Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Erlass eines Beschlusses trotz Befangenheitsantrags
Sobald ein Befangenheitsantrag gegen eine Richterin oder einen Richter gestellt wird, darf diese*r grundsätzlich keine weiteren Entscheidungen in der Hauptsache treffen, bis über den Antrag entschieden wurde (§ 47 ZPO analog in Familiensachen gemäß § 113 FamFG). Es gibt jedoch Ausnahmen:
Dringlichkeitsmaßnahmen: Die Richterin hätte nur dann weiter entscheiden dürfen, wenn es sich um eine unaufschiebbare Eilmaßnahme handelte. Das könnte etwa dann der Fall sein, wenn das Kindeswohl gefährdet wäre.
Fehlender formgerechter Befangenheitsantrag: Falls Ihr Befangenheitsantrag nicht ausreichend begründet oder unzulässig war, könnte das Gericht ihn als unbeachtlich betrachtet haben.
In Ihrem Fall deutet die zeitliche Abfolge darauf hin, dass die Richterin den Beschluss trotz eines hängigen Befangenheitsantrags erlassen hat, was ein Verstoß gegen das grundsätzliche Tätigkeitsverbot nach § 47 ZPO wäre.
Rechtskraft des Beschlusses bei fehlender Zustellung an Sie
Nach § 41 FamFG muss ein Beschluss den Beteiligten zugestellt werden. Falls Ihnen der Beschluss nicht zugestellt wurde, beginnt die Frist für eine mögliche Beschwerde (§ 58 FamFG) noch nicht zu laufen. Die Entscheidung wäre Ihnen also formal nicht wirksam bekannt gegeben worden.
Dies bedeutet, dass Sie noch immer Rechtsmittel einlegen könnten, da Ihre Frist zur Beschwerde erst mit der Zustellung beginnt (§ 63 FamFG).
Sie sollten daher sofort Akteneinsicht beantragen, um den Beschluss offiziell zur Kenntnis zu nehmen, und anschließend Beschwerde beim zuständigen Oberlandesgericht einlegen.
Weiterhin kommen in Betracht: Rüge der Verfahrensfehler, insbesondere unter Verweis auf den unerledigten Befangenheitsantrag. Falls nachweisbar ist, dass die Entscheidung unter Verletzung dieser Vorschriften getroffen wurde, kann das Verfahren neu aufgerollt werden.
Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Richterin erwägen, falls systematisch Verfahrensfehler oder Parteilichkeit vorliegen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Steffan Schwerin
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