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Verbeamteter Lehrer darf zum Dienstgespräch keinen Personalrat mitnehmen

13. September 2019 09:27 |
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Verwaltungsrecht


Beantwortet von

Zusammenfassung

Kann ich trotz Untersagung als verbeamteter Lehrer in Baden-Württemberg ein Personalratsmitglied mit zu einem Dienstgespräch nehmen?

Anders als in der Privatwirtschaft, gibt es für den Öffentlichen Dienst keinen klaren Anspruch auf Hinzuziehung eines Personalratsmitglieds zu einem Personalgespräch. Das Landespersonalvertretungsgesetz Baden-Württemberg erlaubt es nicht ausdrücklich, ein Personalratsmitglied zu solchen Gesprächen hinzuzuziehen. Ein Anspruch könnte jedoch aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn oder dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitet werden, ist aber rechtlich unsicher.

Ich bin verbeamteter Lehrer an einer Grundschule in Baden-Württemberg. Beim Regierungspräsidium Tübingen liegen Beschwerden einer Mutter gegen mich vor (die aber unberechtigt sind).
Das Regierungspräsidium nimmt die Beschwerden dieser Mutter zum Anlass mich dazu zu einem Dienstgespräch auf dem Regierungspräsidium zu verpflichten, bei dem es um diese Beschwerden dieser Mutter sowie deswegen Hilfestellung für meinen Unterricht geht. Das Gespräch findet in 6 Tagen statt. Ich kann und werde mir diese unberechtigten Beschwerden und die dadurch verursachte angebliche Hilfen für meinen Unterricht nicht gefallen lassen, und möchte deshalb zum Dienstgespräch ein Personalratsmitglied mitbringen. Doch das wird mir vom Regierungspräsidium (das personalführende Stelle ist) untersagt.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass das rechtmäßig sein soll. Gibt es hierfür eine Rechtsgrundlage, dass man das untersagen kann? Gibt es eine halbwegs aussichtsreiche Möglichkeit, mit einer einstweiligen Verpflichtungsklage die Mitnahme des Personalrates zu erzwingen?

13. September 2019 | 11:02

Antwort

von


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Tel: 03053213330
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwaeltin-Stefanie-Kremer-__l108448.html
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Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen gerne wie folgt beantworten:

Das Betriebsverfassungsgesetz, das bei der Behandlung von Beschwerden einen entsprechenden Anspruch für ein Betriebsratsmitglied vorsieht (§ 84 Abs. 1 S. 2 BetrVG ), gilt für Sie nicht, da Sie im Öffentlichen Dienst beschäftigt sind. Das einschlägige Landespersonalvertretungsgesetz Baden-Württemberg (LPVG BW) sieht (wie auch andere Personalvertretungsgesetze) keinen Anspruch auf Hinzuziehung eines Personalratsmitglieds zu einem Personalgespräch vor.
Zwar gehört gem. § 70 Abs. 1 Abs. 1 Nr. 4 des LPVG BW zu den allgemeinen Aufgaben der Personalvertretung „Anregungen und Beschwerden von Beschäftigen… entgegenzunehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlung mit dem Leiter der Dienststelle auf ihre Erledigung hinzuwirken". Diese Regelung enthält jedoch keinen durchsetzbaren Anspruch.
Ein Anspruch auf Hinzuziehung einer Person des Vertrauens kann allerdings abgeleitet werden aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn sowie aus dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz.

Die Rechtsstellung eines Beschäftigten im Öffentlichen Dienst ist jedoch, wie sich aus dem Gesagten ergibt, weniger klar geregelt als für Beschäftigte im Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes. Eine Rechtsprechung, die eine erkennbare Linie zur Hinzuziehung einer Vertrauensperson oder speziell eines Personalratsmitglieds erkennen lässt, besteht nicht. Das heißt, die Erhebung einer entsprechenden Klage vor dem Verwaltungsgericht wäre mit einem größeren Risiko verbunden. In der Entscheidung Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 01. Dezember 1993 – 1 UE 2624/87 – hat das Gericht festgestellt, dass die Zulassung eines Beistandes im Dienstgespräch im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn liegt, und dass es für die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens auf den Zweck und den vorgesehenen Inhalt des angeordneten Dienstgesprächs ankommt. Davon hänge letztlich ab, welches Gewicht das Interesse des Beamten an der Beiziehung eines Beistandes haben kann. Wenn es um die Aufklärung des für etwaige dienstrechtliche Maßnahmen gegen den Beamten erforderlichen Sachverhalts und seiner Erörterung geht, soll danach ein Anspruch auf Hinzuziehung eines Beistands bestehen (was aber vom Gericht im konkreten Fall verneint wurde). Vergleichbare jüngere Entscheidungen der Gerichte gibt es jedoch nicht. Zu berücksichtigen ist auch, dass es hier immer um einen „Beistand" (vergleichbar allg. einer „Person des Vertrauens" geht), nicht speziell um ein Personalratsmitglied. Sofern ein Ermessen eingeräumt ist, muss zudem, damit ein Anspruch zu bejahen ist, eine „Ermessensreduzierung auf Null" vorliegen (d.h. die Bejahung der Hinzuziehung des Personalratsmitglieds muss die einzige ermessengerechte Entscheidung darstellen). Eine solche Ermessensreduzierung wird von den Gerichten allgemein nur selten bejaht.

Sie könnten aber noch einmal bei der personalführenden Stelle die Hinzuziehung eines Personalratsmitglieds unter Hinweis auf den o.g. § 70 Abs. 1 Abs. 1 Nr. 4 des LPVG BW beantragen, notfalls die Hinzuziehung einer anderen Person Ihres Vertrauens unter Hinweis auf die o.g. Rechtsgrundlagen (Fürsorgepflicht des Dienstherrn, Allgemeines Persönlichkeitsrecht). Dabei können Sie sich auch auf die o.g. Entscheidung berufen und sollten ggf. darauf hinweisen, dass die von Ihren Vorgesetzen geplante Maßnahme größeres Gewicht hat und daher die Hinzuziehung geboten ist.

Des Weiteren ist auf jeden Fall zu empfehlen, dass notfalls Sie selber im Gespräch schriftliche Notizen machen. Da die Vorwürfe und die geplante Maßnahme Ihnen bereits bekannt sind, können Sie auch gemeinsam mit dem Personalrat eine schriftliche Stellungnahme dazu verfassen.

Wenn Sie die Beschwerde der Mutter für unberechtigt halten, besteht auch, wenn diese in die Personalakte aufgenommen wird, die Möglichkeit, später die Entfernung der Beschwerde aus der Personalakte gerichtlich geltend zu machen.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen


Rechtsanwältin Dr. Stefanie Kremer

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