Sehr geehrte Fragestellerin,
sehr geehrter Fragesteller,
gerne will ich Ihre Anfrage beantworten.
In der Schweiz gilt keine Halterhaftung. Verantwortlich ist nur derjenige, der den Verkehrsverstoß auch begangen hat.
Wenn Ihr Bekannter keine Angaben zum Fahrer macht, so kann er nicht bestraft werden. Es gilt einzig die Fahrerhaftung. Die Ermittlungsbehörde hat dabei die Beweislast, dass der Halter auch gefahren ist.
Ihr Bekannter muss aber gegen die Bußenverfügung die sog. „Einsprache“ einlegen, vergleichbar mit dem deutschen Einspruch. Sodann kann zunächst die Behörde der Sache abhelfen. Tut sie das nicht, so kommt es zu einer Verhandlung. Spätestens in dieser dürfte sich – soweit das aus der Ferne ohne Beurteilung der Bilder und Kenntnis der fahrenden Person möglich ist – herausstellen, dass es durch ein Foto, das die fahrende Person von hinten zeigt, nicht möglich ist, den Fahrer zu identifizieren. Es gilt auch in Verkehrssachen die Unschuldsvermutung, was erst kürzlich wieder vom Bundesgericht bestätigt wurde (BGE 1P.641/2000). Es dürfte demnach ein Freispruch ergehen. Persönlich aber schätze ich die Lage eher so ein, dass die Behörde Ihrem Bekannten durch die Maßnahmen nur Angst einjagen will und ihn möglichst schnell zur Zahlung bewegen möchte, obwohl sie weiß, dass eine Identifizierung nicht möglich ist. Wenn dies so ist, würde die Behörde das Verfahren spätestens nach der Einsprache einstellen.
Das Administrativverfahren wird in der Schweiz parallel zum Strafverfahren wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung betrieben. Nach Art. 45 VZV (Verkehrszulassungsverordnung) werden ausländische Führerscheine aberkannt. Bei einer Aberkennung für drei Monate handelt es sich um einen sog. „Warnungsentzug“ nach Art. 33 Abs. 2 VZV. Grundsätzlich handelt es sich bei der Schweiz auch in Fragen der Verwaltungsgebühren um ein Hochpreisland, so dass Sie mit Verwaltungsgebühren im Hinblick auf die Aberkennung des Führerscheins mit ca. € 160- € 200 rechnen können.
Allerdings droht weder Ihnen noch Ihrem Bekannten von Schweizer Seite ein weiteres Verfahren.
Wenn Ihr Bekannter Sie als Fahrer angibt, so steht zwar fest, dass Sie die Tat begangen haben, jedoch droht Ihnen in Deutschland keine Gefahr. Es gibt nur ein Rechtshilfeabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz, kein Vollstreckungsabkommen in Verkehrssachen. Deshalb werden Sie, wenn Sie als Fahrer angegeben werden, zwar Post von der deutschen Polizei bekommen, vollstreckt werden kann jedoch nicht. Allerdings wird Ihnen dann für das Gebiet der Schweiz die Fahrerlaubnis aberkannt werden. Auch sollten Sie in den nächsten zwei Jahren das Schweizer Staatsgebiet nicht betreten, da ansonsten gegen Sie vollstreckt werden kann (sog. Vollstreckungsverjährung). Haben Sie das aber nicht vor, so sollte Ihr Bekannter Sie als Fahrer angeben. Sie können dann ruhig zuhause sitzen und sich alle Schreiben ins Haus flattern lassen. Gleichzeitig ist auch Ihr Bekannter aus dem Schneider.
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Auskünften gedient zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Jens O. Gräber
Rechtsanwalt
www.rechtsanwalt-graeber.de
info@rechtsanwalt-graeber.de
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
vielen Dank für Ihre schnelle und umfassende Antwort. Er wäre nett wenn Sie mir noch zwei abschließende Fragen beantworten.
Die Einsprache ist durch den Bekannten erfolgt. In der Einsprache droht der Untersuchungsrichter mit einem ordentlichen Strafverfahren, das bei Feststellung der Schuld einen Strafbescheid mit einer Entscheidungsgebühr, die bedeutend höher ausfällt nach sich zieht. Daraus schließe ich, dass es zu einer Verhandlung kommt.
Muss mein Bekannter also in der Schweiz vor einem Gericht aussagen oder könnte das ggf. durch einen Briefwechsel mit den Schweizer Behörden erledigt werden?
Wie hoch ist die Gebühr für einen solchen Strafbescheid ca.?
Mit freundlichen Grüßen
Der Fragesteller
Sehr geehrter Fragesteller,
wenn Ihr Bekannter in Deutschland wohnt, so muss er nicht in der Schweiz vor einem Gericht aussagen, da, wie schon ausgeführt, kein Vollstreckungsabkommen besteht. Dann allerdings kann in seiner Abwesenheit entschieden werden.
Alternativ hierzu gibt es die Möglichkeit, den Beschuldigten von seiner Pflicht zur Anwesenheit durch das Gericht zu befreien. Das liegt allerdings im Ermessen des Gerichts. Jedoch können Sie durch einen Brief dies auch anregen, ob das Gericht sich dann auch so entscheidet, ist dann aber eine andere Frage.
Die gerichtliche Gebühr beträgt ca. € 200-€ 250.
Ich hoffe, Ihnen gedient zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Jens O. Gräber
Rechtsanwalt
www.rechtsanwalt-graeber.de
info@rechtsanwalt-graeber.de