Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Manche Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen (gKV) müssen beantragt werden. Lehnt die gKV nach Prüfung als „medizinisch nicht notwendig" oder als „nicht wirtschaftlich" ab, können Versicherte dagegen Widerspruch einlegen. Die Frist beträgt 1 Monat.
Die individuellen Krankenbilder müssen aufgrund der medizinischen Befunde und der Lebenssituationen der Versicherten für die gKVs nachvollziehbar sein.
Begleitend erfolgt häufig eine Prüfung des konkreten Falls durch den MDK (Medizinischer Dienst der gKV), der die eingereichten Unterlagen und Befunde prüft und eine persönliche Untersuchung der Versicherten durchführen darf.
Dieses Gutachten des MDK sollte vor Begründung des Widerspruchs von den Versicherten eingesehen werden. Die Begründung des Widerspruchs kann nachgereicht werden, was im Widerspruch selbst bereits angekündigt werden sollte.
Die Erfolgsquote ist von Kasse zu Kasse unterschiedlich. Eine Prognose ist ohne Kenntnis der Versicherungsbedingungen kaum möglich.
Die gKV muß innerhalb von 3 Wochen entscheiden, bei Beauftragung des MDK 5 Wochen, sonst gilt der Leistungsantrag als genehmigt (§ 13 Abs. 3a SGB V
).
Je detaillierter und individualisierter Ihr Arzt seine Verordnung gegenüber der gKV begründet, desto wahrscheinlicher ist die Bewilligung der Kostenübernahme.
Ansonsten ergeht aufgrund des Widerspruchs ein Abhilfebescheid der Krankenkasse, durch den die Leistung doch bewilligt wird, oder ein Widerspruchsbescheid, der die Ablehnung bekräftigt. Dagegen kann innerhalb eines Monats Klage vor dem Sozialgericht einreicht werden.
Während des laufenden Verfahrens ist ein neuer Antrag bei der gKV gestellt werden, was sinnvoll ist, wenn sich nachträglich neue Aspekte ergeben haben.
Gem. § 86a Abs. I SGB x kommen dem Widerspruch und die Anfechtungsklage auch bei rechtsgestaltenden oder feststellenden Verwaltungsakten mit Drittwirkung aufschiebende Wirkung zu.
Wollen Sie die Bewilligung der Kostenübernahme nicht abwarten, muß dafür ein wichtiger Grund vorliegen. Der sollte ärztlich nachgewiesen sein, indem die ansonsten unausweichlichen Folgen des Zuwartens aufgezeigt werden, die unumkehrbar eintreten.
Sollten Sie schon im laufenden Widerspruchsverfahren die beantragte Leistung selbst beschaffen, hat das zwar keinen Einfluss auf den potentiell bestehenden Anspruch auf eine Kostenübernahme. Die verauslagten Kosten müssen später erstattet werden, wenn Zusage erteilt wird oder das Sozialgericht zu Ihren Gunsten entscheidet. Eine Verwirkung tritt nicht ein, der Klageantrag muß umgestaltet werden.
Die Verwirkung ist ein Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB
). Stets müssen über ein Zeitmoment hinaus besondere Umstände vorliegen, die der Durchsetzung der Forderung wegen Treu und Glauben entgegensteht (Umstandsmoment) [BGH, Urt. v. 14.11.2002 (Az.: VII ZR 23/02
)].
Die Krankenversicherung ist aber kein Armenrecht, die nur Ansprüche bewilligt, die Sie finanziell nicht selbst stemmen können. Die Finanzkraft Versicherter ist daher kein Umstand, der einer Bewilligung der Kostenübernahme entgegensteht.
Die Selbstversorgung ist auch kein Grund, das Rechtsschutzbedürfnis zu versagen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Helge Müller-Roden
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Rechtsanwalt Helge Müller-Roden
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Sehr geehrter Herr Müller-Roden,
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort!
Verstehen wir das richtig, dass zwingend ein medizinischer Gund vorliegen muss, um die OP bereits während des laufenden Widerspruchsverfahrens durchführen zu lassen, da die gKV die Kostenübernahme sonst verweigern kann?
Vielen Dank im Voraus für die Klärung,
mit freundlichen Grüßen
Ja, die Kriterien sind die wirtschaftliche Zumutbarkeit und die medizinische Notwendigkeit.
Wenn Sie das Widerspruchsverfahren zur Bewilligung der Kostenübernahme nicht abwarten, muß dafür ein wichtiger Grund vorliegen, der nur medizinischer Natur sein kann (ein Notfall).
Der sollte durch ein ärztliches Gutachten nachgewiesen sein, in dem die ansonsten unausweichlich drohenden, negativen und nicht revisiblen Folgen des Zuwartens aufgezeigt werden.