Abmahnung durch Wettbewerbszentrale

Question

Guten Tag,    ich habe überraschend eine Abmahnung seitens der Wettbewerbszentrale erhalten und soll kurzfristig 375,00 € bezahlen und eine Erklärung unterzeichnen. Mir wird vorgeworfen im Geschäftsverkehr aktiv als "Architekt" aufzutreten, obwohl ich derzeit nicht in der Liste eingetragen bin. Man bezieht sich auf diverse Internetportale und veraltete Einträge. Tatsächlich war ich zw. 2006-2017 Mitglied der AKNW. Aus persönlichen Gründen habe ich die Mitgliedschaft aber 2017 vorerst beendet &lpar;ruhend&rpar;, da ich seither als Bausachverständiger arbeite und die Mitgliedschaft aktuell nicht erforderlich ist, aber jederzeit erneuert werden kann. Ich trete derzeit nicht aktiv als "Architekt" auf und meine Webseite ist lange nicht mehr online. Die Abmahnung ist fragwürdig und ich möchte die Unterlassungserklärung nicht vorschnell unterzeichnen, da hier ggf. Fallstricke drohen. Wie soll ich mich nun verhalten? Welcher rechtliche Weg kann beschritten werden um Folgekosten zu vermeiden und nicht in eine Falle zu geraten? Was ist jetzt zu tun? Ich freue mich über Ihr Angebot zur Rechtsberatung bzw. Vertretung. Freundliche Grüße Holger Schnitzler

Rechtsanwalt Cedric Hohnstock · Accepted Answer

Antwort vom Rechtsanwalt: Sehr geehrter&lpar;r&rpar; Fragesteller&lpar;in&rpar;,      ich bedanke mich herzlich für Ihre wirtschaftsrechtliche Anfrage, die mit vor wenigen Minuten zugewiesen wurde. Diese beantworte ich nun gerne anhand der von Ihnen gemachten Angaben.      Vorliegen eines Rechtsverstoßes    Ich habe mir die Abmahnung der Wettbewerbszentrale und Ihre Sachverhaltsschilderungen detailliert angesehen. Nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage kann ich Ihnen mitteilen, dass ein ähnlicher Fall bereits im Jahr 2016 vor dem Landgericht Bonn entschieden wurde &lpar;Landgericht Bonn, Urteil vom 01.06.2016, Az. 1 O 354/15&rpar;. Hier hatte das Landgericht Bonn entschieden, dass die Verwendung einer nicht mehr bestehenden Berufsbezeichnung in sozialen Netzwerken und Branchenverzeichnissen unzulässig ist und der Betroffene alleine dafür Sorge zu tragen hat, dass entsprechende Einträge im Internet und deren Quellen gelöscht werden. Tut er dies nicht, begeht er einen abmahnungsfähigen Wettbewerbsverstoß.    Wenn also tatsächlich die behaupteten Eintragungen existieren, könnte - falls es zu einem Rechtsstreit kommt - das zuständige Gericht tatsächlich dazu tendieren, die Abmahnung als begründet anzusehen.    Jedoch kann ich zu Ihrem Gunsten mitteilen, dass die Rechtslage hier nicht ganz so eindeutig ist, wie sich die Wettbewerbszentrale dies vorstellt. Denn es kommt vorliegend auf den individuellen Einzelfall an - namentlich auf die Art und Weise, wie die einzelnen Begriffe und Bezeichnungen in den sozialen Netzwerken und Branchenverzeichnissen eingetragen sind. So hatte sich zum Beispiel das Oberlandesgericht Hamm bereits im Jahr 2004 mit der Frage beschäftigen müssen, ob und wann ein Werben mit der Bezeichnung "Architekt" oder "Architektur" zulässig ist, wenn der Werbende nicht in der Architektenliste eingetragen ist &lpar;OLG Hamm, Urteil vom 13.05.2004 - 4 U 140/03&rpar;. Das Oberlandesgericht Hamm machte damals deutlich, dass ein Werben mit der Bezeichnung "Architektur" erlaubt sein kann, da zwischen den Bezeichnungen "Architekt" und "Architektur" klar zu differenzieren ist. Denn das Wort "Architektur" stelle nicht per se eine Wortverbindung mit dem Begriff "Architekt" da. Die Bezeichnung "Architektur" habe eine eigenständige Bedeutung, nämlich die der Baukunst &lpar;vgl. Brockhaus Enzyklopädie, 19. Aufl., 1987&rpar;. Insoweit sollten Sie sich die streitgegenständlichen Eintragungen einmal ganz genau ansehen. Wenn der Fokus der Eintragungen auf "Architektur" liegt, spricht dies für Ihre Rechtsposition.    Weiterhin möchte ich auch betonen, dass insbesondere Brancheneinträge nicht mehr die gleiche Bedeutung haben wie noch vor einigen Jahren. Wenn Sie keine eigene Webseite &lpar;mehr&rpar; betreiben, die Brancheneintragungen nur bei entsprechender Kenntnis von deren Existenz auffindbar sind und die Brancheneinträge durch fehlende Verlinkungen und Aktualität zudem klar erkennen lassen, dass die Eintragung samt Betrieb "tot" sind, dann sollte bereits fraglich sein, ob durch diese Eintragungen überhaupt eine "Täuschung" von Verbrauchern oder Konkurrenten erfolgen kann.    Folglich sind in Ihrem Fall verschiedene Argumentationsweisen vorhanden, die einen abmahnungsfähigen Wettbewerbsverstoß verneinen lassen.    Wichtige Anmerkung: Auch wenn zu Ihrem Gunsten mehrere Argumentationsmöglichkeiten bestehen, sollten die vorliegende rechtliche Unsicherheit nicht verkannt werden. In Ihrer Situation kommt es auf den Einzelfall an - bisherige Rechtsprechung kann lediglich zur Orientierung dienen. Wenn die Eintragungen Raum für Interpretation lassen, kann eine Entscheidung des Gerichts nur sehr schlecht prognostiziert werden. Sollten Sie sich also gegen die Abmahnung nicht akzeptieren und sich gegen diese wehren wollen, dann muss Ihnen dieses Risiko durchgehend bewusst sein. Mit dem Prozessrisiko geht auch ein Kostenrisiko einher - sollten Sie im Gerichtsverfahren unterliegen, drohen Gerichts- und Anwaltskosten in Höhe von deutlich über tausend Euro. Die Kosten werden vom Rechtsanwaltsvergütungsgesetz &lpar;RVG&rpar; und dem Gerichtskostengesetz &lpar;GKG&rpar; bestimmt, wonach die genaue Höhe vom tatsächlichen Gebührenwert/Streitwert abhängt; dieser wird aus dem Abmahnschreiben allein jedoch nicht deutlich.      Nun zu Ihren Fragen: "Wie soll ich mich nun verhalten? Welcher rechtliche Weg kann beschritten werden um Folgekosten zu vermeiden und nicht in eine Falle zu geraten? Was ist jetzt zu tun?"    In Ihrer Situation haben Sie zwei Möglichkeiten:    1. Abmahnung nicht akzeptieren: Wenn Sie die Prozess- und Kostenrisiken akzeptieren, können Sie das Abmahnschreiben der Wettbewerbszentrale zurückweisen - insbesondere auch gemäß &#167; 174 BGB &lpar;dies muss ohne schuldhaftes Zögern nach Erhalt des Schreibens erfolgen&rpar;. In diesem Fall wird es auf ein Gerichtsverfahren hinauslaufen.    2. Modifiziertes Akzeptieren: Wenn Sie die Prozess- und Kostenrisiken nicht in Kauf nehmen möchten, können Sie alternativ die Abmahnung akzeptieren und eine sogenannte "modifizierte Unterlassungserklärung" abgeben. Dies würde bedeuten, dass Sie diejenigen Formulierungen aus der Unterlassungserklärung herausstreichen, die auf Ihren Fall nicht zutreffen - außerdem können Sie angeben, dass Sie die Unterlassungserklärung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, aber rechtsverbindlich aussprechen. So machen Sie deutlich, dass Sie eine andere Auffassung vertreten und die Zahlung des Geldbetrages und die Unterlassungserklärung nur um den Rechtsfriedenswillens abgeben.      Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen beantworten konnte. Sollten Sie in dieser Sache eine anwaltliche Vertretung wünschen, bin ich gerne weiterhin für Sie da.    Mit freundlichen Grüßen    Cedric Hohnstock  Rechtsanwalt

Abmahnung durch Wettbewerbszentrale

Wirtschaftsrecht, Bankrecht, Wettbewerbsrecht

Rechtsanwalt Cedric Hohnstock

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