Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Bislang hat die Rechtsprechung in Deutschland (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.10.2009, Aktenzeichen X ZR 79/06
) nur bezogen auf das Chapter-11-Verfahren eindeutig entschieden, dass dieses und seine Rechtsfolgen in Deutschland anerkannt werden.
Auch wurde kein binationales Abkommen zwischen den USA und der BRD abgeschlossen, dass eine gegenseitige Anerkennung der Insolvenzverfahren eindeutig regelt.
Für das Chapter-7-Verfahren liegt daher Rechtssicherheit noch nicht endgültig vor.
Die Problematik liegt darin, dass in Deutschland gem. §343 InsO
nur im Ausland eröffnete Insolvenzverfahren anerkannt werden, die bei funktionaler Betrachtungsweise einem deutschen insolvenzverfahren entsprechen, d.h. im Wesentlichen den gleichen Zielen dienen.
Der Unterschied liegt darin, dass das Chapter-11-Verfahren als Reorganisationsverfahren ausgelegt ist, das Chapter-7-Verfahren rein auf die Liquidation.
Die Anerkennung des Chapter-11-Verfahrens in Deutschland durch die bisherige Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist also nicht ohne Weiteres auch auf die Chapter-7-Verfahren anzuwenden.
Letztlich würde bei Ihrer Rückkehr nach Deutschland dann das zuständige Insolvenzgericht zunächst nach freiem Ermessen über die Anerkennung entscheiden, was im negativen Fall zur Folge hätte, dass Sie ein zweites Insolvenzverfahren bzw. eine Schuldenregulierung, z.B. über einen Insolvenzplan durchlaufen müssen.
Es gibt aber inzwischen einige deutliche Anzeichen, so zuletzt ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.09.2015 (IX ZR 304/13
), die darauf schließen lassen, dass letztlich auch das Chapter 7-Verfahren der USA in Deutschland anerkannt werden wird.
Zwar betraf das Urteil europäisches Insolvenzrecht gem. EuInsVO, jedoch sind dort argumentative Ansätze enthalten, die durchaus auch auf das Chapter-7-Verfahren anzuwenden sind.
Eine Anerkennung würde nach §343 Abs. 1 InsO
letztendlich nur dann nicht erfolgen, wenn die Anerkennung gegen den deutschen ordre public verstößt.
Da hier das Chapter-7-Verfahren in den USA und seine Rechtsfolgen nicht im krassem Gegensatz zu deutschen Rechtsanschauungen und den Bestimmungen der Insolvenzordnung steht, gehe ich nicht von einem Verstoß gegen den ordre public aus, insbesondere, da auch das deutsche Verbraucherinsolvenzverfahren in der Praxis letztlich reiner Liquidation entspricht.
Zwar müssen in deutschen Verbraucherinsolvenzverfahren die Schuldner nicht nur ihr Vermögen (wie in Chapter 7), sondern auch ihr pfändbares Einkommen zur Entschuldung einsetzen und die Verfahren dauern deutlich länger (3 – 6 Jahre) bis zur Restschuldbefreiung als in den USA (wenige Wochen/Monate) , doch rechtfertigen diese Unterschiede nicht, von einem Verstoß gegen den ordre public auszugehen. Letztlich dienen beide Verfahren der Entschuldung im Wege der Restschuldbefreiung.
Ich gehe vor diesem Hintergrund also davon aus, dass eine erteilte Restschuldbefreiung aus dem Chapter-7-Verfahren in den USA für Sie auch in Deutschland anerkannt werden wird.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
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