Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. Zu dem Urteil selbst:
Der Grunderwerbsteuer unterliegt unter anderem ein Kaufvertrag, der den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG).
Die Grunderwerbsteuer bemisst sich nach dem Wert der Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 GrEStG).
Als Gegenleistung gilt bei einem Kauf der Kaufpreis (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). Bei einem Grundstückskauf ist daher der Kaufpreis des Grundstücks maßgeblich.
Unter Grundstück iSd GrEStG ist das Grundstück iSd bürgerlichen Rechts zu verstehen (§ 2 Absatz 1 S. 1 GrEStG). Grundstück iSd bürgerlichen Rechts umfasst nach § 94, 95 BGB auch seine wesentlichen Bestandteile, soweit es sich nicht um solche Sachen handelt, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden sind (sogen. Scheinbestandteile).
Die Grunderwerbsteuer bemisst sich daher nach dem Kaufpreis des Grundstücks inkl. seine wesentliche Bestandteile. Das von Ihnen erwähnte Urteil führt weiter aus: Soweit sich ein Kaufvertrag auch auf Gegenstände bezieht, die kein Grundstück sind, gehören die hierauf entfallenden Teile des Kaufpreises nicht zur grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage, denn es können nur solche Leistungsverpflichtungen des Erwerbers Gegenleistung sein, die er um des Grundstückserwerbs willen zu erbringen hat (BFH v. 8.9.2010 – BFH II R 28/09)
Laut BFH, Urteil II R 36/19 vom 25.01.2022 sind die aufstehenden Gehölze an sich wesentliche Bestandteile des Grundstücks. Aber: Ob Gehölze in einem konkreten Fall zum Grundstück zählen, hängt davon ab, zu welchem Zweck die Aussaat bzw. das Einpflanzen des Gehölzes erfolgt ist.
Diesem Urteil ist nicht zu entnehmen, dass Gehölze auf dem Waldstück stets Scheinbestandteile sind und somit ihr Kaufpreis von der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer abzuziehen ist. Das wäre nach dem Urteil nur bei Verkaufspflanzen in Baumschulen der Fall.
Das Urteil besagt nur, dass forstwirtschaftlich genutzte Bäume Scheinbestandteile sein können:
Zitat:cc) Scheinbestandteile können aber auch vorliegen, wenn aufstehende Bäume forstwirtschaftlich genutzt, dh zur Holzproduktion gefällt werden sollen (vgl. BGH in NJW 2011, 852, BeckRS 2010, 28745 Rn. 15, ohne dass dem – anders als das FA meint – eine Beschränkung auf die Anzucht von Forstbäumen zum späteren Aufforsten an anderer Stelle zu entnehmen wäre; Viskorf/Viskorf, GrEStG, 20. Aufl., § 2 Rn. 41), sofern dies von Anfang an beabsichtigt war. Wie viel Zeit bis zur planmäßigen Entfernung der Bäume verstreicht, ist unbeachtlich. Werden anders als bei Baumschulgewächsen die Bäume beim Entfernen als lebende Organismen zerstört, steht dies der Eigenschaft als Scheinbestandteil nicht entgegen. Unerheblich ist ferner, ob ein nicht mehr lebensfähiger Rest des Baumes (Wurzeln mit Baumstumpf) weiter mit dem Grundstück verbunden ist. Die umgekehrte Frage, wie es zu beurteilen wäre, wenn trotz Kappen des aufstehenden Holzes der Baum als lebensfähiger Organismus bestehen bleibt und planmäßig wieder ausschlägt, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.
Der vorübergehende Zweck der Baumeinpflanzung muss jedoch nach außen in Erscheinung treten, z. B. im Kaufvertrag erwähnt sein.
In diesem Fall wäre nach dem Urteil tatsächlich nur der auf den Grund und Boden entfallende Kaufpreisanteil Gegenleistung für den Grundstückserwerb.
Ist dies bei Ihnen gegeben, könnten Sie sich tatsächlich dem Finanzamt gegenüber auf dieses Urteil berufen.
2. Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:
Nach § 110 AO: War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dass Sie juristischer Laie sind und das BFH-Urteil nicht kannten kann leider nicht als Hindernis im Sinne der Vorschrift angesehen. Sie haben regelmäßig das Steuerbescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe zu überprüfen und ggf. einen rechtlichen Rat holen.
Außerdem nach § 110 Abs. 3 AO kann nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war. In Ihrem Fall ist diese Jahres-Frist bereits abgelaufen.
Ich sehe da leider keine Möglichkeit mehr, das rechtskräftige Steuerbescheid zu korrigieren.
Ich bedauere es sehr, Ihnen keine positive Antwort zu geben. So ist jedoch die Rechtslage.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen