Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund Ihrer Sachverhaltsdarstellung und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworte:
Sie müssen im Falle der Scheidung Ihrer Ehe weder befürchten, dass die Niederlassungserlaubnis erlischt noch dass Sie aus der Bundesrepublik ausgewiesen werden. Ihr Aufenthaltsrecht aufgrund der bestehenden Niederlassungserlaubnis gemäß § 28 Abs. 2 S. 1 AufenthG
ist, anders als die vorangegangene Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG
NICHT mehr vom Bestand der Ehe abhängig.
Gemäß § 28 Abs. 2 S. 1 AufenthG
hat der ausländische Ehegatte eines Deutschen Staatsbürgers einen Regelanspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis, ohne die strengeren Voraussetzungen des § 9 AufenthG
erfüllen zu müssen. Es genügen hierzu die in § 28 Abs. 2 S. 1 AufenthG
enthaltenen Voraussetzungen. Die Erteilung der unbefristeten Niederlassungserlaubnis unter den erleichterten Voraussetzungen beruht auf der Annahme des Gesetzgebers, dass die soziale und wirtschaftliche Integration durch die familiäre Lebensgemeinschaft mit einem Deutschen zu einem früheren Zeitpunkt als nach den Regelvoraussetzungen des § 9 AufenthG
eintritt.
Sie haben die Voraussetzungen für die privilegierte Erteilung der unbefristeten Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 S. 1 AufenthG
erfüllt und deshalb vor einem Monat die Niederlassungserlaubnis erhalten.
Die ursprüngliche Bindung des nach § 28 Abs. 1 AufenthG
bestehenden Aufenthaltsrechts eines ausländischen Ehegatten endet gemäß Abs. 2 S. 1 längstens nach drei Jahren. Dies gilt auch dann, wenn nach dreijährigen Aufenthalt zum Zwecke des Familiennachzugs nur eine weitere befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Bei der nach Abs. 2 S. 1 erteilten unbefristeten Niederlassungserlaubnis handelt es sich deshalb bereits um eine Niederlassungserlaubnis im Sinne des § 9 AufenthG
. Sie müssen diese Niederlassungserlaubnis somit nicht erneut beantragen.
Aufgrund Ihres langjährigen Aufenthalts in der Bundesrepublik besteht für Sie auch im Falle der Ehescheidung bereits in Kürze die Möglichkeit, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erwerben. Nach siebenjährigem, unter Umständen aber auch schon nach sechsjährigem Aufenthalt in der Bundesrepublik besteht die Möglichkeit einer Einbürgerung, die allerdings im Ermessen der Einbürgerungsbehörde steht. Nach achtjährigem Aufenthalt besteht sogar ein Rechtsanspruch auf Einbürgerung, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz vorliegen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen eine erste rechtliche Orientierung geben konnte. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass eine abschließende rechtliche Bewertung Ihres Problems die Kenntnis des vollständigen Sachverhaltes erfordert. Im Rahmen dieses Forums können sich die Ausführungen aber nur auf Ihre Schilderungen stützen, und somit nur eine erste anwaltliche Einschätzung darstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Huber-Sierk
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Siegfried Huber-Sierk
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80687 München
Tel: 089-74995843
Web: https://www.huber-sierk.de
E-Mail:
Sehr geehrte Herr Huber-Sierk,
als alle erst vielen Dank für ihren ausführliche Antwort.
Eine Frage habe ich dennoch. Wenn ich meine Niederlassungserlaubnis beantragt habe, hat meinen Mann und ich eine Erklärung unterschreiben müssen, dass unsere Ehe bestand hat und bei falschen Angaben, die Niederlassungserlaubnis entzogen werden kann, sogar Ausweisung von das Land möglich ist.
Ist dieses Dokument, das wir unterschrieben haben nur eine „Standarterklärung", die man bei der Beantragung von Niederlassungserlaubnis unterschreiben muss? Kann ich aufgrund dieses Dokument meine Niederlassungserlaubnis verlieren oder sogar gerichtlich nachweisen muss, dass mein Absicht nie eine „falsche Ehe" war?
Neben die Scheidung jetzt will ich unbedingt vermeiden, dass ich auch noch um mein Aufenthalt in Deutschland mich gerichtlich rechtfertigen sogar kämpfen muss.
In Vorab vielen Dank,
Fragestellerin
Sehr geehrte Fragestellerin,
die vorzeitige Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 S. 1 AufenthG
steht nur Ausländern zu, die in einer familiären Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Staatsbürger leben. Da z.B. die eheliche Lebensgemeinschaft nicht erst mit der rechtskräftigen Ehescheidung beendet wird, sondern bereits dann endet, wenn die Ehepartner auf Dauer getrennt leben, muss das Fortbestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft bei Beantragung einer Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 S. 1 AufenthG
regelmäßig durch eine gemeinsame Erklärung des antragstellenden Ausländers und des deutschen Ehepartners versichert werden. Selbstverständlich müssen die Angaben eines Antragstellers - wie übrigens bei jeder Beantragung eines Bescheides - der Wahrheit entsprechen. Andernfalls kann die aufgrund unrichtiger Angaben erteilte Niederlassungserlaubnis - wie jeder andere Bescheid einer Verwaltungsbehörde auch - schon allein aufgrund allgemeiner verwaltungsrechtlicher Vorschriften zurückgenommen werden. Bei der Rücknahme einer Niederlassungserlaubnis kann dies im Einzelfall auch die Ausweisung zur Folge haben, insbesondere wenn kein anderweitiges Aufenthaltsrecht besteht. Die diesbezügliche Belehrung durch die Ausländerbehörde hat also allgemeinen Charakter und dürfte gerade in Ihrem Fall ohne Bedeutung sein, da für Sie ein Aufenthaltsrecht auch aus anderen Gründen bestehen dürfte. Aufgrund Ihrer Angaben gehe ich davon aus, dass für Sie nicht nur die Voraussetzungen der Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 S. 1 AufenthG
, sondern auch die erschwerten Voraussetzungen einer Niederlassungserlaubnis nach § 9 AufenthG
erfüllen dürften. Im Falle der Ehescheidung hätten Sie außerdem bereits die Möglichkeit, die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht zu beantragen (§ 28 Abs. 3
in Verbindung mit § 31 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG
).
Wenn Sie und Ihr Ehemann bei der Antragstellung wahrheitsgemäß das Bestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft versichert haben, dann brauchen Sie auch nicht die Rücknahme der Ihnen bereits erteilten Niederlassungserlaubnis befürchten. Das Bestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft hätten Sie nur dann wahrheitswidrig versichert, wenn Sie zu diesem Zeitpunkt bereits von Ihrem Mann getrennt lebten. Es muss sich dann aber um ein Getrenntleben auf Dauer, z.B. im Hinblick auf die beabsichtigten Ehescheidung, gehandelt haben. Allein der Wunsch oder die Absicht, sich von seinem Ehepartner zu trennen, hat noch nicht die Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft (im Sinne des Aufenthaltsrechts) zur Folge.
Abschließend weise ich noch darauf hin, dass es sich bei den in
§ 28 Abs. 2 S. 1 AufenthG
enthaltenen Voraussetzungen um die besonderen Voraussetzungen für die Erteilung der privilegierten Niederlassungserlaubnis und nicht um Voraussetzungen für den Weiterbestand dieses Aufenthaltstitels handelt. Die Ehescheidung, aber auch schon das Getrenntleben nach Erteilung der Niederlassungserlaubnis rechtfertigen eine Rücknahme weder nach den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes noch nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Vorschriften.
Mit freundlichen Grüßen
Huber-Sierk
Rechtsanwalt