Sehr geehrter Fragesteller,
Die Rechtslage zu 1. ist unproblematisch: Sie haben mit dem Reisebüro einen sog. Geschäftsbesorgungsvertrag (§§ 675
, 662
ff. BGB) geschlossen, der nicht erfüllt worden ist. Sie haben daher sowohl einen Anspruch auf Rückzahlung der 4.700 EUR als auch weitergehende Schadensersatzansprüche (für Ersatztickets, evtl. Verzögerungsschäden usw.).
Allerdings liegt das Problem hier in der Realisierbarkeit der Ansprüche. Ob es sich lohnt oder überhaupt noch möglich ist, einen Vollstreckungstitel im Mahnverfahren zu erwirken, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Es müsste von einem Anwalt vor Ort geprüft werden, ob das Insolvenzverfahren bereits eröffnet worden ist oder ob ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt ist usw.
Hinsichtlich Punkt 2. ist zunächst zu sagen, dass die Fluggesellschaft eine Erfüllung des Beförderungsvertrags bis zum Zahlungseingang zu recht ablehnen durfte. Eine Ausnahme wäre nur dann gegeben, wenn das Reisebüro inkassobevollmächtigt für die Zahlung gewesen wäre. Davon ist in der Regel nicht auszugehen.
Als Anknüpfungspunkt bleibt also nur der Status der Buchungsbestätigung (»Confirmed«). Ob insoweit überhaupt eine Pflichtverletzung vorliegt, ist schon sehr zweifelhaft. Abgesehen davon ist nach Ihrer Schilderung auch nicht ersichtlich, inwiefern Ihnen dadurch ein Schaden entstanden sein könnte, denn Ersatztickets hätte Sie in jedem Fall selbst bezahlen müssen. Zur Durchführung der Beförderung war die Fluglinie, wie gesagt, nicht verpflichtet. Ein Vorgehen gegen die Fluggesellschaft erscheint daher nicht erfolgversprechend.
Für ein Vorgehen gegen das Reisebüro sollten Sie einen Anwalt in Ihrer Nähe beauftragen.
Mit freundlichen Grüßen
M. Juhre
Rechtsanwalt
Vielen Dank für Ihre Antwort. Allerdings dürfte der Schaden im Fall zwei offensichtlich sein:
Erstens wäre bei rechtzeitiger Info durch die Fluggesellschaft eventuell noch ein Handhabe gegen das Reisebüro (vor einer etwaigen Insolvenz) möglich gewesen - das geht aber nicht wenn einen die Fluggesellschaft erst beim Einchecken informiert.
Zweitens, und das ist entscheidender: Bei rechtzeitiger Information, z.B. einige Wochen vor Reisantritt oder 2 Wochen nach Buchung ohne Zahlungseingang, hätte man noch alternative Flüge zu vertretbaren Preisen bekommen. Eine Woche vor Weihnachten einen Flug mit sofortigem Antritt zu kaufen, kostet ein Vielfaches des ursprünglichen Preises, da zu dieser Reisezeit alle Plätze bereits verkauft sind.
Dass die Fluggesellschaft hier überhaupt keine Mitschuld oder Verantwortung übernimmt, ist für mich nicht nachvollziehbar.
Zu Ihrer Nachfrage:
Eine (Neben-)Pflichtverletzung der Fluggesellschaft aus dem Beförderungsvertrag dürfte hier trotz allem leider nicht gegeben sein. Ein verspäteter Zahlungseingang kann alle möglichen Gründe haben und es ist nicht begründbar, dass die Fluggesellschaft schon zwei Wochen vor Abflug auf Überweisung des Flugpreises dringen müsste. Auch eine kurzfristige Zahlung muss möglich sein. Wenn diese "platzt", dann handelt es sich nicht um ein Risiko, das zum Verantwortlichkeitsbereich der Fluggesellschaft zählt.
Ich kann Ihren Ärger verstehen. Doch leider sind rechtliche Schritte gegen die Fluggesellschaft nicht aussichtsreich. Höchstens kann es sein, dass man sich angesichts Ihres Falles kulant zeigt. Einen Rechtsanspruch auf (teilweise) Übernahme der Kosten haben Sie aber nicht.
Mit freundlichen Grüßen
M. Juhre
Rechtsanwalt
Zu dem in der Wertung angegebenen Urteil des LG Dortmund möchte ich noch eine kurze Anmerkung machen:
In der Entscheidung lag es so, dass die gebuchten Plätze nicht mehr reserviert waren und der Flug mittlerweile ausgebucht war. Die Fluggesellschaft wies den Fluggast am Schalter ab, weil sie den Flug storniert hatte (= Rücktritt nach § 323 BGB
).
In Ihrem Fall bin ich dagegen aufgrund Ihrer Schilderung nicht von einer Stornierung, sondern einem Leistungsverweigerungsrecht ausgegangen (§ 320 BGB
: »Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern«). Die Fluggesellschaft durfte Sie also am Schalter zurückweisen, da noch keine Zahlung eingegangen war.
Zu klären wäre also, bis wann die Plätze reserviert waren und ob Sie am Schalter noch hätten zahlen und den Flug antreten können. Wenn das der Fall war, kommt ein Schadensersatzanspruch wie im Urteil des LG Dortmund nicht in Betracht. Andernfalls kann es günstiger aussehen. Zunächst müsste also die Fluggesellschaft angeschrieben und zur genauen Mitteilung der Gründe für die Nichtbeförderung aufgefordert werden.
Mit freundlichen Grüßen
M. Juhre
Rechtsanwalt