Sehr geehrte Ratsuchende,
sollte es zu einer Privatinsolvenz kommen, besteht die Möglichkeit eine Eigentumsübertragung anzufechten. Das Gesetz regelt in den §§ 130 Inso die Anfechtungstatbestände.
Im Ihrem Fall kann eine Anfechtung nach §133 InsO
in Betracht kommen. Danach ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten Jahren vor dem Antrag oder nach dem Antrag vorgenommen hat, in der Absicht, die Gläubiger zu benachteiligen. Diese Absicht muss zwar nicht der Hauptgrund gewesen sein. Es reicht aus, dass die Benachteiligung der Gläubiger billigend in Kauf genommen worden ist. Diese Absicht wäre im Falle einer tatsächlichen Anfechtung aber nachzuweisen. Das kann auf Probleme stoßen, da eine Selbständigkeit erst angedacht ist und jetzt, zum Zeitpunkt der Übertragung, noch gar nicht bestanden hat. Das allein schützt Sie aber nicht, da im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Einschätzung des Gerichts entscheidend sein wird.
Als weiterer Anfechtungsgrund kann § 134 InsO
in Betracht kommen. Danach sind unentgeltliche Leistung anfechtbar, wenn sie früher als 4 Jahre vor dem Antrag vorgenommen wurden. Das kann in Betracht kommen, wenn innerhalb der vier Jahre das Projekt scheitert und es zu einer Privatinsolvenz kommt.
Unabhängig von der grundsätzlichen Möglichkeit der genannten Anfechtung, ist Ihr Vorhaben derzeit nicht zu beanstanden, auch nicht im Hinblick auf die unentgeltliche Übertragung. Sie können auch in einem Vertrag die weiteren Modalitäten regeln. Dieses sollten Sie auch unbedingt tun. Unverzichtbar ist es zu regeln, wie im Falle einer Trennung zu verfahren ist, da Ihr Lebensgefährte, wenn auch in geringerm Umfang als Sie, zur Darlehensrückführung beiträgt. Das kann Rückforderungsansprüche im Falle einer Trennung zur Folge haben.
Sie sollten daher neben dem Übertragungsvertrag an eine weitere vertragliche Regelung denken. Der Notar wird Sie umfassend auch in diesem Fall beraten können.
Die Kosten für die Übertragung des Miteigentumsanteils belaufen sich auf ca. 600,00 EUR.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Thomas Bohle
Antwort
vonRechtsanwalt Thomas Bohle
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Sehr geehrter Herr Bohle,
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort! Sie haben mir sehr geholfen!
Ich denke, dass wir das dann durchaus so machen können. Die Selbständigkeit ist ja wirklich noch nicht spruchreif und würde auch sicherlich nicht innerhalb der nächsten zwei Jahre - wenn überhaupt - umgesetzt werden. Es ist ja nur so eine Idee meines Lebensgefährten. Er ist und war bisher immer nur Lohn- und Gehaltsempfänger.
Wenn ich das richtig verstanden habe, wäre es aber insofern günstiger ihm ein Entgelt für seinen Miteigentumsanteil zu bezahlen (ich hoffe ein Betrag von z.B. EUR 1.000 würde ausreichen, um als Entgelt anerkannt zu werden), damit nur die letzten zwei und nicht die letzten vier Jahre gem. Insolvenzordnung für uns relevant wären. (Letztendlich geht es ja nur um einen ¼ Miteigentumsanteil eines Hauses, welches zu über 90% belastet ist. Und wenn ich Vorfälligkeitsentschädigung für die zehnjährige Zinsbindung usw. einrechne, die bei einer Darlehenskündigung wegen Zwangsvollstreckung in das Objekt anfallen würde kann es eigentlich gar nicht im Interesse eines Gläubiger stehen, diese Übertragung anzufechten. Die Grundschulden unserer Hausbank gehen ja in jedem Fall vor. Da kommt ja für nachrangigen Gläubiger nichts bei rum.)
Nochmals vielen Dank für Ihre Ratgebung! Ich werde Sie bei Gelegenheit vielleicht auch noch einmal direkt ansprechen – wenn nicht in dieser Sache, dann sicherlich noch einmal in anderer Angelegenheit.
Freundliche Grüße
Sehr geehrte Ratsuchende,
Ihre Annahme mit Hinweis auf § 133 Abs 2 InsO
, die Anfechtungsfrist zu verkürzen, ist zutreffend.
Dabei muss das Entgelt aber im Verhältnis zur Gegenleistung - Übertragung des Miteigentumsanteils- stehen. Auch wenn Sie, bezogen auf den jetzigen Zeitpunkt die hohe Darlehnsverbindlichkeiten ansprechen, wird der Betrag von 1.000,00 EUR nicht ausreichend sein. Dieses ist auch unter dem Gesichtspunkt zu sehen, dass der Wert des übertragenen Anteils im Laufe der Zeit durch die Rückführung des Darlehens, woran auch Ihr Lebensgefährte beteiligt ist, steigt. Sie sollten daher über einen angemessenen Betrag nachdenken, der zwar auch die derzeitige Darlehnshöhe berücksichtigt, aber über einen symbolischen Charakter hinausgehen sollte. Die Beurteilung dieses Betrages ist hier jedoch schwerlich möglich, da dazu die Einzelheiten der Finanzierung bekannt sein sollten.
Sie haben natürlich Recht, wenn Sie ausführen, dass eine Anfechtung bei nahezu vollständiger Belastung in naher Zukunft wirtschaftlich zu nichts führen würde., zumal es in der Tat nur um den 1/4 Anteil geht. Es ist aber nicht auszuschließen, dass trotzdem die Anfechtung erklärt wird.
Sie sollten daher über einen angemessenen Betrag nachdenken, wobei die Zahlungsmodalitäten auch vertraglich geregelt werden können; der Notar wird Sie auch hierüber beraten können.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Thomas Bohle