Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
In Ihrem Fall ist es sehr wohl sinnvoll, auf Erfüllung zu bestehen, da ein rechtsverbindlicher Kaufvertrag zustande kam und die Anfechtung hier nicht durchgreift.
a) Invitatio ad offerendum
Eine "Aufforderung zur Abgabe eines Angebots" liegt immer dann vor, wenn der Verkäufer sein Angebot an einen unbestimmten Personenkreis richtet, wie z.B. bei einer Schaufensterauslage. Grund hierfür ist, dass - sollte die Schaufensterauslage bereits als Angebot gelten - jeder Interessent den Verkäufer auf Übereignung der betreffenden Ware in Anspruch nehmen könnte, was nicht praxisnah ist.Daher wurde für solche Fälle die genannte Rechtsfigur entwickelt.
Aus Zeitgründen folgt die Fortsetzung als Kommentar.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Thomas Henning, Wirtschaftsjurist
Nürnberger Strasse 71
96114 Hirschaid
Tel: 095432380254
Tel: 017621155404
Web: https://www.ra-henning.biz
E-Mail:
Rechtsanwalt Thomas Henning, Wirtschaftsjurist
Sehr geehrter Herr Henning,
erst einmal vielen Dank für Ihre ausführlichen Erklärungen. Heute Abend werde ich erst einmal vorsorglich Widerspruch einlegen. Zwei Nachfragen zu Ihren Ausführungen (ich wusste nicht, dass ich meine erste Frage hätte auch etwas ausführlicher definieren können, da ich zum ersten mal in diesem Portal bin) hätte ich noch:
Mittlerweile erhalte ich nur noch Mails von der Rechtsabteilung der Fa.
Das Paket war kleiner als Notebookgröße.
Auszug aus Mails vom 10.03.14:
Begründung für ein Paket:
1. "Da wir die Beweislast für die Übersendung der Anfechtungserklärung tragen, können wir mit einem Paket über die Sendungsverfolgung den Nachweis erbringen. Daher haben wir uns für die Übersendung des Schreiben mit einem Paket entschieden."
2. "Da bei uns ein Datenübermittelungsfehler in der EDV passiert ist, sind wir gem. § 120 BGB
zur Anfechtung berechtigt. Ebay haben wir über unseren Fehler bereits informiert.
Nach Feststellung des Datenübermittlungsfehlers haben wir ohne schuldhaftes Zögern die Anfechtung gem. § 121 BGB
Ihnen gegenüber erklärt."
Auch in dem Papierschreiben wurde u. a. auf einen Datenübertragungsfehler hingewiesen.
Dann bleibt wohl nur die zeitliche Komponente (Kauf 03.03.14, Anfechtung Eingang 06.03.14).
Mir geht es auch nicht darum, jetzt mit aller Gewalt ein günstiges Notebook zu erwerben, mir ist hauptsächlich die meines Erachtens freche Art der Fa. aufgestoßen. Jetzt werde ich mit eMails nahezu bombardiert, warum ging es nicht am 03.03.14 bzw. am 04.03.14.
Falls meine Nachfragen zu umfangreich sind, werde ich noch einen Betrag leisten, teilen Sie es mir bitte mit.
Vielen Dank
Hallo
und vielen Dank für Ihre Nachfragen, die sehr wohl noch von Ihrem Einsatz gedeckt sind :-)
Die von Ihnen aufgegriffenen Aspekte sind in der Tat wenig einleuchtend:
Zum Einen ist eine Zustellung als Paket nicht besser als ein Einwurfeinschreiben geeignet, um einen Zustellungsnachweis zu erbringen. In beiden Fällen kann der Absender online einen Zustellungsnachweis abrufen. Dieser sagt aber nur aus, das ETWAS zugestellt wurde. Aber weder der Briefträger noch der Paketausfahrer weiß, was IN der Sendung ist. Daher wäre eine Anfechtung per Email unter allen Aspekten besser gewesen. Die Zustellung per Paket wird dadurch nicht gerade nachvollziehbar begründet.
Mit der Argumentation zum Datenübermittlungsfehler wird wohl versucht, die zitierte BGH-Rechtsprechung fruchtbar zu machen. Diesbezüglich sollte aber das Unternehmen erklären, wo der Fehler auftrat und wodurch er entstand, da eine händische falsche Eingabe keinen solchen Übermittlungsfehler darstellen würde. Überhaupt müsste ja "irgendwo" einmal der korrekte Preis erfasst worden sein; auch dies sollte das Unternehmen zunächst einmal plausibel darstellen.
Nach Klärung dieser Fragen müssten Sie für sich klären, ob Sie die Sache weiter verfolgen möchten.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Henning
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Ratsuchender,
hier die erwähnte Fortsetzung der Rechtsprüfung.
Im Fall eines eBay-Angebots offeriert der Verkäufer eine bereits ausgewählte Ware VERBINDLICH und nur gegenüber EINER Person. Dass die Identität dieser Person bei Auktionsbeginn noch nicht feststeht, ist unschädlich, da die Person von Anbeginn zumindest bestimmbar ist. Somit handelt es sich bei der Einstellung des Angebots zum Sofort-Kaufpreis von € 119,00 um ein rechtsverbindliches Angebot, welches durch Sie angenommen wurde. Ein Kaufvertrag ist zustande gekommen.
b) Anfechtung
Grundsätzlich besteht ein Anfechtungsrecht nur bei bestimmten Irrtums-"Arten", wie z.B. bei einem Erklärungsirrtum und, in gewissen Ausnahmesituationen, bei einem Kalkulationsirrtum. Letzterer ist nur relevant, wenn der Verkäufer seine Kalkulation VOR dem Abschluss des Kaufvertrages offengelegt hat, was bei Ihnen nicht der Fall ist.
Somit kann lediglich ein Erklärungsirrtum in Betracht kommen. Dass ein zu einem "falschen" Preis geschlossener Kaufvertrag unter diesem Aspekt angefochten werden kann, hat zwar das LG Osnabrück in einer Entscheidung aus dem Jahre 2005 (Az 12 S 497/05
) angenommen. Allerdings ist nicht bekannt, dass sich andere OLG oder der BGH dieser Rechtsprechung angeschlossen hätten, so dass schon bezweifelt werden kann, dass dieses Urteil verallgemeinert werden kann. Der BGH hat bislang eine Anfechtung nur für den Fall zugelassen, dass eine falsche Preisangabe durch einen Fehler bei einer Datenübertragung verursacht wurde. Dies ist auch dogmatisch korrekt, da in einem solchen Fall das für eine Willenserklärung (eine solche stellt das Angebot dar) wesentliche Willenselement fehlt.
Selbst wenn man von einer Anwendbarkeit des LG Osnabrück-Urteils ausgeht, ist aber auch - wie von Ihnen schon angemerkt - die zeitliche Komponente zu beachten. Zwar wird als Höchstfrist für eine "Unverzüglichkeit" unter Rückgriff auf § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB
eine solche von zwei Wochen angenommen. Rechtlich wird "unverzüglich" aber als "ohne schuldhaftes Zögern" definiert. Im vom LG Osnabrück entschiedenen Fall erklärte der Verkäufer die Anfechtung bereits 10 min nach Abschluss des Kaufvertrages, so dass hier die Unverzüglichkeit gegeben war. Die von Ihnen geschilderten Umstände (Versand der Anfechtung als Paket in vermeintlicher Notebook-Verpackung) deuten darauf hin, dass dem Verkäufer sein Missgeschick erst bei der Verpackung des Geräts auffiel, was wohl zu spät gewesen sein dürfte.
Wie aus den vorstehenden Ausführungen hervorgeht, ist es durchaus sinnvoll, weiter auf Vertragserfüllung zu bestehen. Da eine gerichtliche Auseinandersetzung aber mit entsprechenden Unwägbarkeiten versehen wäre, wird empfohlen, im Zweifel eine vergleichsweise Lösung anzustreben (zB Kaufpreis = 650 EUR). Ein Vergleich könnte ergänzend mit dem Umstand "schmackhaft" gemacht werden, dass ein Rechtsstreit wohl an Ihrem Gerichtsort zu führen wäre, für den Gegner also mit zusätzlichen, nicht erstattungsfähigen Unannehmlichkeiten (Zeit-, Kostenaufwand) verbunden wäre.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Henning
Rechtsanwalt