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Wohnraumberechnung/Terrasse

29. August 2007 14:41 |
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Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Rechtsanwalt René Iven

Guten Tag,

ich wohne in einer lt. Mietvertrag 81,5 qm Wohnung, die staatlich gefördert wird. Ich bin ALG II Empfänger. Da meine Wohnung verwinkelt ist, habe ich bisher die Größe der Wohnung nicht angezweifelt, bis mir eine Dame vom Amt sagte, dass sind niemals 80 qm.

Daraufhin habe ich vor ein paar Monaten die gesamte Wohnung Stück für Stück ausgemessen. Wirklich jeden einzelnen Winkel und komme auf eine Wohnfläche von 65,92 qm.

Ich habe allerdings eine Terrasse von knapp 30 qm, woraufhin ich dachte, diese darf ja zu 50 % angerechnet werden.

Jetzt zu meiner Frage, eine Bekannte sagte mir nun dass die Terrasse bei einer geförderten Wohnung nur mit 25 % angerechnet werden darf! Ist das der Fall???

Falls ja, kann ich Miete zurückverlangen, auch wenn im Mietvertrag ausdrücklich steht :

Eine etwaige Abweichung der angegebenen Flächen von den tatsächlichen Verhältnissen begründet weder für den Vermieter noch für den Mieter Ansprüche auf Abänderung des Mietzinses.

Meine zweite Frage wäre, ich habe eine 100% behinderte Tochter und möchte aufgrund dessen (Mehrbedarf Wohnfläche 20 %) umziehen. Darf die Arbeitsgemeinschaft dies ablehnen??

Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen aus Köln

Sehr geehrte Fragestellerin,

Ihre Anfrage möchte ich wie folgt beantworten:

(1) Zur Wohnflächenberechnung

Zur Wohnflächenberechnung ist in Ihrem Fall die II. BV (Zweite Berechnungsverordnung) oder die Wohnflächenverordnung (WoFIV) anzuwenden, da es sich nach Ihren Angaben im öffentlich geförderten Wohnraum handelt. Die II. BV findet Anwendung, wenn Ihr Mietvertrag vor dem 01.01.2004 abgeschlossen wurde, ansonsten gilt die WoFIV.

(a) nach der II. BV

Gemäß §§ 42-44 BV sind auf Grundflächen von Räumen und Raumteilen

- mit einer lichten Höhe von mind. 2 Metern voll (vgl. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BV),
- mit einer lichten Höhe zwischen 1 und 2 Metern zur 50% (vgl. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BV),
- mit einer lichten Höhe von 1 Meter nicht (vgl. § 44 Abs. 1 Nr. 1 BV)

anzurechnen. Zum Wohnbereich zählende Balkone, Loggien und Terrassen können bis zu 50% ihrer Fläche zur Gesamtwohnfläche zugerechnet werden (§ 44 Abs. 2 BV). Zubehörräume (Keller, Waschküche, Abstellräume, Dachböden, Trockenräume, Garagen etc.) gehören nicht zur Grundfläche (§ 42 Abs. 4 Nr. 1 BV). FAZIT: Wurde der Mietvertrag vor dem 01.01.2004 abgeschlossen, wäre die Terrasse demnach zu 50% auf die Gesamtwohnfläche zuzurechnen.

(b) nach der WoFIV

Gemäß § 4 WoFIV sind auf Grundflächen von Räumen und Raumteilen

- mit einer lichten Höhe von mind. 2 Metern voll (vgl. § 4 Nr. 1 WoFIV) und
- mit einer lichten Höhe zwischen 1 und 2 Metern zu 50% (vgl. § 4 Nr. 2 WoFIV)

anzurechnen. Zum Wohnbereich zählende Balkone, Loggien und Terrassen sind in der Regel zu 25%, höchstens zur Hälfte anzurechnen. Die Anrechnung zur Hälfte erfordert grundsätzlich einen besonderen Einzelfall, wobei der Wohnwert maßgeblich ist. Es gilt: Je höher der Wohnwert der Terrasse, desto höher die Anrechnung. Nach der Verordnungsbegründung rechtfertigt z.B. eine gute Lage oder aufwändige Balkon- oder Terrassengestaltung eine höhere Anrechnung. BEACHTEN SIE: Auch eine Anrechnung nach unten ist möglich, z.B. bei stark verkehrsfrequentierter Umgebung. FAZIT: Wurde der Mietvertrag nach dem 01.01.2004 abgeschlossen, kommt es auf den Wohnwert Ihrer Terrasse an. Im Regelfall wäre von einer Anrechnung zu 25% auszugehen.

(2) Zu den Auswirkungen einer falsch berechneten Wohnfläche auf die Miete

Nach der Rechtsprechung stellt eine negative Abweichung der tatsächlichen Wohnungsgröße von der im Mietvertrag vereinbarten Wohnfläche erst bei einer Flächenabweichung von über 10% einen Mietmangel dar (vgl. BGH WuM 2004, 336 ; OLG Düsseldorf ZMR 2005, 450 ). FAZIT: Sollte die von Ihnen festgestellte Abweichung über 10% betragen, hätten Sie nach Maßgabe des § 536 BGB ein Recht auf Minderung. Die Klausel "Falls etwaige Abweichungen..." ist gemäß § 536 Abs. 4 BGB unwirksam, da sie Ihr Minderungsrecht unzulässigerweise einschränkt. BITTE BEACHTEN SIE: Die tatsächliche Abweichung (auch unter 10%) hat in jedem Falle Auswirkung auf die Berechnung Ihrer Betriebskosten. Erwehren Sie sich insoweit in Zukunft rechtzeitig gegen falsche Betriebkostenabrechnungen.

(3) Zur Angemessenheit des Wohnraums i.S. des SGB

Soweit die für Sie zuständige ARGE unter Zugrundelegung der vereinbarten Miethöhe Ihre jetzige Wohnung als angemessen erachtet hat, kann Ihnen der Wechsel in eine Wohnung mit entsprechender tatsächlicher Wohnfläche sicherlich nicht verwehrt werden. Die Beurteilung, ob 80qm für eine Person und Kind mit 100%-Behinderung "angemessen" ist, ist aufgrund unterschiedlicher Wohnungsressourcen regional unterschiedlich. Ich empfehle Ihnen, mit dem für Sie zuständigen Sachbearbeiter vor evtl. Umzugsplänen zu Ihrer Sicherheit Rücksprache zu halten.

Ich hoffe, Ihnen mit den vorangegangenen Ausführungen vorab weitergeholfen zu haben. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne - auch per E-Mail - zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Iven
Rechtsanwalt

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