Sehr geehrte Fragestellerin,
danke für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes im Rahmen einer Erstberatung gern wie folgt beantworten möchte:
Zunächst möchte ich anmerken, dass ich hier keine abschließende Beurteilung Ihrer Angelegenheit vornehmen kann. Lediglich eine erste Einschätzung ist anhand der von Ihnen gemachten Angaben möglich. Dies vorausgeschickt komme ich nun zu Ihren Fragen:
1. Wahrung der Widerspruchsfrist
Gem. § 70 VwGO
ist der Widerspruch innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat.
Erforderlich ist grundsätzlich der Zugang beim Adressaten. Das bedeutet, der Verwaltungsakt muss derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt sein, dass dieser ohne weiteres von ihm Kenntnis nehmen kann.
Gem. § 41 Abs. 2 VwVfG
gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, es sei denn, er ist nicht oder später zugegangen. Das bedeutet, dass der Verwaltungsakt, der mit einfachem Brief versandt wird, auch dann erst am dritten Tage als bekannt gegeben gilt, wenn er tatsächlich früher zugegangen ist. Nur wenn der Brief nicht oder später zugegangen ist, gilt die Fiktion nicht. Im Zweifel hat die Behörde nachzuweisen, wann die Bekanntgabe erfolgt ist.
Meiner Auffassung nach ist Ihnen der Bescheid tatsächlich erst am Montag, den 10.12.2012 zugegangen und damit bekanntgegeben, da Sie den Brief erst an diesem Tag von der Post abgeholt haben.
Damit läuft Ihre Widerspruchsfrist mit dem 10.01.2013 ab.
Um die Widerspruchsfrist zu wahren, ist eine Widerspruchsbegründung grundsätzlich nicht erforderlich.
§ 70 VwGO
enthält kein Begründungserfordernis.
2. Erfolgsaussichten des Widerspruchs
Ein Widerspruch ist regelmäßig dann erfolgreich, wenn Sie durch den Bescheid in eigenen Rechten verletzt werden.
Vorliegend hat die Universität angenommen, dass Sie unentschuldigt an einer Klausur nicht teilgenommen haben und hat Sie in der Konsequenz mit null Punkten benotet.
Allein das Attest, welches erst einen Tag nach der Klausur ausgestellt wurde, weist gerade nicht aus, dass Sie am Tag der Klausur krankheitsbedingt diese nicht mitschreiben konnten. Mithin kann dieses Attest Sie nicht hinreichend entschuldigen.
Im Übrigen hätte ein Attest, wie Sie selbst erkannt haben, unverzüglich eingereicht werden müssen. Allein die Tatsache, dass Sie sich in einem Irrtum befunden haben, entschuldigt ein verspätetes Einreichen wohl nicht. Denn Sie hatten mehr als ein Jahr Zeit sich kundig über die Rechtslage zu machen.
Auch die damalige große emotionale Belastung wegen Ihre kranken Vaters allein genügt für eine hinreichende Entschuldigung leider nicht.
Aus meiner Sicht dürfte es sich ziemlich schwierig gestalten, die Behörde hinsichtlich eines entschuldigten Fernbleibens von der Klausur umzustimmen.
Die Tatsache, dass Sie aufgrund der verspäteten Zahlung des Semesterbeitrages im Zeitpunkt der Klausur exmatrikuliert waren, bedeutet, dass Sie möglicherweise die Voraussetzungen zur Ablegung der Zwischenprüfung nicht erfüllt habe. Insoweit müsste Ihnen aber eine Exmatrikulationsbescheinigung der Universität zugegangen sein. Nach Ihren Schilderungen habe ich Sie jedoch so verstanden, dass Sie den Semesterbeitrag zwar erst am 26.07.2011 zahlten, Sie jedoch weiter studierten.
Selbstverständlich steht es Ihnen frei, dem Bescheid mit dem von Ihnen dargelegten Gründen zu widersprechen.
Zudem möchte ich Sie wegen der Kosten des Widerspruchsverfahrens darauf hinweisen, dass nur die Kosten eines erfolgreicher Widerspruchs dem Beschwerten nicht auferlegt werden. Verlieren Sie hingegen das Widerspruchsverfahren, werden Ihnen die Kosten dafür auferlegt.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen eine erste rechtliche Orientierung geboten.
Bei Verständnisproblemen nutzen Sie bitte die Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
Anke Thiede
Rechtsanwältin
- Jetzt Frage stellen
- So funktioniert es
-
Topthemen
- Alle Rechtsgebiete
- Anwaltsrecht & Gebührenrecht & Verfahrensrecht
- Arbeitsrecht
- Ärger und Probleme mit Firmen
- Ausländerrecht
- Baurecht & Architektenrecht
- Datenschutzrecht
- Erbrecht
- Familienrecht
- Generelle Themen
- Gesellschaftsrecht
- Grundrechte
- Hauskauf & Immobilien & Grundstücke
- Inkasso & Mahnungen
- Insolvenzrecht
- Internationales Recht
- Internetauktionen
- Internetrecht & Computerrecht
- Kaufrecht
- Kredite
- Medienrecht
- Medizinrecht
- Mietrecht & Wohnungseigentum
- Nachbarschaftsrecht
- Reiserecht
- Schadensersatz
- Schule & Hochschule & Prüfungen
- Sozialrecht
- Sozialversicherungsrecht
- Steuerrecht
- Strafrecht
- Tierrecht & Tierkaufrecht
- Transportrecht & Speditionsrecht
- Urheberrecht & Markenrecht & Patentrecht
- Vereinsrecht
- Verkehrsrecht
- Versicherungsrecht & Privatversicherungsrecht
- Vertragsrecht
- Verwaltungsrecht
- Wirtschaftsrecht & Bankrecht & Wettbewerbsrecht
- Zwangsvollstreckung & Zwangsversteigerung
- Anwälte