Sehr geehrte Ratsuchende,
ich danke Ihnen für das Stellen Ihrer Anfrage, welche mir zur Beantwortung übertragen worden ist. Ich möchte Ihnen nachfolgend auf Ihre Anfrage antworten, möchte jedoch auch darauf aufmerksam machen, dass ich Ihre Fragen nur anhand der mitgeteilten Informationen beantworten kann und insbesondere bei Hinzutreten weiterer, auch noch unbekannter Umstände die Antwort anders ausfallen könnte.
Nun möchte ich auf Ihre Fragen eingehen.
Generell ist es so, dass das Sozialamt prüfen muss, ob ein Antragsteller die Möglichkeit hat durch einen Unterhaltsanspruch ob nun gegen einen Ehegatten oder auch Kinder seine Bedürftigkeit und somit die Pflicht des Sozialamtes an ihn etwas zu bezahlen umgehen kann. Das Sozialamt ist daher gehalten zu prüfen, ob Sie möglicherweise einen Unterhalt an Ihren Mann bezahlen können.
Nachdem Sie und Ihr Ehemann beide bereits Rentner sind, Sie allerdings noch arbeiten gehen, ist zunächst zu prüfen, ob die von Ihnen angenommenen Tätigkeiten über obligatorisch sind. Nachdem Sie bereits im Rentenbezug sind, sind, wie Sie schon richtig vermutet haben, die von Ihnen angenommenen und jetzt ausgeübten Tätigkeiten als überobligatorisch anzusehen.
Ob diese im Rahmen der Prüfung und Berechnung eines etwaigen Unterhaltsanspruches Ihres Mannes zu berücksichtigen sind, ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig. Dies ist in Nummer 7 der Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate festgehalten. Danach ist zu prüfen, ob ein Einkommen aus unzumutbarerer Tätigkeit oder aus einer überobligatorischen Tätigkeit aus Billigkeitsgründen anzurechnen ist odernicht, daher als Einkommen gezählt weird. Eine generelle Beantwortung dieser Frage ist daher nicht möglich. Vielmehr müssen alle Punkte und Umstände bei Ihnen und Ihrem Ehemann berücksichtigt und geprüft werden.
Es dürfte hier zunächst relevant sein,weshalb Sie diese Tätigkeiten ausüben, daher ob Sie diese ausüben, um leben zu können und nicht auf Sozialleistungen angewiesen zu sein oder ob Sie nur mit Ihrer Rente leben könnten.
Es dürfte allerdings auch relevant sein, dass Ihr Ehemann seine Nebenerwerbstätigkeit aufgegeben hat, nachdem Sie sich von ihm getrennt haben bzw. die Wohnung verlassen haben. Hier wäre vor allem zu prüfen, ob Ihr Ehemann dies nur getan hat, um tatsächlich die Grundsicherung oder auch einen Unterhalt von Ihnen zu bekommen oder ob Ihr Ehemann seine Nebenerwerbstätigkeit aufgrund seines Alters oder seiner gesundheitlichen Situation aufgegeben hat. Es ist daher zu prüfen, ob Ihr Ehemann mutwillig und ohne entsprechende persönliche Veranlassung seine Nebenerwerbstätigkeit aufgegeben hat.
Sicher ist es so, dass Sie ein höheres Einkommen haben als Ihr Ehemann. Bei der Berechnung wäre allerdings auch zu berücksichtigen, ob Sie Schulden oder sonstige notwendige Ausgaben in Form von Versicherungen haben, die unterhaltsrechtlich berücksichtigt werden können.
Weiterhin ist bei Ihnen aber auch zunächst zu beachten, dass Ihr eigener Selbstbehalt 1475,00 € beträgt.
Weiterhin müsste allerdings auch hier berücksichtigt werden, dass dieser Selbstbehalt aufgrund von hohen Wohnkosten erhöht werden könnte. Nun ist es allgemein anerkannt, dass die Wohnverhältnisse in Stuttgart und in großen Städten nicht einfach sind und daher der im Selbstbehalt enthaltene Anteil von 580,00 € für die Miete und Heizung sehr niedrig angesetzt ist. Wenn Sie daher eine erhebliche und nicht vermeidbare Überschreitung der angegebenen Wohnkosten in Höhe von 580,00 € nachweisen können, kann eine entsprechende Erhöhung des Selbstbehaltes erfolgen. Sie müssten in diesem Zusammenhang darlegen, dass es Ihnen nicht möglich ist eine Wohnung zu finden, die 580,00 € an Miete kostet und die angemessen ist.
Ich würde Ihnen empfehlen zunächst den Fragebogen oder die Fragen des Sozialamtes zu beantworten, gleichzeitig jedoch auch auf die Umstände hinweisen, dass Ihr Ehemann die bis zu Ihrer Trennung ausgeübte Nebenerwerbstätigkeit aufgegeben hat und dass Sie auf eine Erhöhung des Selbstbehaltes wegen der hohen Wohnkosten in Stuttgart angewiesen sind. Diese Umstände könnten Sie in einem Extraschreiben bzw. einer Erläuterung zu dem Fragebogen schildern.
Das Sozialamt wird dann anhand Ihrer Angaben eine Prüfung vornehmen und wird sich dann wieder mit Ihnen in Verbindung setzen. Sollte das Sozialamt darauf kommen, dass Sie einen Unterhalt zu bezahlen haben, sollten Sie auf jeden Fall hiergegen vorgehen. Denn anhand der Schilderung sieht es für mich so aus, als hätte Ihr Mann nicht aufgrund seiner eigenen persönlichen Umstände etwa einer Erkrankung oder einer persönlichen Einschränkung seine Nebenerwerbstätigkeit aufgegeben, sondern weil Sie sich getrennt haben. Daher könnte Ihr Mann seine Nebenerwerbstätigkeit mutwillig, daher ohne persönliche Veranlassung etwa aus gesundheitlichen Gründen, aufgegeben haben und somit selbst seine Bedürftigkeit herbeigeführt haben. Dies könnte wiederum dazu führen, dass Sie nicht verpflichtet werden können, für ihn einen Unterhalt zu bezahlen. Vielmehr könnte Ihr Mann dazu verwiesen werden sich eine Nebenerwerbstätigkeit zu suchen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort behilflich sein konnte. Sollten Sie noch eine Rückfrage haben, können Sie sich gerne an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Bianca Vetter, Rechtsanwältin
Antwort
vonRechtsanwältin Bianca Vetter
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Sehr geehrte Frau Vetter,
vielen Dank für ihre ausführliche Antwort.
Insgesamt habe ich Sie so verstanden, dass es immer eine Einzelfallprüfung ist und es in meinem Fall sinnvoll wäre einen Rechtsbeistand zu beauftragen, wenn es eine Unterhaltsaufforderung seitens des Sozialamtes gibt.
Bzgl. des Selbstbehaltes wollte ich nochmals nachfragen, ob dies 1475 oder 1600 € sind? Würde in meinem Fall nicht der Selbstbehalt für Erwerbstätige Ehegatten gelten, da ich ja einer Erwerbstätigkeit nachgehe?!
Vielen Dank nochmals.
Mit freundlichen Grüßen
Eine Ratsuchende
Sehr geehrte Ratsuchende,
ich danke Ihnen für Ihre Rückfrage und auch für Ihre Bewertung, die mich sehr gefreut hat.
In der Tat habe ich mich vertan. Bei Ihnen gilt ein Selbstbehalt von 1.600,00 € wegen Ihrer Erwerbstätigkeit.
Ja es wäre sinnvoll, wenn Sie eine etwaige Unterhaltsforderung des Sozialamtes durch einen Rechtsanwalt prüfen ließen. Dieser könnte neben den tatsächlichen Begebenheiten auch durch das Anbringen geeigneter Entscheidungen sein Prüfungsergebnis gegenüber dem Sozialamt darlegen.
Mit freundlichen Grüßen
Bianca Vetter, Rechtsanwältin