Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Die Zwangsversteigerung (ZV) einer Immobilie (Grundstück/Wohnung/u.a.) kann grundsätzlich durch jeden Gläubiger eines Immobilieneigentümers beantragt werden, der einen vollstreckbaren Titel gegen den Eigentümer hat. Typischerweise sind das die Grundpfandgläubiger (Banken/Gläubiger mit im Grundbuch eingetragenen Hypotheken oder Grundschulden), die dinglichen Gläubiger. Aber es ist auch möglich, ohne Recht aus dem Grundbuch die ZV zu beantragen. Dies nennt man den Antrag eines persönlichen Gläubigers.
Eine Zustimmung eines im Grundbuch eingetragenen Gläubigers zu einer ZV ist nicht notwendig. Das würde nämlich zu einem ungerechtfertigten Veto-Recht der dinglichen Gläubiger oder sogar des Eigentümers im Fall einer Eigentümergrundschuld führen. Das bedeutet zunächst, dass der Gläubiger in Ihrem Fall sehr wohl die ZV beantragen kann, wenn er einen vollstreckbaren Titel (z.B. Urteil/Vergleich/Notarurkunde) gegen den Eigentümer hat. er wäre damit persönlicher Gläubiger.
Ob der Gläubiger letztendlich etwas davon hat, wenn die Hausbank eine Grundbuchsicherheit hat, ist wieder eine andere Frage. Denn im Zwangsversteigerungsverfahren gibt es das sogenannte geringste Gebot. Dieses setzt sich aus verschiedenen Positionen zusammen. Typisch sind hier die Kosten des Verfahrens und die rückständigen Grundstücksabgaben(-steuern). Hinzu kommt aber der Betrag vorrangiger Rechte. In § 10 ZVG
ist etwas kryptisch die Rangfolge der einzelnen Forderungen in Klassen eingeteilt und aufsteigenden Nummern zugeteilt. Zunächst sind die Forderungen der niedrigsten Klasse voll zu bezahlen, dann die der nächsten und so weiter, bis das erzielte Gebot aufgebraucht ist. Das kann dazu führen, dass bei entsprechend hohen Rechten oder niedrigen Geboten recht schnell die höheren Nummern nicht mehr bedient werden.
Ein grobes Rechenbeispiel (der persönliche Gläubiger betreibt die ZV):
Wert Haus laut ZV-Gutachten: 500.000 €
Kosten des Verfahrens: ca. 5.000
rückständige Steuer: ca. 1.000
Rechte Hausbank aus Abteilung III: 400.000
geringstes Gebot: 406.000 €
Erst ab einem Meistgebot (Sieger im Biettermin) von 406.001 € ergibt sich ein verteilbarer Rest für persönliche Gläubiger (§ 10 Absatz 1 Nr. 5 ZVG
).
Es ist also eine Frage der Höhe der Sicherung der Bank und des Wertes der Immobilie, ob der persönliche Gläubiger nur eine leere Drohung ausstößt, oder eine sinnvolle Alternative an der Hand hat.
Für den Fall, dass der persönliche Gläubiger trotz der wirtschaftlichen Sinnlosigkeit einen ZV-Antrag stellt, um Druck auf den Eigentümer auszuüben, kann ein Antrag auf einstweilige Einstellung helfen (§ 30a ZVG
). Im Übrigen rate ich Ihnen, mit der Hausbank das Gespräch zu suchen und ggf. einen weiteren Kredit zu vereinbaren, um den persönlichen Gläubiger ruhigzustellen und der Bank die Sicherheit zu erhalten. eine mögliche Folge eines ZV-Antrags wäre nämlich auch, dass die Hausbank die Geduld verliert und selbst dem Verfahren beitritt, um Verluste zu minimieren.
Zusammengefasst:
Jeder Gläubiger, der einen vollstreckbaren Titel hat, kann die Zwangsversteigerung beantragen. Durch die schlechte Rangposition des persönlichen Gläubigers ist es häufig nicht wirtschaftlich sinnvoll einen ZV-Antrag zu stellen. die Drohung kann jedoch das Verhältnis zur Bank belasten und sollte Anlass zu Verhandlungen geben.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Stefan Pieperjohanns
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Fachanwalt für Insolvenzrecht