Sehr geehrte Fragestellerin,
Ihre Anfrage beantworte ich Ihnen gerne wie folgt:
Zunächst müsste einmal genau geklärt werden, welchen Anwalt (Anwalt 1 oder Anwalt 2) Sie mit der Vertretung Ihrer rechtlichen Interessen in der Mietrechtsstreitigkeit beauftragt haben. Ich verstehe Ihre Schilderung zunächst so, dass Sie ausschließlich Anwalt 2 beauftragt haben und Anwalt 1 Ihnen Anwalt 2 lediglich empfohlen hat. Wenn Sie daraufhin Anwalt 2 eine Vollmacht erteilt haben, wäre auch ausschließlich dieser von Ihnen bevollmächtigt. Nur Anwalt 2 könnte Ihnen dann überhaupt eine Rechnung für seine Tätigkeit stellen. Wenn Sie nun schreiben, dass Sie eine Rechnung von Anwalt 1 erhalten haben, kann ich dies zunächst nicht nachvollziehen. Bitte schildern Sie mir im Rahmen der kostenlosen Nachfrage noch einmal genau, welcher Rechtsanwalt für Sie tätig geworden ist (mit Vollmacht!) und von welchem Anwalt Sie die Rechnung über 600,- € erhalten haben.
Die strafrechtliche Beurteilung des Verhaltens von Rechtsanwalt 1 im Verein hängt auch von der Klärung des genauen Sachverhalts ab. Soweit ein Mandatsverhältnis zu Rechtsanwalt 1 bestand, hätte dieser m.E. in der Tat gegen seine Schweigeverpflichtung verstoßen. Der Anwalt darf Dritten gegenüber keine Informationen aus dem Mandatsverhältnis mitteilen. Dies gilt auch dann noch, wenn das Mandatsverhältnis schon beendet ist. Keinesfalls darf Anwalt 1 über Details der Bezahlung seiner Anwaltsrechnung mit Dritten sprechen. Unter den Voraussetzungen, dass Anwalt 1 von Ihnen beauftragt gewesen ist, hätte sich dieser durch seine Äußerungen unter Missachtung seiner Schweigeverpflichtung gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB
strafbar gemacht.
Unabhängig davon kann sich Anwalt 1 auch gemäß § 186 StGB
wegen übler Nachrede strafbar gemacht haben. Die Verbreitung der „Tatsache“, sie hätten die Anwaltsrechnung nicht bezahlt und seien deswegen eine Betrügerin, ist eine Tatsachenbehauptung im Sinne dieser Vorschrift. Die Behauptung eines Betruges bedeutet außerdem, dass vom Anwalt behauptet wird, Sie hätten SCHON BEI ERTEILUNG DES AUFTRAGES zur anwaltlichen Vertretung nicht vorgehabt, die spätere Rechnung zu zahlen. Die bloße Zahlung einer Rechnung allein begründet nämlich keinen Betrug. Anwalt 1 müsste deshalb nachweisen können, dass Sie schon zum Zeitpunkt der Erteilung des Auftrages nicht zahlungswillig bzw. nicht zahlungsfähig gewesen sind. Wenn ihm dies nicht gelingt, hat er sich gemäß § 186 StGB
strafbar gemacht, und zwar unabhängig davon, ob er oder Anwalt 2 von Ihnen beauftragt worden ist.
Sollte ausschließlich Anwalt 2 beauftragt gewesen sein, kann auch dieser sich gemäß § 203
bzw. § 186 StGB
strafbar gemacht haben. Er darf nämlich auch mit Anwalt 1 nicht über das Mandatsverhältnis zu Ihnen sprechen, wenn keine Schweigepflichtentbindung vorliegt. Für eine Strafbarkeit gemäß § 186 StGB
müsste man wissen, was genau Anwalt 2 zu Anwalt 1 gesagt hat. Wenn auch dieser von einem Betrug ihrerseits spricht, läge auch hierin ein Verstoß gegen § 186 StGB
.
Zivilrechtlich können Sie von Anwalt 1 die Unterlassung der Äußerungen verlangen. Ebenso können Sie die Rechtsanwaltskammer einschalten. Unter Umständen droht dem Anwalt dann ein berufsrechtliches Verfahren, dass theoretisch auch zu einem Ausschluss aus der Anwaltschaft führen kann.
Hinsichtlich der Anwaltsrechnung kommt es darauf an, ob die Bearbeitung des Mandats tatsächlich davon abhängig gemacht wurden ist, dass die Rechtsschutzversicherung ihre Deckungszusage erteilt. Ob die Rechnung gezahlt werden muss, ist aber eine nicht ganz unkomplizierte Frage, bei der mir mehr Details bekannt sein müssten.
Der von Ihnen geschilderte Sachverhalt ist sehr komplex und berührt mehrere Rechtsgebiete (Strafrecht, anwaltliches Berufsrecht, Zivilrecht). Vor der Einleitung rechtlicher Schritte gegen den Anwalt 1 oder Anwalt 2 sollten Sie den gesamten Sachverhalt und das weitere Vorgehen m.E. unbedingt mit einem Kollegen vor Ort beraten. Eine abschließende Stellungnahme, welche Schritte nun genau sinnvoll sind, würde den Rahmen dieses Forums bei weitem sprengen. Sie könnte außerdem ohne GENAUE Kenntnis des gesamten umfangreichen Sachverhalts nicht abschließend gegeben werden.
Möglicherweise zahlt Ihre Rechtsschutzversicherung die Tätigkeit des Anwalts, den Sie nun aufsuchen, zumindest aber eine ausführliche persönliche Beratung vor Ort.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten rechtlichen Überblick gegeben zu haben. Gerne können Sie eine kostenlose Nachfrage stellen und dabei insb. den Sachverhalt hins. der Beauftragung des Anwalts klarstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Björn Cziersky-Reis
Rechtsanwalt
Alt-Moabit 62-63
10555 Berlin
Tel.: 030 / 397 492 57
Fax: 030 / 397 492 65
E-Mail: kontakt@kanzlei-cziersky.de
Internet: www.kanzlei-cziersky.de
Antwort
vonRechtsanwalt Björn Cziersky-Reis
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10555 Berlin
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Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt, herzlichen Dank für Ihre superschnelle Antwort. Diese deckt sich mit meiner Einschätzung. Anwalt 1 hat kein Mandat, hat Anwalt 2 empfohlen. Dieser hat die Rechnung gestellt, lässt aber ausschliesslich Anwalt 1 schreiben, der mir die Zusage wg d. Versicherung erteilte. Ich zahle meine Rechnung idR noch am Tag des Rechnungserhaltes, nur bei Krankenhaus/ Pflegeaufenthalt kann es mal zu Verzögerung kommen, weil ich alleine bin.Hatte RA 2 gebeten, mir doch bei der Vers. zu helfen, dass diese die Kosten trägt, null Reaktion. RA 1 brüllt mich am Telefon mit Schimpfworten an, als ich wg einer einvernehmlichen Lösung damals anrief. Pikant dabei, vor kurzer Zeit bat RA 1 mich per Mail um Rat und Hilfe wg eines Mandanten,ich solle ihm aus meinem Fachgebiet helfen. keine 4 Wochen später dann diese Anzeige, über 3 Jahre nach der angebl Tat. Ich bin noch immer bereit zu zahlen, wenn diese Forderung rechtmässig ist.
Beste Grüsse!
Sehr geehrte Fragestellerin,
ich muss ehrlich zugeben, dass ich das Vorgehen der beiden Kollegen in diesem Fall überhaupt nicht nachvollziehen kann. Es ist ja schon unglaublich, dass hier Anwalt 1 anscheinend den Schriftverkehr übernimmt, obwohl er gar nicht beauftragt ist. Von einem derartigen Vorgehen eines Kollegen habe ich noch nie gehört. Auch die Tatsache, dass hier anscheinend in der Öffentlichkeit munter über das Mandatsverhältnis berichtet wird, ist vollkommen untragbar.
Mein Rat an Sie ist in diesem Fall tatsächlich, den gesamten Fall von einem anderen Anwalt vor Ort überprüfen zu lassen, schon um hier "Waffengleichheit" herzustellen. Sprechen Sie unbedingt die Kostenübernahme durch die Rechtsschutzversicherung an. Keinesfalls sollten Sie sich von Anwalt 1 einschüchtern lassen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei dem weiteren Vorgehen in dieser Sache. Wenn Sie mit meiner Antwort zufrieden waren, bitte ich um eine kurze Bewertung.
Mit freundlichen Grüßen
Björn Cziersky-Reis
Rechtsanwalt