der anderen o.g. Voraussetzungen) zur Tragung der Rücksendekosten verpflichtet. Sie können jedoch eine für sich günstige Möglichkeit des Transports (günstige Spedition oä) auswählen, da der Sandsack wohl nicht mit einem normalen Paket verschickt werden kann.
2. Um das Ergebnis nochmal zusammenfassen:
Sofern der Kunde tatsächlich innerhalb der von Ihnen in den AGB vorgesehenen Frist widerrufen hat, sind Sie aufgrund der Mangelhaftigkeit in der vorliegenden Konstellation zur Tragung der Rücksendekosten verpflichtet. Auch ohne Mangelhaftigkeit haben Sie die Rücksendekosten zu tragen, wenn der Kaufpreis über 40,00 € liegt. Die Hinsendekosten müssen Sie als Unternehmer tatsächlich ebenfalls tragen.
Dies ist dem Umstand geschuldet, dass der Verbraucher sich die Ware nicht wie in einem Ladengeschäft zuvor ansehen und prüfen kann. Aus diesem Grund sieht der (europäische) Gesetzgeber eine besondere Schutzwürdigkeit des Verbrauchers, der mit diesen Regelungen Geltung verschafft wird.
Es tut mir leid, Ihnen im Ergebnis keine erfreulichere Antwort geben zu können. Gegebenenfalls können Sie sich jedoch mit dem Käufer auch zB dahingehend einigen, dass er den Sandsack bei einem gewissen Preisnachlass behält. Dies könnte im Ergebnis immer noch günstiger sein, als Hin- und Rücksendekosten zu tragen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit den obigen Ausführungen eine erste rechtliche Orientierung geben. Bitte beachten Sie jedoch, dass dieses Forum keine persönliche Rechtsberatung ersetzen kann und dass durch Hinzufügen oder Weglassen wichtiger Informationen die rechtliche Bewertung anders ausfallen kann.
Bei Nachfragen nutzen Sie gerne die kostenlose Nachfragefunktion.
Ich wünsche Ihnen noch eine schöne Woche!
Mit freundlichen Grüßen
Nele Trenner
Rechtsanwältin
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