Sehr geehrte Fragestellerin,
sehr geehrter Fragensteller,
Ihre Online-Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen summarisch wie folgt beantworten:
Erlauben Sie mir zunächst eine Darstellung, wie das Gesetz die Ausübung des Stimmrechtes vorsieht, falls keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde:
Grundsätzlich findet eine Abstimmung nach der Kopfzahl der Eigentümer statt (§ 25 II WEG
), damit hat auch der Wohnungseigentümer nur eine einzige Stimme, der mehrere Wohnungseigentumsrechte inne hat (beispielhaft Landgericht Hamburg, NJW 1974, 1911
).
Grundsätzlich sind die Stimmen gleich gewichtet, so dass die von Ihnen geschilderten Probleme bei der Zweiergemeinschaft auftreten können.
In diesem Falle kommt bei Stimmengleichheit kein Beschluss zustande, danach ist gegebenenfalls gemäß § 21 die Anrufung des Gerichts nach § 43 I Nr. 1 geboten.
Die gesetzlichen Bestimmungen des § 25 sind grundsätzlich abdingbar (BayObLG MDR 1981,675
).
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, die Stimmen auch nach dem Wert der jeweiligen Wohnungseigentumsanteile (OLG Frankfurt, OLGZ 83,29
) oder der Anzahl der Einheiten zu bestimmen (LG Berlin, DerWEer 86,62).
Bei dieser Lösung würde es dann aber zu dem Übergewicht des E führen - aber bei einer späteren weiteren Aufteilung die dortige Situation bereits vorweg nehmen.
Zulässig ist auch eine Gestaltung dahin gehend, das in der Teilungserklärung vereinbart wird, dass bei Stimmengleichheit die Stimme der Einheit Nr. XX entscheiden soll. Mit dieser Bestimmung hat sich das OLG Oldenburg (Az. 5 W 153/96
) ausdrücklich auseinander gesetzt. Es führt in seiner Entscheidung aus, dass der Gesetzgeber ausdrücklich einen weiten Gestaltungsspielraum zugelassen hat und Regelungen nur bei Überschreiten der allgemeinen Wirksamkeitsgrenzen sowie bei Missbrauch oder Sittenwidrigkeit zu beanstanden sind.
Legt man diese Entscheidung zu Grunde, könnte man an eine Regelung dahin gehend denken, dass in nur bestimmten - zu definierenden Bereichen - ein Übergewicht des Eigentümers der Einheit Nr. XX vorliegen soll. Welche das sein könnten, kann hier natürlich nicht bewertet werden.
Eine solche Formulierung müsste natürlich konkret entworfen und im Detail auf mögliche Unwirksamkeit-Tatbestände geprüft werden. Das OLG Oldenburg weist in seiner Entscheidung darauf hin, dass die dort angegriffene Formulierung klar und verständlich abgefasst ist und die beabsichtigte unterschiedliche Rechtsstellung der beiden Eigentümer deutlich ausweist. Legt man diese Maßgabe zu Grunde, wäre eine Regelung der oben genannten Gestalt sicherlich denkbar.
Die von ihm angeführten Bespiele sind wohl eher baulichen Veränderungen, also Umgestaltung des Eigentums, und können damit nicht durch Mehrheitsbeschluss erfolgen (§ 22 WEG
), einer zulässige Abänderungen dieser Regelung bedarf es daher zu Ihrem Schutze nicht.
Im übrigen richtet sich der Kostenanteil gemäß § 16 WEG
nach dem Verhältnis des jeweiligen Anteils, so dass sie insgesamt ohnehin nur einen geringen Anteil zu tragen hätten.
Regelungen insgesamt können aufgenommen werden im Bereich der Verwaltung, insbesondere der Bestellung eines Verwalters. Weiterhin kann die Veräußerung eines Wohnungsanteils von der Zustimmung des Verwalters oder der Mitgliederversammlung abhängig gemacht werden.
Ein Verwaltungsbeirat kann gebildet werden, abweichende Vereinbarung zu § 29 sind zulässig. Das Recht auf Bestellung kann ausdrücklich ausgeschlossen werden (BayObLG NJW-RR 1994,338
).
Vereinbarungen zum Gebrauch des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums sind möglich (§ 15).
Letztendlich ist bei der Gestaltung einer Vielzahl von abweichenden Bestimmungen zur gesetzlichen Regelung möglich, wobei nach diesseitiger Auffassung das Gesetz durchaus eine ausgewogenere Bewertung vornimmt.
Eine abschließende Beratung an Hand des konkreten Einzelfalls kann dieses Forum hier nicht ersetzen, weshalb ich dringend zu einer Hinzuziehung eines Kollegen vor Ort rate.
Ich hoffe, Ihren einen hilfreichen ersten Überblick verschafft zu haben. Für das entgegengebrachte Vertrauen bedanke ich mich recht herzlich. Bitte beachten Sie, dass diese Beratung eine umfassende Prüfung an Hand aller Unterlagen nicht ersetzen kann. Für Rückfragen und die weitere Interessenvertretung stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Steininger
Rechtsanwalt
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