Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Es stellt sich schon die Frage, ob es nach einem Urteil des europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2019 überhaupt noch zulässig ist, das Modell der Vertrauensarbeitszeit anzuwenden.
Der Verstoß gegen die Weisung, die Arbeitszeiten taggenau oder spätestens am Folgetag zu erfassen, kann natürlich abgemahnt werden. Im Fall von mehreren Verstößen können die Arbeitsverhältnisse sodann gekündigt werden. Vermutlich können Sie aber sämtliche Arbeitnehmer ohnehin fristgerecht entlassen, da nach Ihrer Mitteilung Sie nur fünf Arbeitnehmer insgesamt beschäftigen und das Kündigungsschutzgesetz auf ihren Betrieb nicht Anwendung finden dürfte. Es wird sich nur noch die Frage von Sonderkündigungsschutz wie einer Schwerbehinderung oder ähnlichem stellen.
Da es Ihnen ja aber ganz offensichtlich nicht um solche arbeitsrechtlichen Sanktionen geht, sollten Sie noch einmal im positiven das Gespräch mit den Mitarbeitern suchen und eine Vereinbarung dahingehend treffen, dass diese Weisung befolgt wird. Diese Vereinbarung sollte idealerweise auch von dem Mitarbeiter selbst aufgesetzt werden, da es dann höhere Aussichten gibt, dass sie befolgt wird. Dies ist aber letztlich eher eine psychologische Frage als eine juristische.
Im Hinblick auf die Überstunden ist es so, dass sie nur dann bezahlt werden müssen, wenn Sie Kenntnis hiervon hatten. Erfahren Sie dies teilweise Wochen später, könnten Sie die Bezahlung bzw. Aufnahme in ein Arbeitszeitkonto auch einmal ablehnen mit dem Hinweis, dass Sie die Arbeit anders verteilt hätten, wenn es Ihnen schlicht einmal bekannt geworden wäre, dass ein gewisses Projekt arbeitsintensiver war als gedacht. Es ist nicht so, dass sich ein Mitarbeiter die Überstunden selbst genehmigen kann, wenn er diese schlicht notiert und Ihnen dann am Monatsende insgesamt einreicht. Vielleicht ist also dann auch eine Kürzung eines Überstundenkontos einmal ein Instrument, ein betreffenden Mitarbeiter dazu anzuhalten, die Stunden taggenau zu dokumentieren und bei erhöhtem Arbeitsbedarf Kontakt zu dem Vorgesetzten zu suchen, ob die Überstunden nun gewünscht sind oder eine Arbeit anders verteilt oder auch bis zum nächsten Tag liegen bleiben kann.
Sie sollten in jedem Fall die Weisung, die Arbeitszeit täglich zu erfassen, dokumentieren, sowie auch die Hereingabe der tatsächlichen Arbeitszeiten. Gegebenenfalls sollten Sie auch noch die eine oder andere Erinnerung dokumentieren.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwältin Dr. Elke Scheibeler
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