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Anfechtbarkeit einer Überlassung nach einer Insolvenz

16. Januar 2010 12:18 |
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Insolvenzrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Dennis Meivogel

Hallo, eine Erbengemeinschaft hat ein größeres bebautes Grundstück und nimmt mehrere Kredite auf. Als die Raten nicht mehr bezahlt werden konnten, wurde die Insolvenz eingeleitet. Jeder Erbe haftet mit dem vollen Betrag, den allerdings keiner bezahlen konnte. Das Grundstück wurde Zwangsversteigert, aber es bleibt noch eine hohe Schuldensumme übrig. Ein Erbe überlies das private Haus mit Grundstück, welches ihm zu 50% gehörte (aber nicht zur Erbengemeinschaft), seinem Kind. Die Anfechtbarkeit dieser Schenkung muß 4 Jahre zurück liegen. Da die Talfahrt der Erbengemeinschaft schneller ging als angenommen, konnte diese Zeit nicht eingehalten werden. Wie lange muß der Erbe nun ausharren, damit er eine Privatinsolvenz durchführen kann? Oder wie lange können die Gläubiger die Schenkung anfechten? Welche Termine zählen bei den Anfechtbarkeitsfristen? Tag der Insolvenz, Tag der Überlassung oder Grundbucheintrag ...?

Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Zunächst möchte ich wegen der Anfechtung auf folgende Rechtslage hinweisen:

Im vereinfachten Privatinsolvenzverfahren werden anders als im normalen Insolvenzverfahren die Aufgaben des Insolvenzverwalters gemäß § 313 Abs. 1 InsO von dem sogenannten Treuhänder (§ 292 InsO ) wahrgenommen. Um den Treuhänder nicht allzu viel Tätigkeiten aufzubürden, wird in § 313 Absätze 2 und 3 InsO bestimmt, dass bestimmte Tätigkeiten des Treuhänders wegen seiner Funktion als Verwalter auf die Gläubiger verlagert werden. So steht gemäß § 313 Abs. 2 InsO das Anfechtungsrecht nur den Gläubigern zu. Die Gläubigerversammlung kann aber den Treuhänder oder aber einen einzelnen Gläubiger mit der Anfechtung beauftragen (§ 313 Abs. 2 Satz 3 InsO ).

Im Ergebnis ist die Anfechtung also unabhängig von der Insolvenzart möglich.

Voraussetzung sämtlicher Anfechtungstatbestände ist die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger durch Handlungen in Bezug auf Vermögensgegenstände des Insolvenzschuldners (§ 129 InsO ).

Eine Schenkung ist eine unentgeltliche Hergabe eines Vermögensgegenstandes. Die dadurch eintretende Verkürzung der Masse benachteiligt die Gläubiger.

Anfechtbar sind unentgeltliche Leistungen des Schuldners, wenn sie innerhalb von vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewirkt worden sind (§ 134 InsO ). Dazu zählen nicht nur Verfügungen - also Rechtsgeschäfte -, durch die bestehende Rechte mit unmittelbarer Wirkung aufgehoben, übertragen, belastet oder verändert werden, sondern auch verpflichtende Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen und auch sonst jede Vermögensentäußerung. Ausgenommen von der Anfechtung wegen unentgeltlicher Leistungen sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke geringen Werts (§ 134 Abs. 2 InsO ).

Vorliegend wurde ein hälftiger Miteigentumsanteil an einer Immobilie verschenkt. Somit ist eine Anfechtbarkeit nach § 134 InsO gegeben, wenn die Schenkung binnen 4 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewirkt worden ist.

Eine Rechtshandlung gilt in dem Zeitpunkt als vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten (§ 140 InsO ). Für die Anfechtbarkeit von Rechtsgeschäften, zu deren Wirksamwerden die Eintragung im Grundbuch erforderlich ist muss jedoch auf den Zeitpunkt abgestellt werden, in dem die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist. Dies ist bei einer Immobilienschenkung im Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Übertragungsvertrages.

Allerdings sind vorliegend auch weitergehende Anfechtungsansprüche zu beachten.

Anfechtbar ist nämlich auch eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Eröffnungsantrag oder danach mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat und der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte (§ 133 Abs. 1 InsO ). Der Vorsatz zur Gläubigerbenachteiligung ist schon gegeben, wenn der Schuldner die Benachteiligung neben anderen Zielen im Auge gehabt, sie als mutmaßliche Folge seines Handelns erkannt und gebilligt hat und dies dem anderen Teil bekannt war.

Zwar ist bei dieser Anfechtung die Beweisführung für den Anfechtungsberechtigten etwas erschwert, da neben dem Benachteiligungsvorsatz auch die Kenntnis des anderen Teils (des Beschenkten) nachgewiesen werden muss. Sie sollten daher prüfen, ob die Übertragung nach diesen Voraussetzungen nicht möglicherweise auch noch bis zu 10 Jahren angefochten werden kann.

Im Ergebnis kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass nach einer „Wartezeit“ von 4 Jahren seit Vertragsschluss für die Übertragung bis zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens keine Anfechtungsgefahr mehr besteht. Die Anfechtungsansprüche können auch bis zu 10 Jahren vor der Eröffnung eines Verfahrens greifen.

Rückfrage vom Fragesteller 18. Januar 2010 | 18:34

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Vor der Nachfrage noch 3 Sätze:
Ein Vorsatz bzw. eine gewollte Benachteiligung der Gläubiger hatte der Erbe nicht im Sinn. Auch konnte im Vorfeld nicht unbedingt mit einer Insolvenz der Erbengemeinschaft gerechnet werden. Aber solche Sachverhalte kann jedes Gericht anders auslegen!

Meine Frage:
Muß der Erbe nun ein Leben lang "auf Kohlen sitzen", oder erlischt nach einer bestimmten Zeit (nach dem Insolvenz-Eröffnungsantrag) die Anfechtbarkeit auf die Schenkung?

Mit freundlichem Gruß
der Fragesteller

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 18. Januar 2010 | 21:13

Sehr geehrter Fragesteller,

wenn der Anfechtungsgrund der vorsätzlichen Benachteiligung nach § 133 Abs. 1 InsO mangels Benachteiligungsvorsatz nicht anzunehmen ist (bis 10 Jahre vor dem Antrag anfechtbar), dann verbleibt letztlich der Anfechtungsgrund wegen unentgeltlicher Leistungen gemäß 134 InsO. Damit wäre eine Anfechtbarkeit der letzten 4 Jahre vor der Antragstellung gegeben.

Lassen Sie mich eine Anmerkung machen: es geht nicht darum, dass ein Anfechtungsanspruch in einer bestimmten zeit nach Antragstellung erlischt. Es geht darum, dass der Verwalter Vorgänge die in der Vergangenheit liegen anfechten kann. Maßgeblich für die Fristen ist der Antrag. Von diesem Zeitpunkt werden die verschiedenen Fristen zurückgerechnet.

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