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Überhöhte Mietminderung - ordentliche Kündigung

10. Juli 2023 17:15 |
Preis: 102,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Rechtsanwalt Bernhard Müller

Mietverhältnis für 120 qm (3 Zimmer, Küche, Bad, Garten) besteht seit 7 Jahren. Im Februar 2023, möchte der Vermieter die Miete erhöhen, nach Widerspruch der Mieter und dem Hinweis auf Formfehler, zieht Vermieter das Mieterhöhungsverlangen zurück.

Mieter haben jedoch im Gegenzug, nach Rücksprache mit RV, eine Mietminderung zum 01.03.2023 um 60% angekündigt und umgesetzt.

Diese setzt sich zusammen aus:

20% - Temperatur unter 20 C
20% - Undichte Fenster
10% - Schimmel am Silikon im Bad
10% - TV-Empfang gestört

Tatsächlicher Zustand:

- Thermostat im Bad fehlt - lässt sich nicht heizen
- Thermostat fehlt in 1 der 2 Schlafzimmer. Es lässt sich mit Schutzkappe entweder voll aufdrehen oder voll zudrehen.

Beides war seit mind. 2 Jahren der Fall. Es wurde mal mündlich bemängelt und da der Thermostat nicht mehr hergestellt wird, nicht mehr weiterverfolgt.

Beides zum 01.04. behoben.

- Undichte Fenster. Haus ist von 1985. Temperatur am Fenster ist im Winter 2 Grad tiefer als an der Wand gegenüber. Fenster sind aber augenscheinlich dicht.

- Schimmel am Silikon besteht. Mehrmalige tägliche Lüftung hat nicht stattgefunden. Rest des Raumes nicht von Feuchte bzw. Schimmel befallen.

- gestörte TV-Empfang besteht und wird im laufenden Monat behoben. Mieter schauen TV über eigenes Internet, welches weniger im Monat kostet, als die Mietminderung von 75 €.

Silikon wurde zwischenzeitlich von Mieter in Eigenleistung ersetzt für 60 € und dem Kommentar: "Jetzt passen wir auch die Miete wieder an."

Miete beträgt: 750 KM + 175 NK

Geleistete Zahlungen

März: 475 € (Die 60% wurden von der KM abgezogen)
April: 475 € + 150 € (ohne weitere Erklärung)
Mai: 475 € + 300 €
Juni: 475 € + 300 €
Juli: 475 €

Somit fehlen 1500 €

Eigene Überlegungen:

- Der Wohnwert der einzelnen Zimmer wurde nicht berücksichtigt
- Die Tatsache, dass der Schimmel im Bad, in Eigenleistung zu geringen Koste behoben wurde beweist, dass es sich um einen geringen Mangel, also keinen Mangel im Sinne der Fragestellung

- Die Tatsache, dass erst nach der versuchten Mieterhöhung gemindert wurde, zeigt dass die Mängel all die Jahre nicht gestört haben.

Hierzu die Frage:

Könnten die Mieter sich darauf berufen, dass Sie nicht wussten, dass Sie mindern konnten und es mehrere Monate rückwirkend tun. Wie realistisch ist, daß sowas vor Gericht bestand hat?

HAUPTFRAGE:

Ist die Minderung in dieser Höhe, angesichts der geschilderten Umstände gerechtfertigt?

Wenn, Nein. Übersteigt der Mietrückstand 1 Monatswarmmiete, so dass eine ordentliche Kündigung berechtigt wäre?

Vielen Dank

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Ihre Sachverhaltsangaben unterscheiden sich stark von denen des Mieters.
Gemindert werden kann ab dem Zeitpunkt, an dem Sie über die Mängel informiert wurden. § 536 Absatz 1 BGB.

Wenn die ungeminderte Miete gezahlt wurde, obwohl die Gründe für eine Minderung vorlagen, also tatsächlich ein Mangel vorlag und Sie darüber informiert wurden, dann wurde der Minderungsbetrag ohne Rechtsgrund gezahlt und kann zurück gefordert werden. § 812 BGB. Der Anspruch verjährt erst nach 3 Jahren. § 195 BGB.
Die Rückforderung ist nur dann ausgeschlossen, wenn die Mieter wussten, dass sie mindern können und trotzdem die ungeminderte Miete bezahlt haben § 814 BGB. Sie müssten beweisen, dass die Mieter das gewusst haben.

Die Miete wird immer von der Bruttomiete berechnet. LG Saarbrücken, NZM 1999, S. 757.

Für Temperatur unter 20 Grad gibt es einzelne Gerichte, die nur 10% bewilligen.
(AG Münster, Urteil vom 05.05.1987 - 28 C 330/86, WM 1987, S. 382 = WM 1988, S. 109)

Das wären bei 24 Monaten 925 Euro * 10% *24 = 2.220 Euro. Allerdings müssten die Mieter vortragen, in welchen Monaten die Temperatur unter 20 Grad waren. Im Sommer werden es auch ohne Heizung mehr als 20 Grad gewesen sein.

Viele Gerichte billigen für diesen Mangel auch 30% Minderung zu.
LG Düsseldorf, Urteil vom 17.05.1973 - 12 S 382/72, WM 1973, S. 187
LG München I, Urteil vom 25.05.1984 - 20 S 3739/84,
AG Görlitz, Urteil vom 03.11.1997 - 1 C 1320/96, WM 1998, S. 180

Ein Mietrückstand, der zur Kündigung rechtfertigt, liegt also nicht vor, wenn die Temperatur tatsächlich unter 20 Grad war.

Für undichte Fenster haben viele Gerichte 20% zugesprochen. Beispielhaft werden hier genannt:
LG Berlin, Urteil vom 20.05.1994 - 63 S 39/94, WM 1994, S. 464.
LG Hannover, Urteil vom 27.09.1978, ZMR 1979, S. 47
LG Kassel, Urteil vom 30.07.1987 - 1 S 274/84, WM 1988, S. 108

Auch für Schimmel reichen die Gerichtsentscheidungen von 10%
LG Hamburg, Urteil vom 10.04.1984 - 16 S 211/83, WM 1985, S. 21
LG Hannover, Urteil vom 27.07.1982 - 11 S 322/81, WM 1982, S. 183
AG Darmstadt, Urteil vom 17.01.1979 - 37 C 2894/78;
AG Lahnstein, Urteil vom 11.10.1976 - 2 C 477/76, WM 1977, S. 227
AG Neuss, Urteil vom 18.03.1994 - 36 C 593/93
AG Steinfurt, Urteil vom 11.08.1977 - 3 C 230/77, WM 1977, S. 256

bis zu 20%
LG Hannover, Urteil vom 27.09.1978, ZMR 1979, S. 47
LG Karlsruhe, Urteil vom 14.07.1998 - 8 O 208/98
LG Osnabrück, Urteil vom 02.12.1988 - 11 S 277/88, WM 1989, S. 370
AG Bad Schwartau, Urteil vom 03.11.1987, WM 1988, S. 55
AG Hamburg, Urteil vom 09.01.1979 - 42 C 634/76, WM 1979, S. 103

Wie groß der Aufwand zur Beseitigung des Mangels ist, ist dabei unwichtig, da die Mängelbeseitigung Aufgabe des Vermieters ist. § 535 Absatz 1 BGB.

Auch für gestörten Fernsehempfang haben Gerichte 10 % zugesprochen.
AG Schöneberg, GE 1988, S. 361.

Wenn der Sachverhalt so ist, wie der Mieter behauptet, ist die Mietminderung nicht überhöht.

Allein der gestörte Fernsehempfang würde über den Zeitraum von 24 Monaten gerechnet, schon 2.220 Euro also mehr als 1.500 Euro Minderung ergeben und dass dieser gestört ist, wurde von Ihnen eingeräumt.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 10. Juli 2023 | 19:18

Sehr geehrter Herr Müller, danke für die Flut an teils 30 Jahre altem Gerichtsurteilen, diese waren mir bekannt, da man sie kostenlos finden kann. Desweiteren baut fast ihre komplette Frage auf der Annahme, daß rückwirkend gemindert wird, was noch nicht aktuell ist.

Ich hatte Ihnen eine konkrete Frage zur Berechnung der Höhe der geminderten Miete, basierend auf den letzten 5 Monaten, gestellt.

Über die Dauer des TV-Emfangs hatte ich nichts geschrieben. Dieser wurde erst zum 01.03. mitgeteilt.

Ihr Zitat:

"Wie groß der Aufwand zur Beseitigung des Mangels ist, ist dabei unwichtig, da die Mängelbeseitigung Aufgabe des Vermieters ist. § 535 Absatz 1 BGB."

Richtig. Von einem Mangel im gegebenem Sinne wird aber etst gesprochen, wenn der Mangel "nicht unerheblich ist und nicht mit geringen Kosten und Aufwand beseitigt werden kann"

Insofern ist der Aufwand relevant. Daher auch meine Frage ob es sich überhaupt um einen Mangel handelt bei dem Silikonschimmel.

Wie verhält es sich wenn die vermeintlichen Mängel, einem Erfüllungsgehilfen (Sohn) des Vermieters gegenüber mündlich mitgeteilt wurden. Und dieser sie nicht weitergeben hat, da er davon ausgegangen ist, dass die Mieter sich einfach neue Thermostate gekauft haben und das Temperaturproblem gelöst ist. Gelten die "Mängel" trotzdem als "dem Vermieter mitgeteilt"?

Danke

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 10. Juli 2023 | 19:41

Zitat:
Richtig. Von einem Mangel im gegebenem Sinne wird aber etst gesprochen, wenn der Mangel "nicht unerheblich ist und nicht mit geringen Kosten und Aufwand beseitigt werden kann"


Ob der Mangel erheblich ist, hängt davon ab, wie sehr die Wohnqualität beeinträchtigt ist und nicht davon, wie teuer es ist, diesen zu beheben. Da Schimmel gesundheitsschädlich ist, ist Schimmelbildung immer ein erheblicher Mangel. Der Silikonschimmel ist ein Mangel, auch wenn der Mieter in der Lage war, diesen für nur 60 Euro zu beseitigen, was die Aufgabe des Vermieters wäre.

Der Vermieter muss für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen wie für sein eigenes Verschulden haften.

Die Berechnung für die Zeit in der alle Mängel gleichzeitig vorlagen:

100% ungeminderte Miete - 30% Minderung Temperatur unter 20 Grad = 70%
70 - 20% undichte Fenster = 56
56 - 20% Schimmel = 44,8
44,8 - 10% Fernsehempfang = 40,32
100 % ungeminderte Miete - 40,32 %, die nach der Minderung noch gezahlt werden müssen = 59,68% Minderung.

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